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«Das Restaurantschiff MS Glärnisch steht vor dem Aus»

«Das Restaurantschiff MS  Glärnisch steht vor dem Aus» «Das Restaurantschiff MS  Glärnisch steht vor dem Aus»

Um das hinter dem Bahnhof Wädenswil vertäute Schiff Glärnisch spielt sich ein Drama ab: Die Besitzer wollen oder können nicht in die Renovation investieren. Das Schiff ist inzwischen ein Wrack und rostet dahin. Stadtpräsident Philipp Kutter nimmt Stellung zum Geisterschiff, das die Gemüter bewegt.

MAGNUS LEIBUNDGUT

Wie ist der aktuelle Stand der Dinge beim Schiff «Glärnisch» in Wädenswil? Die Stadt Wädenswil wartet seit Monaten auf ein Konzept für das Restaurantschiff auf dem Seeplatz. Leider muss ich festhalten: Es geht nicht vorwärts mit der Renovation des Schiffes. Der Besitzer ist zwar guten Willens, die Sache an die Hand zu nehmen: Er hat bekräftigt, jetzt aktiv zu werden. Das drohende Ende hat ein grosses Echo ausgelöst: Seitens der Bevölkerung kommen Hilfsangebote. Einige wollen bei der Renovation mithelfen, andere sich finanziell an der Restaurierung des Schiffes beteiligen. Zu guter Letzt gibt es auch Leute, die sich gastronomisch im Restaurantschiff betätigen wollen. Der Bevölkerung ist das Schicksal dieses Schiffes nicht egal. Bis wann müsste die Renovation an die Hand genommen werden?

Die Deadline für die Eingabe des Betriebskonzepts ist grundsätzlich abgelaufen. Ich kann Ihnen keinen Zeitpunkt nennen, bis wann die Renovation spätestens an die Hand genommen werden müsste. Die Türe ist noch einen Spalt offen, doch sie schliesst sich jeden Tag ein Stück. Fakt ist: Wenn nicht rasch etwas passiert, steht das Restaurantschiff MS Glärnisch vor dem Aus. Wie hoch könnten die Kosten einer Renovation ausfallen? Ich rechne mit einigen Millionen Franken für eine Renovation des Schiffes. Geld investiert hat der heutige Besitzer zudem schon mit dem Kauf des Schiffes: Ich gehe von einem sechsstelligen Betrag aus. Für die Stadt war es nie eine Option, dieses Schiff zu kaufen. Einerseits aus finanziellen Gründen, andererseits, weil uns ein Kauf als zu riskant erschien. Zudem gehört es nicht zu den Kernaufgaben einer Stadt, ein Restaurant zu kaufen und dieses zu führen. Wir konzentrieren uns auf unsere eigenen Infrastrukturvorhaben beziehungsweise auf den Unterhalt der Infrastrukturen der Stadt. Kann es sein, dass das Restaurantschiff Glärnisch verschrottet werden muss? Das kann sein, auch wenn ich das Szenario nicht für wahrscheinlich halte. Wahrscheinlicher ist, dass das Schiff woanders hin transportiert würde. Allerdings muss nicht die Stadt Wädenswil die Kosten der Verschrottung tragen, falls der Besitzer des Schiffes aus finanziellen Gründen dazu nicht in der Lage wäre. Wir haben das abgeklärt und werden alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen. Im Handelsregister taucht neuerdings ein Mitglied des Verwaltungsrats der Aktiengesellschaft MS Glärnisch AG auf: Was wissen Sie über diesen deutschen Staatsangehörigen, der aus Einsiedeln stammt? Diese Person ist mir nicht bekannt. Bekannt ist, dass diese Aktiengesellschaft den Betrieb und Erhalt des Motorschiffs Glärnisch und die Führung eines Gastronomiebetriebs an Bord des Schiffs und auf dem davor gelegenen Seeplatz im Hafen von Wädenswil sowie die Vermietung von Booten aller Art bezweckt.

Wäre das Debakel zu verhindern gewesen, wenn die Stadt eine aktivere Rolle übernommen hätte?

Die Stadt hatte nur zwei Möglichkeiten: Das Schiff zu kaufen oder es eben nicht zu kaufen. Die Gründe, die gegen einen Kauf sprachen, waren schlagend. Es kann in Einzelfällen eine Option sein, dass die Stadt irgendwo ein Haus kauft, in dem sich ein Gastrobetrieb befindet. Aber die Umstände, insbesondere Lage, Risiko und Preis, müssen stimmen. Die Stadt Wädenswil hat in Sachen MS Glärnisch trotzdem eine aktive Rolle gespielt: Wir sind mit dem Besitzer in Kontakt, geben ihm Hinweise, zeigen ihm Optionen auf. Welchen ideellen Verlust erleidet die Stadt Wädenswil, falls es das Schiff am Seeplatz dereinst nicht mehr geben würde?

Ich habe gute Erinnerungen an das Schiff aus früheren Zeiten. Von daher betrachtet ist es naturgemäss ein Verlust für die Stadt, wenn uns das Schiff abhanden kommt. Die Zeiten haben sich aber gewandelt – und mit ihnen das Schiff: Im Vergleich zu früher präsentiert sich heuer das Schiff als Wrack, das eher als Mahnmal im Stadtbild erscheint. Ein Verschwinden dieses Schiffes im heutigen Zustand wäre kein Weltuntergang. Abgesehen davon entstehen neue Angebote, mit denen wir den Seeplatz beleben wollen: Es läuft ein Baubewilligungsverfahren für einen weiteren saisonalen Gastrobetrieb im hinteren Bereich des Seeplatzes, also an der Rückwand zu den Geleisen. Letzten Sommer haben wir dieses Angebot getestet, es wurde von der Bevölkerung sehr gut angenommen. Die Seebeiz soll nun fix bis 2023 installiert werden. Passend zum Geisterschiff treibt eine Szene von Randständigen auf dem Seeplatz ihr Unwesen. Ist das ein Problem für die Stadt? Das ist eine etwas drastische Formulierung. Im öffentlichen Raum am See halten sich Leute auf, das ist normal. Viele verhalten sich absolut anständig. Wenn einige überborden, dann interveniert die Polizei, zudem ist die aufsuchende Sozialarbeit regelmässig präsent. Die Situation auf dem Seeplatz hat sich grundsätzlich beruhigt, seit die Container am östlichen Ende des Platzes entfernt und die Lounge abgebaut wurden.

Auch in Einsiedeln kennt man das Wädenswiler Restaurantschiff. Hier posiert Philipp Kutter, der Stadtpräsident von Wädenswil, vor der sanierungsbedürftigen MS Glärnisch.

Foto: Magnus Leibundgut

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