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«Man kann Fronleichnam auch ohne Prozession feiern»

«Man kann Fronleichnam auch ohne Prozession feiern» «Man kann Fronleichnam auch ohne Prozession feiern»

Auch heuer fällt die Fronleichnamsprozession im Kloster Einsiedeln ins Wasser. Der 78-jährige Pater Lorenz Moser schildert die Hintergründe, wie es zur Absage gekommen ist.

MAGNUS LEIBUNDGUT

Wieso findet am Donnerstag keine Fronleichnamsprozession statt?

Die Ungewissheiten waren zu gross, die Planung entsprechend aufwendig. Zudem kann man das Fest Fronleichnam auch ohne Prozession feiern. Eine etwas abgespeckte Fronleichnamsprozession ist für das Kloster Einsiedeln nicht in Frage gekommen? Diese Frage stellten wir uns auch. Da hätte man gut überlegen müssen, welchen «Speck» man ohne zu grosse Einbusse an Feierlichkeit abschneiden könnte. Und daran scheiden sich die Geister. Wenn Demonstrationen erlaubt sind, wieso sollen Prozessionen nicht möglich sein? Unsere Prozession ist ein religiöser und kein politischer Anlass (wird leider von vielen Zaungästen nicht als solcher empfunden), und da gelten die entsprechenden Weisungen des Bundes. 300 Leute sind neu maximal erlaubt für Anlässe draussen. Ist diese Lockerung nicht ausreichend für eine Durchführung der Prozession? Wir gehen davon aus, dass die Teilnehmerzahl diese Grenze jeweils übersteigt. Zudem bilden Gottesdienst in der Kirche und Prozession eine Einheit, und da müssten wir gleich an zwei Orten für ein entsprechendes Schutzkonzept sorgen. Wie kommt bei Ihnen die neue Beschränkung auf Hundert Personen in Gottesdiensten an? Darüber sind wir sehr froh. Wir hoffen jedoch auf weitere Öffnungsschritte, die auch Gottesdienste im grösseren Rahmen ermöglichen.

Ist es jemals vorgekommen in der Geschichte des Klosters Einsiedeln, dass eine Fronleichnamsprozession vollends ausgefallen ist?

Die Prozession im Freien ist schon oft – wegen des schlechten Wetters – ausgefallen: Sie fand dann nur im Innern der Kirche statt, was im Moment nicht möglich ist. Welche Bedeutung kommt dem Fronleichnamsfest zu?

Das Fronleichnamsfest geht auf die mittelalterliche Theologie zurück, in der die Gegenwart Jesu Christi in den eucharistischen Gestalten von Brot und Wein besonders betont wurde (Realpräsenz). Weil die Reformatoren diese Lehre mehr oder weniger deutlich ablehnten, wurde es zu einer Art «Demonstrationsfest» gegen die Reformierten. In beiden Punkten ist seit einiger Zeit ein Umdenken im Gang, sodass das Fronleichnamsfest etwas an Bedeutung verloren hat. Wie würden Sie den Stellenwert von Prozessionen in der heutigen Sinnvoll eingesetzt und gestaltet sind sie eine wertvolle Form religiösen Feierns: Man bewegt sich, religiös motiviert, von einem Ort zu einem anderen, ist also auf dem Weg, auf Pilgerschaft.

Welche Erinnerungen haben Sie selber an Fronleichnamsprozessionen?

Als Jungwächter hatten wir damals, wie alle anderen kirchlichen Vereine, einen bestimmten Platz an der Prozessionsroute möglichst schön zu gestalten. Eine entsprechende religiöse Motivation war dabei kaum vorhanden.

Sind Sie zuversichtlich, dass die Pandemie nun zu ihrem Ende findet und kirchliche Anlässe bald wieder wie gewohnt über die Bühne gehen können? Das Ende der Pandemie ist das eine. Wichtiger ist, dass wir die positiven Erfahrungen in die Zukunft mitnehmen werden. Es wäre auch schön, wenn jene, die heuer die Fronleichnamsprozession vermissen, nächstes Jahr mit dabei sein werden – nicht als Zuschauer, sondern als Mitgehende und Mitfeiernde. Foto: zvg

Zeit einschätzen?

Pater Lorenz Moser

Jahrgang: 1942 Wohnort: Einsiedeln Beruf: Ordenspriester Hobbys: Musik, Natur Wandern

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