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«Ein Viertel unserer Patienten kommt aus Ausserschwyz»

«Ein Viertel unserer Patienten  kommt aus Ausserschwyz» «Ein Viertel unserer Patienten  kommt aus Ausserschwyz»

Vor einem Jahr hat Ameos das Spital Einsiedeln übernommen. Spitaldirektor Michael Mehner zieht eine erste Bilanz und wirft einen Blick auf die Entwicklung des Betriebs: «Wir werden alles dafür tun, dass sich der Standort weiter stabilisiert. Die Kooperationen mit lokalen und regionalen Partnern sind für uns sehr wichtig.»

MAGNUS LEIBUNDGUT

Wie fällt die Bilanz des Ameos Spitals Einsiedeln für das Geschäftsjahr 2020 aus? Grundsätzlich positiv. Wir durften im Mai 2020 gut starten und haben das Glück, dass wir auf ein motiviertes, engagiertes und mit der Region sehr verbundenes Team zählen dürfen. Dazu kommt die gute Infrastruktur, die uns die Stiftung zur Verfügung stellt, um ein modernes Regionalspital betreiben zu können.

Was heisst das konkret?

Wir arbeiten daran, das Vertrauen der Bevölkerung in das Spital zu stärken und zugleich auch neue medizinische Kompetenzen aufzubauen. In den letzten Monaten konnten wir dafür weitere sehr qualifizierte Mitarbeitende in den verschiedensten Disziplinen gewinnen. Aber auch für uns kam Covid-19 zur Unzeit: Wir sehen dies wie viele andere Spitäler auch am Rückgang der Fallzahlen wie beispielsweise im Bereich der Allgemeinen Inneren Medizin. Die Schutzmassnahmen haben letztlich dafür gesorgt, dass akute Lungenerkrankungen fast gar nicht mehr in den Spitälern zu finden sind – zu normalen Zeiten eine der Hauptdiagnosen in einem Spital der Grundversorgung. Aber auch die operativen Abteilungen vermelden, dass die Patienten sich noch immer ungern stationär in ein Spital zur Behandlung begeben wollen.

Wie viel Geld haben Sie in die Hand genommen, um in den Spitalbetrieb zu investieren? Wir haben diese Zeit genutzt und grössere Investitionen in die Geräte- und IT-Infrastruktur vorgenommen, um medizintechnisch auf dem neusten Stand zu sein. Dabei sind seit 2020 bis heute rund 1,6 Millionen Franken investiert worden, davon alleine in den ersten fünf Monaten des laufenden Jahres rund 700’000 Franken. Das ist ein hoher Vertrauensbeweis des neuen Trägers Ameos. Es sei auch bemerkt, dass wir in den Spitalabteilungen Allgemeine Innere Medizin, Chirurgie und Geriatrie gleich drei aus unserer Sicht menschlich wie auch fachlich hervorragende Ärzte gewinnen konnten, die ihre Disziplinen in Einsiedeln hervorragend vertreten werden. Ich bitte Sie, konkrete Zahlen zu nennen, was Sie zu Ihren Leistungszahlen sagen können.

Ameos hat im Mai 2020 mit dem Spital Einsiedeln eine Institution übernommen, deren wirtschaftlichen Verhältnisse über die letzten Jahre aus dem Gleichgewicht geraten waren. Ohne die Übernahme durch einen grossen Klinikträger wäre eine Weiterführung des Spitalbetriebs für die ehemalige Betreiberin in Einsiedeln kaum möglich gewesen. In einem ersten Schritt ging es im Geschäftsjahr 2020 darum, die Gesamtsituation zu stabilisieren und die Existenz des Spitals als Grund- und Regelversorger zu sichern. Dies ist uns gelungen: Bei der offiziellen Übernahme des Spitalbetriebs am 1. Mai 2020 zählte das Spital 248 Vollzeitstellen. Ein Jahr später, Stand 1. Mai 2021, stellt das Ameos Spital Einsiedeln als grösster Arbeitgeber der Region insgesamt 268 Vollzeitstellen respektive 357 Mitarbeitende. Dies entspricht einer Steigerung um über acht Prozent seit der Übernahme durch die Ameos Gruppe. Im gleichen Zeitraum wurden bis Ende April 1,6 Millionen Franken in den Spitalbetrieb investiert. 2020 wurden am Ameos Spital Einsiedeln 3603 stationäre Patienten sowie 14’038 ambulante Patienten (inklusive Covid-Tests) behandelt. Im Jahr 2019 wurden im Spital Einsiedeln rund 3900 stationäre Patienten behandelt.

Wie erklären Sie sich den Einbruch der Patientenzahlen? Die gegenüber den Vorjahren tieferen stationären Patientenzahlen stehen in einem direkten Zusammenhang mit der Corona- Situation und dem Einbruch der elektiven Eingriffe. Die für die Ertragsentwicklung relevante durchschnittliche Fallschwere, der sogenannte Case-Mix-Index, liegt 2020 bei 0,832. Dieser Wert konnte aufgrund des erweiterten Leistungsspektrums kontinuierlich gesteigert werden. Bezüglich Corona lässt sich sagen: Seit dem Start des Impfzentrums am 15. Januar wurden am Ameos Spital Einsiedeln bis zum 30. April 10’666 Personen gegen das Coronavirus geimpft und im gleichen Zeitraum 2727 Leute auf das Coronavirus getestet. 2021 planen wir bis Jahresende eine Steigerung der stationären Patienten und eine operative Ergebnisverbesserung.

Was können Sie uns zu den Geburtenzahlen verraten? In unserem Haus kamen im vergangenen Jahr 134 Mädchen und 130 Jungen zur Welt. Das sind 14 Kinder mehr als im Vorjahr. Was ebenfalls erfreulich ist: Aktuell gehen wir nach dem Umzug der Frauenklinik und auf Basis der ersten Monate von rund 400 Geburten im Jahr aus. Dies wäre gegenüber den 264 Geburten im Jahr 2020 eine deutliche Steigerung. Im ersten Quartal 2021 kamen am Ameos Spital Einsiedeln – im Vergleich zum ersten Quartal des letzten Jahres – zum Beispiel 57 Prozent mehr Kinder zur Welt. Wie viele neue Patientinnen konnten dank der Übernahme der Paracelsus Frauenklinik Richterswil gewonnen werden?

Die Zahl der neuen Patientinnen konnte gesteigert werden, was in der steigenden Zahl an Geburten im Spital Einsiedeln zum Ausdruck kommt. In diesen Zeiten werden vielerorts Geburtsabteilungen kontrovers diskutiert. Eine solche ist erst dann annähernd kostendeckend, wenn sie über eine ausreichende Grösse verfügt. Es ist auch dank der medialen Begleitung und der Mund-zu-Mund-Propaganda ein positiver Werbeeffekt aufgetreten. Inwieweit ist die frühere Trägerin des Spitals Einsiedeln noch in den Spitalbetrieb involviert? Die Stiftung ist nicht mehr in den operativen Betrieb involviert. Das war auch so verabredet. Wir tauschen uns aber regelmässig mit der Stiftung aus und schätzen diesen Austausch sehr. Zudem ist Markus Hauenstein, Präsident der Stiftung «Krankenhaus Maria zum Finstern Wald», Mitglied im Ameos Regionalbeirat Schwyz. Alle Instandhaltungskosten sowie Investitionen in das Mietobjekt werden vom Ameos Spital Einsiedeln vollumfänglich alleine getragen. Es gibt weder Subventionen vom Bezirk noch von der Stiftung.

Welche Rolle nimmt der Bezirk gegenüber dem Ameos Spital Einsiedeln ein?

Der Bezirksrat hat einerseits die gesetzliche Aufsicht über die Stiftung, andererseits steht der Bezirksrat als politisches Gremium dafür ein, dass die Existenz der Stiftung weiterhin gesichert bleibt. Der regelmässige Austausch mit dem Bezirk ist auch über den Einsitz von Franz Pirker, dem hiesigen Bezirksammann, im Ameos Regionalbeirat Schwyz gesichert. Welche Änderungen kommen auf das Spital Einsiedeln zu? Seit Mitte Januar bieten wir in Einsiedeln neu auch ambulante Schlafmedizin an. Wir behandeln das gesamte Spektrum der Schlafmedizin mit über achtzig verschiedenen Schlafstörungen. Ausserdem haben wir den neuen Fachbereich für Herz- und Lungenerkrankungen an unserem Spital etabliert. Im April hat unser neuer Chefarzt für Innere Medizin und erfahrener Kardiologe Ulrich Kain seine Arbeit aufgenommen, seit Mai baut der neue Chefarzt Geriatrie Calin Gurguta das Zentrum für Altersmedizin auf. Ebenfalls neu aufgestellt ist unser Team der Chirurgie, das unter dem Chefarzt Norbert Runkel die gesamte chirurgische Bandbreite eines Regionalspitals abdeckt. Ebenso wird Norbert Runkel das Beckenbodenzentrum zusammen mit den Fachbereichen Gynäkologie und Urologie kontinuierlich weiterentwickeln. Welches Signal setzt das Spital Einsiedeln, wenn es neue als Koryphäen vorgestellte Chefärzte wie den Frauenarzt Glenn Füchsel gleich wieder vor die Türe stellt? Hierzu haben wir uns in der Vergangenheit schon ausreichend positioniert: Aus Gründen der Persönlichkeitsrechte möchten wir dazu keine Auskunft geben. Grundsätzlich gilt: Um das Spital und die Arbeitsplätze zu retten, haben wir mitunter auch schwierige Entscheidungen zu treffen.

Wie gross schätzen Sie die Verluste ein, die das Spital Einsiedeln aufgrund der Corona-Pandemie erlitten hat? Ab März 2020 war die Gesamtsituation stark durch die Covid- Pandemie geprägt. Die damit verbundenen wirtschaftlichen Belastungen belaufen sich auf bis zu 3,6 Millionen Franken. Covid-Beatmungen, die in anderen Spitälern teilweise den Umsatzrückgang kompensiert haben, waren im Spital Einsiedeln nicht möglich, weil wir über keine Intensivstation, sondern nur über eine Überwachungsstation verfügen. Kostentreibend waren infolgedessen notwendige Verlegungen und die ausgeweiteten Hygieneschutzkonzepte. Schafft das Ameos Spital Einsiedeln den Turnaround? Nach der schwierigen Ausgangslage im Jahr 2020 kommen wir nun langsam in die Stabilisierungsphase. Wir werden alles dafür tun, dass sich der Standort weiterhin stabilisiert.

Für kleine Akutspitäler wird es immer schwerer. Planen Sie Kooperationen mit anderen Spitälern? Die Kooperationen mit unseren lokalen und regionalen Partnern sind für uns sehr wichtig. Wir haben begonnen, diese Partnerschaften weiter auszubauen, um für unsere Patienten die bestmögliche Gesundheitsversorgung sicherzustellen.

Was würden Sie als eigentliche Knacknuss bezeichnen, der sich das Ameos Spital Einsiedeln stellen muss? In der engeren Region im Raum Einsiedeln leben rund 25’000 Menschen: Dies ist eher ein sehr kleines Einzugsgebiet für ein eigenes Spital mit umfangreichen Behandlungsleistungen. Dies im Kontext der aktuellen Spitalfinanzierung. Allerdings hat das Ameos Spital Einsiedeln einen exzellenten Ruf und strahlt auf die angrenzenden Bezirke aus. Rund ein Viertel unserer Patienten kommt aus den Bezirken Höfe und March zu uns. Diesen Anteil wollen wir zukünftig noch steigern. Wir sind davon überzeugt, dass wir das Ameos Spital Einsiedeln gemeinsam mit unseren zuweisenden Partnern und Belegärzten erfolgreich positionieren werden. Können Sie noch ein Wort verlieren zur Kooperation zwischen dem Spital Einsiedeln und dem Ärztezentrum Medico Plus? Das Ärztezentrum Medico Plus ist einer unserer wichtigen Partner für die gemeinsame Gesundheitsversorgung unserer Bevölkerung. Wir tauschen uns sowohl auf Ebene Geschäftsleitung wie auch auf fachlicher Ebene partnerschaftlich aus und pflegen einen konstruktiven Dialog. Schliesslich sind wir auch Nachbarn.

«Patienten wollen sich noch immer ungern stationär zur Behandlung in ein Spital begeben.» «Seit dem Jahr 2020 bis heute sind rund 1,6 Millionen Franken investiert worden.» «Das Spital Einsiedeln als grösster Arbeitgeber der Region stellt 268 Vollzeitstellen.» «Um Spital und Arbeitsplätze zu retten, haben wir mitunter auch schwierige Entscheidungen zu treffen.» «Das Spital Einsiedeln hat einen exzellenten Ruf und strahlt auf die angrenzenden Bezirke aus.»

Michael Mehner ist Direktor des Ameos Spitals Einsiedeln: «Aktuell gehen wir nach dem Umzug der Frauenklinik von rund 400 Geburten im Jahr aus.» Foto: Magnus Leibundgut

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