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«Die Seile werden überprüft»

«Die Seile werden überprüft» «Die Seile werden überprüft»

Seilbahnen in der Region Einsiedeln unterliegen laut Aussagen der Betreiber regelmässigen Sicherheitskontrollen

Unfassbar ist für viele noch immer der schreckliche Gondelabsturz in Italien – bei dem 14 Menschen ums Leben kamen. Wie sicher sind eigentlich unsere Seilbahnen? In der Region Einsiedeln gibt es zwei Bahnen.

WOLFGANG HOLZ

Rund 35 Millionen Menschen reisen pro Jahr im Schnitt mit einer Seilbahn auf den Berg. In der Schweiz gibt es 500 Seilbahnunternehmen und gut 2400 Seilbahn- und Skiliftanlagen. Kein Wunder, dass sich da so mancher angesichts des Gondel-Dramas mit 14 Toten am Monte Mottarone im italienischen Stresa auch fragt, wie es denn um die Sicherheit heimischer Seilbahnen bestellt ist.

Zwei Anlagen

In der Region Einsiedeln verfügt das Ferien- und Sportzentrum Hoch-Ybrig AG in der Weglosen über eine Luftseilbahn sowie die Holzegg AG Alpthal in Brunni. Beide sind 50 Jahre alt – wie die Seilbahn in Stresa.

Die 1505 Meter lange Luftseilbahn Brunni-Holzegg transportiert dabei 15 Personen in fünf Minuten Fahrzeit 300 Meter in die Höhe auf die Holzegg – was einer Förderleistung von 165 Personen pro Stunde entspricht. Die Bahn des schweizerischen Herstellers Garaventa, der inzwischen zum österreichischen Doppelmayr-Konzern gehört, ist Baujahr 1971. Im Jahr 2000 fand eine technische Revision statt, und die Bahn wurde technisch modernisiert.

«Es ist tragisch, dass dieses Unglück in Italien passieren konnte», sagt Erwin Köbi Fritsche, Geschäftsführer der Holzegg AG Alpthal. Zumal Seilbahnen eines der sichersten Transportmittel seien. «Da wir nicht wissen, was passiert ist, ist es schwierig, eine Aussage zu machen. Dass ein Seil einfach so reisst, ist aber sehr ungewöhnlich.»

Magnetinduktive Prüfung

Was die Sicherheit der Brunni- Holzegg-Luftseilbahn anbelangt, sagt Fritsche: «Nach unserer Erkenntnis ist unsere Bahn sicher.» Die Bahn werde während der Revision jährlich nach Vorgaben des Bundesamtes für Verkehr (BAV) überprüft. «Zudem werden tägliche, wöchentliche und monatliche Kontrollen nach Checklisten durchgeführt. Die Seile werden nach vorgeschriebenen Intervallen vom Interkantonalen Seilbahnkonkordat magnetinduktiv überprüft», versichert er.

Bei diesem Check fährt man laut Recherchen des «Tagesanzeiger » mit einem Prüfgerät, das mit einem Permanentmagneten ausgerüstet ist, über das Seil, oder das Seil wird durch das Prüfgerät hindurchgezogen. Dabei baut sich ein Magnetfeld auf. Sollten Drähte im Seil gebrochen sein, entsteht ein Signal, das aufgrund des Ausschlags und des Signaltyps beurteilt werden kann. Für die Gesamtbeurteilung werden die entdeckten Fehler aufgrund der Normvorgabe und der Bezugslänge des Seils als zulässig oder nicht zulässig beurteilt. Grundsätzlich muss der Betreiber die Seile je nach Zahl der Betriebsstunden der Seilbahn alle 6 Monate visuell kontrollieren.

Fangbremse war blockiert Ein Zugseil besteht normalerweise aus sechs Litzen – sechs Stahldrahtbündeln. Eine Litze wiederum besteht aus 6 bis 52 Einzeldrähten. Bei grösseren Gondelbahnen werden Seile mit 150 respektive 216 tragenden Drähten eingesetzt. Eine Menge Stahl also. Reisst ein Zugseil, rollt die Gondel schnell auf dem Tragseil talwärts. Eine eingebaute Fangbremse stoppt die Bahn dann aber normalerweise.

Im Fall der italienischen Schicksalsbahn raste die Gondel mit rund 120 Stundenkilometern unaufhaltbar ins Tal, bevor sie auf den Stützpfeiler aufprallte und aus 25 Metern Höhe schliesslich abstürzte – weil die Notbremse offenbar absichtlich blockiert war. Die Bahn wurde 2016 zum letzten Mal saniert und erstmals nach dem Corona-Lockdown wieder in Betrieb genommen.

Konzession läuft 2034 aus Ein ähnliches Baujahr hat die Luftseilbahn Weglosen–Seebli der Hoch-Ybrig AG, die 1773 Meter lang ist und bis zu 125 Personen von 1040 auf 1465 Meter befördern kann: Sie wurde 1969 gebaut. Die Hoch-Ybrig AG plant bekanntlich den Ersatz der über 50-jährigen Pendelbahn Weglosen– Seebli.

Nicht ohne Grund. Denn das Bundesamt für Verkehr liess die Hoch-Ybrig AG wissen, dass die Konzession für deren Luftseilbahn im Jahr 2034 ausläuft und nicht mehr verlängert werden kann. Der Unterhalt der Bahn wird laut Geschäftsführung von Jahr zu Jahr aufwendiger. Die Hoch-Ybrig AG rechnet mit Investitions- und Abbruchkosten von rund 16 Millionen Franken für eine neue Bahn.

«Das Seilbahn-Unglück in Italien ist sehr tragisch und macht uns zutiefst betroffen», sagt Yvonne Ziegler-Keller von der Geschäftsleitung. «Momentan laufen in Italien die Untersuchungen und Abklärungen auf Hochtouren, deshalb möchten wir Fragen zur Sicherheit allgemein beantworten.» Die Anlagen im Hoch-Ybrig haben laut Ziegler-Keller alle verschiedene Jahrgänge und verschiedene Förderleistungen. Sämtliche Anlagen – ob Pendelbahn, Sesselbahnen oder Skilifte – würden gemäss den gesetzlichen Bestimmungen vom Bundesamt für Verkehr sowie gemäss den Vorgaben der jeweiligen Herstellern kontrolliert, gewartet und unterhalten. Ziegler- Keller: «Für die technischen Details verweisen wir auf die diversen Herstellerfirmen und die wissenschaftlichen Untersuchungen. »

«Dass ein Seil einfach so reisst, ist sehr ungewöhnlich.»

Erwin Köbi Fritsche, Geschäftsführer Holzegg AG

«Das Seilbahn-Unglück in Italien ist sehr tragisch und macht uns zutiefst betroffen.»

Yvonne Ziegler-Keller, Geschäftsleitung der Hoch-Ybrig AG

Die Luftseilbahn Brunni-Holzegg. Fotos: zvg

Die Weglosen-Seilbahn im Hoch-Ybrig.

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