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Neujahr 2021 im Frühling – verrückt!

Neujahr 2021 im Frühling – verrückt! Neujahr 2021 im Frühling – verrückt!

«Accento musicale» holt vorerst Verpasstes nach

Mitte Mai musste es werden, bis die beliebte Formation im Neujahr 2021 ankam! Das hochstehende Konzert bewies aber, dass die Spielfreude der Musiker unter dieser «Verspätung» keinen Schaden genommen hatte. Mendelssohn und Brahms dürfen sich beruhigt wieder zurücklehnen.

PAUL JUD

War das ein Genuss am Sonntagabend, dieses klassische Kammermusik- Konzert von «Accento musicale», mit den Musikern Donat Nussbaumer, 1. Violine, Lokalmatador Meinrad Küchler an der 2. Violine, seinem Sohn Lorenz an der Viola, Monika Greenwald am Violoncello und Urs Bamert an der Klarinette. Sie luden zu festlicher Musik von Mendelssohn und Brahms in die Fram ein. Glücklich, wer dabei sein durfte, das lange Warten seit Neujahr lohnte sich. Das war eine Parforce-Leistung der Musiker, die dieses anspruchsvolle Konzert innert 24 Stunden gleich vier Mal gaben. Geniestreich mit 18 Jahren!

Das Konzert begann mit dem Streichquartett Nr. 2 a-Moll Op. 13 von Felix Mendelssohn. Er komponierte dieses Quartett im jugendlichen Alter von erst 18 Jahren – ein früher Geniestreich.

Das «Adagio» begann getragen, im Verlauf kommt Dynamik rein, ein intensives Spiel beginnt. Die erste Geige thront über der sehr aufmerksam mitgehenden Begleitung.

Das «Adagio non lento» begann mit romantisch-gefühlvollem Anfang, nahm Fahrt auf, ohne von seiner Lieblichkeit einzubüssen. Der Schluss wurde lang gezogen und endete im Pianissimo.

Das «Intermezzo. Allegretto con moto – Allegro di molto» wurde zur Solo-Violine von den andern Musikern gezupft. Die folgende Zwiesprache der Violinen wurde durch das Violoncello immer wieder an den richtigen Platz gestellt.

Beim «Presto – Adagio non lento» baute der Beginn Spannung auf. Ein Wasserfall erstand vor dem inneren Auge, der mit Wucht herunterstürzte, um darnach zwischen Steinen und über Treppen zu fliessen. Der Satz endete wehmütig, verlangend, beruhigend, festlich.

Die Gedankengänge von Brahms Der erste Satz, das «Allegro», hatte einen getragenen Beginn, dann holt sich die Klarinette ihren dominanten Platz mit lockenden Tönen. Man sieht ein Schiff auf rauer See und bei wolkenverhangenem Himmel dahinstampfen, Regen peitscht auf die Planken. Dann aber genug des Durchschüttelns. Der sanfte Schluss versöhnt mit dem Gewitter.

Das «Adagio Più lento» versetzt mich an einen Waldrand, die Sonne scheint durch die Bäume. Der Schäfer sitzt auf einem moosigen Stein, beobachtet seine ruhig weidenden Schafe. Szenenwechsel. Im abgedunkelten Zimmer, die Fensterläden halb geschlossen, sitze ich nachdenklich im Sessel. Die Welt nimmt mich nicht wahr, mein lethargisches Schluchzen lässt mich zärtlich zurücksinkend resignieren. Eine meisterhaft gespielte Stimmung wiedergegeben.

Das «Andantino – Presto non assai, ma con sentimento » kommt zu Beginn mit einem kirchenmusikalischen Touch daher. Dann tauche ich ein in einen unendlich langen Galeriegang, in dem im spärlichen Licht mich lauter violett-schwarze Landschaftsbilder irgendwie bedrücken. Seelisch angeschlagen komme ich aus diesem Satz.

Das abschliessende «Con moto» verwickelt mich in einen Widerstreit der Gefühle. Da werden eigentlich gute Entschlüsse wieder rückgängig gemacht. Mit der Klarinette geht es stetig vorwärts. Ich habe das Gefühl, in düsteren Gedanken allein zu sein. Ich muss die verschiedenen Stimmen in meinem Inneren zähmen.

Beeindruckt von der Musik brauchte ich einen Moment, um hinter der Corona-Maske wieder aufzutauchen in die Wirklichkeit vom Ende eines beeindruckenden Konzertes. Was haben die Musiker da Grossartiges vollbracht? Und das zum zweiten Male an diesem Abend. Das war ein wunderbarer Sonntagabend, danke «accento musicale »!

«Accento musicale» hoch konzentriert «in action»! Fotos: Paul Jud

Monika Greenwald, die temperamentvolle Frau am Violoncello.

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