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Die plötzliche Ruhe

Die plötzliche Ruhe Die plötzliche Ruhe

Die Kreisel-Sperrung zeitigt völlig neue Verhältnisse an der Zürichstrasse

Seit Anfang dieser Woche ist in Einsiedeln der Kreisel an der Alp wegen dreimonatiger Sanierungsarbeiten für den Verkehr gesperrt. Damit liegt auch ein Teil der sonst so stark befahrenen Zürichstrasse brach. Nicht alle freuts.

WOLFGANG HOLZ

17.23 Uhr. Dienstagabend. Die Szenerie hat fast etwas von «High-Noon». Es fehlen nur noch zwei Revolverhelden, die aufeinander zugehen, die Hände an den Colt gelegt. Hier an der Zürichstrasse, wo sich an normalen Tagen der Berufsverkehr nicht selten auf einer Länge von bis zu einem Kilometer vor dem überlasteten Kreisel zurückstaut, herrscht plötzlich gespenstische Ruhe. Grund: Der Kreisel und die Brücke über die Alp werden grundlegend saniert und sind für den Verkehr bis in den August hinein gesperrt. Eine neue Ära hat begonnen. Eine Zeit der Stille ist eingekehrt.

Grosse Umwege

In einer Garage eines Hauses an der Zürichstrasse hat gerade ein Mittdreissiger, der von der Arbeit zurückgekehrt ist, sein Trottinett abgestellt. «Ansonsten fahre ich ja mit dem Auto zu meiner Firma in der Kornhausstrasse. Doch wegen der Kreiselsperrung müsste ich einen kilometerlangen Umweg auf mich nehmen, deshalb habe ich es heute mal so versucht», sagt der Einsiedler und lacht. Dafür geniesse er nun an der lahmgelegten Durchgangsstrasse einen unverhofft ruhigen Schlaf. Sagts und zeigt auf den Erker im ersten Stock des Hauses, der auf die Zürichstrasse geht. «Nur wenn die Autos, die jetzt über die Umfahrung entlang der Brauerei in der Kurve morgens Gas geben, wache ich auf.» «Bier-Bypass»

In der Tat. Ein Teil des Verkehrs, der nun nicht mehr über die Zürichstrasse und den Kreisel zum Spital, in die westlichen Wohnquartiere, nach Alpthal und ins Einsiedler Gewerbegebiet über die Grotzenmühlestrasse gelangt, fährt nun auf dem frisch asphaltierten, kurios gewellten Trassee, quer über die grüne Wiese quasi, an der Einsiedler Brauerei vorbei. Der Verkehr durch diesen neuen «Bier-Bypass » tröpfelt an diesem Dienstag- Feierabend noch spärlich dahin. Kein Wunder. Gerade erst haben die Schulferien begonnen.

Bei Volg weniger Kunden Derweil kann man die Kunden im Volg-Laden an der Zürichstrasse, dort wo normalerweise nicht nur viele Pendler und Passanten wegen eiliger Besorgungen vor dem Geschäft stoppen, an einer Hand abzählen. Lediglich eine Verkäuferin steht an der Kasse. «Seit der Kreiselsperrung hat die Zahl unserer Kunden deutlich abgenommen», räumt die junge Geschäftsangestellte ein. Wie viel Prozent weniger Umsatz es nun plötzlich hat, will sie nicht verraten. «Wir arbeiten sozusagen im Kurzarbeitsmodus », sagt sie. Gekündigt werde zwar niemandem. Aber derzeit brauche man weniger Personal. Sie hofft, dass die Nachfrage in den nächsten drei Monaten nicht noch weiter sinkt.

Monika Gwerder auf der anderen Seite der Zürichstrasse, die gerade die Post aus dem Briefkasten geholt hat, freut sich dagegen angesichts der plötzlich eingekehrten Ruhe vor ihrer Haustüre. «Jetzt kann ich im Wohnzimmer auch endlich mal ein Fenster aufmachen, und das Bett könnte man nun tatsächlich auf die Strasse stellen, so still ist es jetzt hier», sagt sie und lacht. Die Hausabwartin will nun auch die Zigarettenkippen wegfegen, die vor dem Haus auf der Strasse liegen. «Die werfen Autofahrer hier einfach aus dem Fenster, wenn sie im Stau stehen.»

«Das Bett könnte man nun auf die Strasse stellen, so still ist es jetzt hier.»

Monika Gwerder, Anwohnerin

Wie eine Sackgasse oder eine nicht deklarierte verkehrsberuhigte Zone: Der obere Teil der Zürichstrasse vor dem gesperrten Kreisel. Fotos: Wolfgang Holz

Einsiedelns Verkehrsdrehscheibe dreht sich nun wegen Sanierungsarbeiten monatelang nicht.

Neue Umwege: Noch tröpfelt der Verkehr über den «Bier-Bypass» entlang der Brauerei.

Sie hat es jetzt ruhiger: Anwohnerin Monika Gwerder.

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