Veröffentlicht am

«Es gibt extrem viele Taktiken, die man spielen kann»

«Es gibt extrem viele Taktiken,  die man spielen kann» «Es gibt extrem viele Taktiken,  die man spielen kann»

Jan Birchler und Jannis Hensler aus Einsiedeln spielen das Videospiel «Farming Simulator» als gesponsertes Team. In der Farming Simulator League (FSL) stehen sie aktuell auf Rang 4.

LUKAS SCHUMACHER

Sport findet nicht nur auf Feldern, Pisten und in Hallen statt. Sport kann auch am Computer gemacht werden. Der sogenannte E-Sport ist weit verbreitet und grösser, als sich manch einer vorstellen kann. Gamer aus der ganzen Welt messen sich hierbei live in diversen Spielen. Normalerweise geschieht dies auf Messen mit viel Publikum und einer grossen Leinwand. Aktuell finden alle E-Sports-Turniere ausschliesslich online statt – viele Zuschauer hat es trotzdem … Nebst stark verbreiteten Spielen wie Fifa, Fortnite und so weiter gibt es auch eine Liga für das Schweizer Videospiel Farming Simulator (Deutscher Titel: Landwirtschafts-Simulator). Hier geht es kurz gesagt darum, schneller als der Gegner Ballen zu produzieren und diese in der Scheune zu versorgen.

Unerwarteter Aufstieg

Die beiden Cousins Jan Birchler und Jannis Hensler aus Einsiedeln sitzen in ihrer Freizeit gerne mal am Computer zum Gamen … dies auch oft online gegen andere Mitspieler. Auch das beliebte Schweizer Spiel Farming Simulator landete eines Tages auf ihrem Bildschirm. Dass sie nur wenige Jahre später das Spiel vor bis zu 30’000 Zuschauern als gesponsertes Team spielen würden und dabei auch noch Tausende Euros verdienen, hätten sie sich wohl nie gedacht.

Angefangen hatte alles, als Jannis, der in der Online-Community als besonders guter «Stacker» (Stapler von Ballen) bekannt war, als Ersatzspieler für das Schweizer E-Sport-Team mYinsanity einsprang. Das ursprüngliche Team hatte vor, aufzuhören, und so durften Jannis und Jan ihren Posten übernehmen. Da sie noch mindestens ein weiteres Teammitglied benötigten, holten sie noch Matthias Aegerter (BE) und Lars Güntert (AG) an Bord. Seit diesem Jahr sind sie als einziges Schweizer Team mit dabei und regelmässig unter den besten 8 Teams auf der Rangliste einsortiert. Aktuell befinden sie sich auf dem guten 4. Platz.

Vorteile dank Sponsoring

Als gesponsertes Team sind die Einsiedler an jedem Turnier der Ligasaison gesetzt. Sobald öffentliche Messen wieder erlaubt sind, finden die Turniertage jeweils an diesen Messen statt. Die Spesen für die Reise und die Übernachtungen übernimmt ihre Organisation «mYinsanity», bei der sie unter Vertrag stehen. Ausserdem hat das Team einen Manager, der zwar selber nicht spielt, ihnen aber Tipps gibt. Ja sogar ein Mental Coach unterstützt die Gamer. «Er hilft uns, unsere Nervosität zu mindern. Schliesslich schauen bei den Turnieren jeweils bis zu 30’000 Menschen live zu», erklärt Jan Birchler.

250’000 Euro pro Saison Das Preisgeld der Farming Simulator League (FSL) ist beachtlich. Pro Saison, welche aus zehn Spielen und dem Finale – der Weltmeisterschaft – besteht, werden 250’000 Euro an die Spieler ausgezahlt. Ein Turniersieg ist mit 3800 Euro dotiert und ein Sieg im Final mit stolzen 31’500 Euro.

In den ersten vier Turnieren schafften sie es dreimal auf Rang 5 bis 8 und erhielten je 1200 Euro und einmal auf Rang 3 bis 4 (Halbfinal) und erhielten 1800 Euro. Das Geld teilen sie immer durch vier. Sie haben es in Gaming-Equipment investiert und den Rest gespart. Die beiden E-Sports-Athleten freuen sich schon, wenn sie endlich an einem Offline-Turnier teilnehmen dürfen. Diese finden in ganz Europa an Messen statt wie zum Beispiel an der Gamescom in Köln oder an der Landwirtschaftsmesse in Paris.

Schule und Lehre stehen im Vordergrund

Training gehört selbstverständlich auch im E-Sport dazu. Normalerweise trainieren die Einsiedler zweimal wöchentlich 90 bis 120 Minuten. Zwei Wochen vor einem Turnier trainieren sie drei- bis viermal pro Woche. «Die Schule und die Lehre haben erste Priorität» sagen beide. «Es ist wichtig, dass das Gamen nicht im Vordergrund steht.» Ehrgeizig muss man trotzdem sein, denn in diesem gemütlich anmutenden Spiel geht es hektisch zu und her. «Es gibt extrem viele Taktiken, die man spielen kann», führt Jan Birchler aus. Dabei hat auch jeder seinen Job und seine speziellen Fähigkeiten. Das Schwierigste ist, dass das alles unter sehr hohem Zeitdruck geschehen muss. Fehler werden einem in der Regel nicht verziehen. In erster Linie macht das Gamen den beiden grossen Spass. Dass sie dabei auch noch Geld verdienen, ist für sie ein Traum, der in Erfüllung geht. Morgen Samstag stehen sie wieder im Einsatz (siehe Kasten).

«Der Mental Coach hilft uns, unsere Nervosität zu mindern. Schliesslich schauen bei den Turnieren jeweils bis zu 30’000 Menschen live zu.»

Jan Birchler

«Die Schule und die Lehre haben erste Priorität.»

Jannis Hensler (links) und Jan Birchler kommunizieren beim Gamen per Headset miteinander, um ihre Taktik abzusprechen – hier sind höchste Konzentration und Fingerspitzengefühl gefragt. Fotos: Lukas Schumacher

Zu einem E-Sport-Team gehört auch ein passendes Trikot des Sponsors: Jan Birchler (links) und Jannis Hensler.

Dieses Wochenende spielen die Einsiedler (mYinsanity) gegen den Leader Trelleborg. Die Begegnungen werden ab dem Achtelfinal live kommentiert von Lars Malcharek und Christoph Stumpfer.

Der Mähdrescher (oben) produziert das Stroh, das zu Ballen gepresst und zur Scheune gebracht werden muss. Dort wird das Stroh in die Scheune «gestackt», was Jannis Henslers Spezialität ist. Bilder: zvg

Share
LATEST NEWS