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Für die Verteidigung ist die Schwyzer Kantonspolizei mitschuldig

Für die Verteidigung ist die Schwyzer  Kantonspolizei mitschuldig Für die Verteidigung ist die Schwyzer  Kantonspolizei mitschuldig

Im Verfahren um den ehemaligen Logistikchef der Schwyzer Polizei fährt die Verteidigung schweres Geschütz auf. Der Schwyzer Polizeiführung wirft sie grobfahrlässiges Mitverschulden vor.

VICTOR KÄLIN ANDREAS SEEHOLZER

An Donnerstag und Freitag, 8. und 9. April, fanden am Bundesstrafgericht in Bellinzona die beiden Verhandlungstage im Falle des früheren Logistikchefs der Schwyzer Kantonspolizei statt. Dabei wies der bald 59-jährige Einsiedler den Vorwurf des Waffenverkaufs weit von sich.

Laut einem Artikel der «Berner Zeitung» räumte der Verteidiger des Angeklagten zwar ein, dass der inzwischen entlassene Logistikleiter am Arbeitsplatz Munition für sich bestellt hatte und von der Polizei bezahlen liess. Es seien aber nie und nimmer die über 300’000 Schuss, darunter gefährliche Mannstopp-Munition, gewesen, welche in Schwyzer Polizeidepots unauffindbar sind. Der Beschuldigte habe nach dem Motto «Gelegenheit macht Diebe » gehandelt. Gravierende Mängel im Beschaffungswesen der Polizei Im Beschaffungswesen der Schwyzer Kapo hatte die Finanzkontrolle – nach dem Auffliegen des Cheflogistikers durch deutsche Ermittlungen – gravierende organisatorische Mängel festgestellt. Gemäss der Verteidigung werde der Beschuldigte von der Kapo als Sündenbock hingestellt – vielleicht, «um Leichen im Keller» zu vertuschen, zitiert die «Berner Zeitung» den Verteidiger. Laut Verteidigung brauchte es kaum kriminelle Energie für die illegalen Bestellungen. Bei der Polizeiführung bestehe «ein zumindest grobfahrlässiges Mitverschulden». Mitarbeiter der Kapo müssten, so findet der Verteidiger, nun als Mitangeklagte vor dem Bundesstrafgericht stehen.

Für den Rechtsvertreter der Schwyzer Polizei sind Behauptungen, wie jene mit den Leichen im Keller, «Schutzbehauptungen und Nebelgranaten». Auch der leitende Staatsanwalt des Bundes, Carlo Bulletti, betonte, die beste Compliance könne mit betrügerischer Absicht umgangen werden. Dafür sei der Beschuldigte allein verantwortlich.

Kaum Kontrollen bei der Schwyzer Polizei Im Verfahren befragte das Bundesstrafgericht vier Zeugen. Dabei wurde unter anderem deutlich, dass es in der Logistik der Kantonspolizei Schwyz kaum Kontrollmechanismen gab. Bis zu einer Summe von 5000 Franken konnte der Angeklagte selbstständig Bestellungen tätigen – von der Büroklammer bis zur Feuerwaffe.

Aber nicht nur der Logistik-Chef bestellte beispielsweise Munition. Auch der Einsatztrainer der Kantonspolizei tat dies, wobei gemäss dessen Aussagen am Ende zumindest die Rechnungen über den Tisch des Logistikers gingen. Der Angeklagte bezeichnete die für sich getätigten Bestellungen als eine «Dummheit», zu der er stehe. Es sei so einfach gewesen, und es sei nicht bei einem Mal geblieben.

Dass es einfach war, befand auch die BA. Das Bestellsystem bezeichnete der frühere Vorgesetzte des Angeklagten hingegen als direkt und effizient. Eine Mitverantwortung für die Veruntreuung der bestellten Munition sehe er keine, sagte der unterdessen pensionierte Polizist als Zeuge aus.

Keine Amtsgeheimnisse verraten Der frühere Logistikchef bestritt, Informationen an einen jungen deutschen Waffennarren geliefert zu haben, die von der Kantonspolizei Schwyz aufgrund eines Rechtshilfegesuchs von Deutschland gesammelt worden waren. Der Deutsche wurde im Zusammenhang mit Waffengeschäften in seiner Heimat verurteilt. In jenem Verfahren belastete der Waffennarr den Angeklagten schwer. Er sagte aus, vom Schweizer sieben Waffen gekauft zu haben. Weiter will er als Komplize Waffen aus Deals des Angeklagten im Darknet den jeweiligen Käufern übergeben haben. Von Mitte August bis November 2013 soll der Schweizer gemäss Anklage gut 60 Waffen angeboten haben – Revolver, Pistolen und Sturmgewehre.

Weiter beschuldigte der Deutsche den früheren Cheflogistiker, Ermittlungsergebnisse an ihn weitergegeben zu haben, damit er seine Aussagen im deutschen Strafverfahren anpassen konnte. Warum der Deutsche den Schweizer belastete, erklärte der Angeklagte damit, dass der Mann die Schuld auf ihn habe abschieben wollen. Kennengelernt hat der Angeklagte den Deutschen über die Internet- Verkaufsplattform Ebay. Dort verkaufte der 59-jährige Schweizer verschiedene legale Materialien für Waffen. Die BA hält die Angaben des Deutschen für glaubwürdig. Der Staatsanwalt führte aus, dass die im Darknet abgebildeten Fotos in der Garage des Angeklagten aufgenommen worden seien. Dies habe sich aufgrund des Abgleichs der dortigen Bodenstruktur mit den Bildern gezeigt.

Die BA wirft dem 59-Jährigen mehrfache, gewerbsmässige Widerhandlung gegen das Waffengesetz und Versuch dazu vor sowie mehrfache Veruntreuung, mehrfache Urkundenfälschung, mehrfache ungetreue Amtsführung und mehrfache Verletzung des Amtsgeheimnisses.

Viele der Verkäufe wurden gemäss Darstellung der Bundesanwaltschaft über das Darknet abgewickelt.

Foto: zvg

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