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«Das Mail war so charmant, da konnte ich nicht anders»

«Das Mail war so charmant, da konnte ich nicht anders» «Das Mail war so charmant, da konnte ich nicht anders»

Normalerweise spielt Schach-Grossmeister Nico Georgiadis in höheren Ligen als der Schachclub Einsiedeln. Doch am Dienstag machte er eine Ausnahme.

VICTOR KÄLIN

Herr Georgiadis: Sie sind ein Schindellegler, als ehemaliger Stiftsschüler aber auch ein alt Einsiedler. Für den hiesigen Schachclub haben Sie trotzdem noch nie gespielt … Das ist wahr. Als Junior wusste ich gar nicht, dass es in Einsiedeln einen Club gibt. Mein Jugendverein war Wädenswil. Später wechselte ich zu Winterthur, wo ich zuerst in der Nationalliga B spielte und dann in der Nationalliga A – übrigens heute noch. Ich bin eine treue Seele. Und warum spielten Sie – notabene als Grossmeister – am letzten Dienstag erstmals für den aus Ihrer Sicht doch unterklassigen Verein Einsiedeln? Der Club schickte mir ein derart charmantes Mail, da konnte ich gar nicht anders. Durch die Stiftsschule kenne ich Einsiedeln und auch viele Mitglieder des SCE. Wir schätzen uns gegenseitig. Und da ich online spielen konnte, war der Aufwand ja auch nicht so gross – im Gegensatz zur Freude meiner Einsiedler Schachkollegen.

Hat es sich gelohnt?

Ja. Ich hatte Spass und die Einsiedler auch. Und nach dem Match stiessen wir via Zoom auf unseren Ligaerhalt an. Das Niveau war recht hoch und ich bin froh, selbst gut gespielt und einige ELO-Punkte gewonnen zu haben. Mit Ihrer ELO-Zahl von 2553 waren Sie der mit Abstand stärkste Spieler des Schachclubs Einsiedeln. Wie haben sich die Einsiedler geschlagen? Ich glaube, Peter Szakolczai und Guido Schmid, die beiden klar stärksten Einsiedler, sind vielleicht etwas unter den eigenen Erwartungen geblieben.

Worin liegt der Reiz eines Teamwettkampfs, wenn jeder für sich spielt und jeder für sich alleine zu Hause sitzt? Wir waren über Zoom verbunden. Ab zu und fiel ein Spruch. So rief Daniel Brandt plötzlich lautstark: «Nein! Jetzt habe ich Tubel meine Dame stehen gelassen! » (lacht) Genau davon lebt ein Teamwettkampf. Und vom Bier danach.

Spielen Sie wieder einmal für den SCE? Ich hoffe es. Online besteht durchaus eine Chance. Was macht ein Schachgrossmeister in der Schweiz in der Corona-Zeit? Arbeiten – und zwar als Redaktor beim Schweizer Fernsehen. Seit zweieinhalb Jahren bin ich bei Gesichter & Geschichten tätig, dem vormaligen Glanz & Gloria. Ich habe den richtigen Beruf gefunden und arbeite mit viel Leidenschaft. Obwohl ich nicht Schach-Profi bin, vermisse ich die Wettkämpfe am Brett. Online ist für mich auf Dauer kein Ersatz. Sie sind jetzt 25 Jahre alt und eigentlich im besten Schach-Alter. Wo liegen Ihre Ambitionen? Ich will 2600 ELO erreichen. Mit 2553 bin ich zurzeit so stark wie noch nie. Genau auf diesem Peak wurde ich wegen Corona gebremst. Und dann will ich einmal Schweizer Meister werden. Zweimal Zweiter war ich schon.

Eine letzte Frage noch: Im Internet treten die meisten Schachspieler unter einem fiktiven Namen an. Warum nennen Sie sich ElHelvetico? Als ich in Spanien Schach trainierte und Stan Wawrinka einen Tennismatch austrug, sprach der Kommentator nur von «El Helvetico». Mein Schachlehrer Francisco Vallejo Pons, die Spanische Nummer 1, fand das lustig und nannte mich danach nur noch «El Helvetico». Der Übername ist geblieben.

Foto: zvg

Nico Georgiadis

Jahrgang: 1996 Wohnort: Zürich Beruf: TV-Journalist bei SRF Hobbys: Schach, Fussball und alle weiteren Ballsportarten

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