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Wie Christus an Ostern aus dem Heilig-Grab aufersteht

Wie Christus an Ostern aus dem Heilig-Grab aufersteht Wie Christus an Ostern aus dem Heilig-Grab aufersteht

 

In drei Tagen ist es so weit: Jesus Christus entsteigt seinem Grab – und dies auch in Rothenthurm. Denn die Pfarrei Rothenthurm besitzt vermutlich das älteste Heilig-Grab im deutschen Sprachraum. Noch bis am Mittwoch kann das heilige Grab aus dem Jahr 1688 in der Pfarrkirche von Rothenthurm besichtigt werden.

MAGNUS LEIBUNDGUT

Es war an einem Tag im Jahr 2009: Pfarrer Erich Camenzind stöbert im Kirchenestrich und stösst hierbei auf Teile des barocken Heilig-Grabes aus dem Jahr 1688. «Die Wiederentdeckung des heiligen Grabes und dessen Sanierung gehören zu den Höhepunkten in meiner Amtszeit als Pfarrer in Rothenthurm», sagt der 51-jährige Geistliche. Camenzind lanciert eine Spendenaktion, um Geld zu sammeln für eine Restaurierung des Grabes. Über 100’000 Franken kommen auf diese Weise zusammen.

Wie alles begann: Das Heilig- Grab von Rothenthurm wird exakt vor 333 Jahren von einem unbekannten Künstler geschaffen und stammt ursprünglich aus der Pfarrkirche in Schwyz. Nach Fertigstellung des Kirchenneubaus überlässt Schwyz das Heilig-Grab just hundert Jahre nach dessen Entstehung 1788 der Pfarrkirche von Rothenthurm, wo das Grab geflickt, ergänzt und neu bemalt wird. Wie die Rothenthurmer Grabkulisse rekonstruiert wird «Somit handelt es sich beim Rothenthurmer Heilig-Grab um eines der ältesten erhaltenen Exemplare einer Heilig-Grab-Kulisse im süddeutschen und schweizerischen Raum», schreibt der Kunstdenkmäler-Inventarisator Michael Tomaschett im Buch «Wie die Kirche ins Dorf kam» von Albert Marty aus Rothenthurm.

Im Jahr 1894 erwirbt Rothenthurm beim Rorschacher Dekorationsmaler Josef Traub ein neues Heilig-Grab, wovon Teile im Kirchenestrich erhalten sind. «Spätestens ab diesem Zeitpunkt dürfte das barocke Heilig-Grab aus dem Jahr 1688 beziehungsweise aus dem Jahr 1788 nicht mehr im Gebrauch gewesen sein und wird – in Einzelteile zerlegt – im Kirchenestrich gelagert», schreibt Tomaschett: «In den Jahren 2016 bis 2018 gelingt es der Restaurationsfirma Stöckli AG aus Stans, die eindrückliche Bretterkulissenkonstruktion zu rekonstruieren.» In der vordersten Ebene tragen je drei aufgemalte Säulen einen gerundeten Hauptbogen, auf dem die ausgesägten Aufsteckfiguren der Maria (Mitte), zweier Engel mit Leidenswerkzeugen und der Apostelfürsten (ganz aussen) montiert sind. Wie Seelen aus dem Fegefeuer zum Leichnam Christi blicken Im Bogenscheitel ist eine spätbarocke Kartusche mit dem an Heilig-Gräbern häufig anzutreffenden lateinischen Bibelzitat («Sein Grab wird heilig herrlich sein») befestigt.

«Mehrere bogenförmige Wolkenkulissen leiten den Blick des Betrachters zu einer von Putten belebten Wolkengloriole, in deren Mitte die Monstranz gleichsam zu schweben scheint», führt Tomaschett aus: «Darüber ist Gottvater dargestellt, flankiert von zwei weiteren Engeln mit Leidenswerkzeugen. » Darunter befindet sich ein altarförmiger Kasten. An seiner Schaufront blicken aus einer rundbogigen Nische die Seelen aus dem Fegefeuer hoch zum aufgemalten Leichnam Christi in der Grabnische.

Wie kommt es überhaupt dazu, dass in früheren Zeiten die Tradition entstanden ist, Heilig-Gräber anzufertigen? «Im Spätmittelalter bringt die Kirche den meist leseunkundigen Gläubigen viele Glaubensdinge und Geschichten in bildlicher Darstellung näher », schreibt Albert Marty in seinem Werk «Wie die Kirche ins Dorf kam». Darum die Fastentücher oder die Krippendarstellungen in der Weihnachtszeit.

«Szenisch nachgestellt wird früher in den Kirchen auch Jesu Grab in Jerusalem im Zusammenhang mit der Leidensgeschichte », konstatiert Marty: «Diese zum Teil mit einer Art von Theaterkulissen dargestellten heiligen Gräber verschwinden ab Ende der 40er-Jahre auf den Dachböden der Kirchen.» In Steinen und Rothenthurm holte man die verstaubten Grabkulissen vom Estrich und restaurierte diese. «In Steinen wurde das Heilig-Grab nach über sechzig Jahren – im Jahr 2010 – und in Rothenthurm im Jahr 2018 erstmals wieder vor Ostern aufgestellt », fasst Marty zusammen. Anbetung des im Heilig-Grab ausgesetzten Allerheiligsten Heuer wird denn das Rothenthurmer Heilig-Grab zum zweiten Mal seit seiner Restaurierung im Jahr 2018 in der Pfarrkirche aufgestellt. Vom Ostersonntag bis am Mittwoch nach Ostern wird das Allerheiligste, die Eucharistie, im Grab ausgesetzt. Vom Sonntag bis am Dienstag sind mindestens zwei Personen zum stillen Gebet vor dem Allerheiligsten anwesend (zwischen 10.30 und 22 Uhr). Am Mittwoch findet die Anbetung zwischen 9 und 17 Uhr statt.

Besucher sind eingeladen, bis am Dienstag, täglich von 7 bis 22 Uhr, das Grab zu besuchen. Am Mittwoch ist ein Besuch des Heilig-Grabes zwischen 9 und 17 Uhr möglich.

Die erstmalige Aufstellung des Grabes in der Pfarrkirche im Jahr 2018 sei auf ein grosses Echo in der Rothenthumer Bevölkerung gestossen, schildert Pfarrer Erich Camenzind: «Ich fände es ideal, wenn das Heilig-Grab alle vier Jahre in der Pfarrkirche aufgestellt werden würde – in einem Rhythmus wie etwa die Fussballweltmeisterschaft » (lacht). Allerdings will der Geistliche dem zukünftigen Pfarrer in Rothenthurm nicht dreinreden: Vielleicht habe dieser ja ganz andere Pläne, was er mit dem Heilig-Grab anstellen wolle.

Das beeindruckende Heilig-Grab ist bis am 7. April in der Rothenthurmer Pfarrkirche zu sehen. Mehrere bogenförmige Wolkenkulissen leiten den Blick zu einer von Putten belebten Wolkengloriole, in deren Mitte nach dem Ostergottesdienst die Monstranz mit dem Allerheiligsten ausgesetzt wird. Unter dem Grab befindet sich ein altarförmiger Kasten. An seiner Front blicken aus einer rundbogigen Nische die Seelen aus dem Fegefeuer hoch zum aufgemalten Leichnam Christi in der Grabnische Fotos: Magnus Leibundgut

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