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«Werde mein Trompetenspiel wieder aufnehmen»

«Werde mein Trompetenspiel  wieder aufnehmen» «Werde mein Trompetenspiel  wieder aufnehmen»

Gestern hat Peter Hilfiker nach zehn Jahren als CEO die Schwyzer Kantonalbank (SZKB) verlassen. Er hinterlässt eine erfolgreiche Universalbank.

JÜRG AUF DER MAUR

Gestern sind Sie in Pension gegangen. Was überwiegt? Freude oder Schreck? Es gibt beides. Ich hatte, wie man sicher gemerkt hat, extrem Freude an meiner Arbeit bei der Schwyzer Kantonalbank SZKB. Ich kann mich an fast keinen Tag erinnern, an dem ich mich nicht auf die Arbeit freute. Insofern überwiegt sicher ein weinendes Auge.

Aber?

Ich konnte vieles nicht machen, was mir auch wichtig war. Das kann ich nun nachholen.

Was für Pläne haben Sie?

Ich will endlich meinen Stapel von Büchern abbauen und lesen. Ich werde wieder mehr Zeit draussen verbringen und Sport machen können. Ich kann mich wieder stärker der Jagd oder der Fliegerei widmen. Nach zwei, drei Monaten werde ich mich dann wohl umschauen, ob es nicht das eine oder andere Mandat gibt, das mich interessieren könnte.

Können Sie gut aufhören?

Ja, ich kann sehr gut abschliessen. Ich freue mich auf meinen neuen Lebensabschnitt. Ich werde sicher die Mitarbeitenden vermissen. Aber wenn es fertig ist, ist es fertig. Man sieht Sie nicht mehr täglich am SZKB-Hauptsitz? Sicher nicht, das werde ich weder meiner Nachfolgerin noch meinen Mitarbeitenden zumuten. Sie wohnen in Brunnen. Bleibt das? Ja klar. Ich werde nicht wegziehen. Dafür ist die Region viel zu schön, fantastisch. Vor allem für Pensionierte. Werden Sie als Hobbypilot nun täglich im Flieger sitzen? Nein, das werde ich nicht. Aber ich habe mir vorgenommen, mein Trompetenspiel wieder aufzunehmen. Ich werde wieder jeden Tag üben. Ich habe das Spiel in den letzten Jahren arg vernachlässigt. Ich spielte einmal ziemlich gut Trompete. Der Ansatz ist natürlich weg. Ich möchte wieder auf ein anständiges Niveau kommen.

Was muss ich mir vorstellen? Feldmusik, klassische Trompete, oder können sich nun Guggenmusigen mit Personalmangel melden? (lacht) Ich habe immer gerne klassische Musik gemacht und will mich in diesem Bereich etwas entwickeln. Ich spielte auch lange Zeit in einer guten Brassband. Aber wer nicht täglich übt, ist schnell weg vom Fenster. Zum Business: Was hat sich in Ihren zehn Jahren als CEO am meisten verändert? Offensichtlich ist die Digitalisierung. Das hat die Bank, vor allem jetzt am Schluss im Zusammenhang mit der Pandemie, am meisten verändert. Jetzt haben alle mitbekommen, was Digitalisierung bedeutet. Auf die Bank reduziert, heisst das: Wir haben in den letzten zehn Jahren eine E-Hypothek eingeführt oder enorme Fortschritte beim E-Banking und Mobile Banking gemacht. Intern wurden die Prozesse verschlankt und die Effizienz massiv gesteigert. Das wird kaum mehr zurückgehen?

Davon gehe ich aus. Die Frage ist, wie weit die Kundschaft auf die digitalen Angebote einsteigt. Im Anlagebereich sind es offenbar erst wenige Leute, die diesen Weg beschreiten wollen und sich zum Beispiel von einem Robo-Advisor beraten lassen. Die Wachstumsquote ist aber enorm, und in der nächsten Generation wird es ganz anders aussehen. Ich bin aber überzeugt, dass das persönliche Gespräch weiterhin absolut notwendig bleibt. Was hat in der Wirtschaft allgemein in den vergangenen Jahren geändert? Sind es die Negativzinsen, die hier das Bild dominieren?

Die Regulierungsflut der Behörden, die durch die Finanzkrise befeuert wurde, und die Situation mit den Negativzinsen sind sicher die wichtigsten Punkte. Die zunehmende Regulierungsflut schränkt das freie Unternehmertum der Banken extrem ein. Gleichzeitig machen die Negativzinsen den Banken das Leben schwer. Ich sehe nicht, wie wir aus dieser Situation herauskommen sollen. Wenigstens für die nächsten drei bis fünf Jahre ist in meinen Augen jedenfalls keine Änderung in Sicht. Was waren die Erfolge und was die Tiefschläge? Was mich stolz macht, um zuerst auf die Erfolge einzugehen, ist, dass wir es geschafft haben, aus einer reinen Hypothekarund Kreditbank auch eine Anlagebank zu werden. Heute hat die Schwyzer Kantonalbank auch einen Namen im Private Banking – dank eigenen Fonds und Ver-mögensverwaltungsmandaten.

Dass wir sechsmal in Folge bei der IFZ-Retail-Banking-Studie die beste Kantonalbank waren, ist auch ein Erfolg. Schliesslich bin ich froh, dass wir trotz Druck der Finanzmarktaufsicht im Nachgang des Steuerstreits mit den USA einen eigenen Weg gegangen sind. Wir haben quasi eine fünfte Kategorie geschaffen und uns als «not guilty», als «unschuldig », in den USA erklären lassen. Es gab aber auch Tiefschläge?

Am Schluss steht immer das Menschliche im Zentrum. Alles andere ist unwichtig. Der überraschende Tod unseres Geschäftsleitungsmitglieds Andreas Langenegger war ein Riesenschock. Das hat uns alle sehr mitgenommen. Sie haben sich einmal als Bargeld-Fan geoutet. Weshalb? Für mich persönlich ist Bargeld individuelle Freiheit. Wenn ich eine Hunderternote bei der Bank abhebe, weiss nachher niemand, wie und wo ich sie ausgebe. Aber natürlich haben Maestro-, Kreditkarten und Mobile- Payment-Zahlungssysteme zahlreiche Vorteile. Diese haben sich gerade jetzt während der Corona-Pandemie bewährt. Die Pensionskassen-Affäre sorgte und sorgt für viele negative Schlagzeilen. Ist nun endlich ein Ende in Sicht? Es wurde eine Schadenersatzklage angedroht. Bei der SZKB ist bis jetzt keine Schadenersatzklage eingegangen. Sollte eine solche eingereicht werden, wird sich die SZKB im ordentlichen Rechtsverfahren dagegen zur Wehr setzen. Zusammen mit den Wechseln und Abgängen in der Geschäftsleitung ist doch aber sicher ein Reputationsschaden feststellbar für die SZKB?

Es gab zwar von einzelnen Kunden konkrete Fragen. Aber unsere Kunden können sehr gut zwischen Polemik, Stimmungsmache und Realität unterscheiden. Das freut uns. Was hinterlassen Sie Ihrer Nachfolgerin? Ich konnte auf den beeindruckenden Leistungen meiner Vorgänger aufbauen und vor zehn Jahren eine stabile Bank übernehmen. Zwischenzeitlich ist es Bankrat und Geschäftsleitung gelungen, die Abhängigkeit der SZKB vom Zinsdifferenzgeschäft zu reduzieren und das Kommissions- und Handelsgeschäft als weiteren Ertragspfeiler zu etablieren. Die SZKB ist sehr gut aufgestellt und hat sehr motivierte Mitarbeitende. Es freut mich, meiner Nachfolgerin eine erstklassig positionierte Bank übergeben zu können. Es heisst, der Bankrat mische sich immer stärker ins operative Geschäft ein, was zu Konflikten führe.

Wir haben relativ viele neue Bankräte. Diese wollen sich in die Geschäfte einarbeiten, um sie zu verstehen. Während der Einarbeitungszeit ist dies wichtig und richtig. Dies führt dazu, dass am Anfang der Eindruck entsteht, sie würden sich ins operative Geschäft einmischen. Probleme gibt es deswegen nicht. Sie sind kulturell interessiert. Macht der Kanton genug? Der Kanton Schwyz hat ein lebendiges Kulturschaffen und eine zum Teil hochstehende Laienkultur. Aber er hat das gleiche Problem wie die SZKB. Die Mittel für die Kultur sind beschränkt. Er muss sich entscheiden, ob er viele kleinere Anlässe unterstützt oder einige wenige Grossanlässe und Leuchttürme.

Aber?

Er könnte durchaus mehr machen, aber dazu muss ein politischer Wille vorhanden sein. Haben Sie eine Idee, wie er das machen könnte? Er könnte zum Beispiel ähnlich wie ein Grossverteiler ein Kulturprozent einführen und jedes Jahr ein Prozent eines zum Voraus definierten Betrages für die Kultur einsetzen. Das könnte doch auch die Schwyzer Kantonalbank machen?

Die SZKB macht dies bereits. Sie setzt pro Jahr rund eine Million Franken für Sponsorings in den Sparten Sport, Kultur und Brauchtum, Gesellschaft und Bildung sowie Wirtschaft/Tourismus/ Umwelt ein.

«Bargeld ist individuelle Freiheit», sagt der ehemalige SZKB-CEO Peter Hilfiker. Foto: Jürg Auf der Maur

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