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«Ein Nein sollte ein Nein bedeuten»

Der Unmut unter Schwingern wächst nach dem umstrittenen ESV-Entscheid

Eigentlich sollten die Schwinger froh und überglücklich sein. Endlich – nach mehreren Monaten ohne Training – hat der Eidgenössische Schwingerverband am Montag beschlossen, in einem ersten Schritt zumindest 120 Schwinger wieder zum Training zuzulassen. Der Entscheid wird aber nach wie vor heftig diskutiert.

LARS MORGER

Während die absolut besten Schwinger wie Christian Stucki, Joel Wicki, Samuel Giger und Armon Orlik froh sein werden, endlich wieder ins Sägemehl zu können, ist die Stimmung an der Basis, also bei den gut 5000 Aktivschwingern, die nicht zum Handkuss kommen, sowie bei den Klubs weniger gut. So sagt der Schwyzer Kantonalverbands-Präsident René Schelbert, dass die Öffnung völlig überraschend kam, weil er nach dem Bekenntnis zum Breitensport von vor einigen Wochen nicht damit gerechnet hat. «Ein Nein sollte aber auch im Schwingsport ein Nein bedeuten», sagt er mit einer Breitseite an den Verband. Dennoch gelte es, in dieser Zeit flexibel zu bleiben und den Entscheid zu akzeptieren.

«Grosses Unverständnis» Der Innerschweizer Schwingerverband schreibt in einer Medienmitteilung von «grossem Unverständnis ». Es habe sogar Schwinger gegeben, die aus Solidarität zu den Nicht-Berücksichtigten auf eine Selektion verzichteten. Dennoch umfasst die 38-köpfige Gruppe praktisch alle Eidgenossen, Berg- und Teilverbandskranzer, die ins Training zurückkehren wollten.

Doch nicht nur an der Basis und von den Teilverbänden gibts Kritik, sondern auch Eidgenossen wie der Rothenthurmer Christian Schuler sind unzufrieden. «Mit dem Entscheid habe ich grösste Mühe», sagt er. Der Schwingsport lebe von allen, nicht nur von den Spitzenkönnern. «Ich bin noch aus dem Holz geschnitzt, dass alle gleich zu behandeln sind», sagt der 33-jährige fünffache Eidgenosse. Dennoch wird auch Schuler nicht auf das Training im Sägemehl verzichten. «Ich freue mich, wenigstens im Training wieder Sägemehl zu riechen.»

Zwei Lager sind heikel

Darüber ist auch Mike Müllestein froh. Für ihn ist es aber sehr heikel, die Schwinger in zwei Lager aufzuteilen. «So richtig glücklich werden mit dieser Lösung wohl die Wenigsten», sagt er. Dennoch wird er sich jetzt Schritt für Schritt wieder an die Schwünge herantasten, damit er dann auch bereit ist, sollte es demnächst wieder Wettkämpfe geben.

Anders sieht die Gefühlslage beim Brunner Michael Gwerder aus. Noch bis Ende Mai absolviert er die Rekrutenschule. Nachdem die Jahrgänge 2001 und jünger seit dem 1. März wieder trainieren können, habe er gehofft, dass es zu weiteren Lockerungen kommen könnte. Dies sei nun eingetroffen. Er sei froh, dass wieder Leben in den Schwingsport komme. «Ich bin sehr erleichtert und habe eine riesige Freude, wieder das zu tun, was ich am liebsten mache», sagt die grösste Nachwuchshoffnung des Schwyzer Kantonalen Schwingerverbandes.

Der Entscheid erhitzt also weiter die Gemüter. Ändern wird sich vorerst sicherlich nichts. Seit letzter Woche dürfen die Spitzenschwinger wieder zusammengreifen und werden dies auch in Zukunft dürfen. Bis sich die Schwingergemeinde aber über die Konsequenzen sowie die Vor- und Nachteile dieses Vorgehens einig ist, steigen wahrscheinlich schon längst wieder alle Schwinger ins Sägemehl.

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