«Irgendwann endet alles»
Marcel Fässler im EA-Interview zu seinem Rücktritt vom Rennsport
Der Grosser hört auf mit dem Rennfahren und beendet seine erfolgreiche Karriere. Das ist für ihn emotional. Das tut er aber auch aus freien Stücken, wie der 44-Jährige im Interview mit unserer Zeitung betont.
WOLFGANG HOLZ
Herr Fässler, sind Sie happy, dass die Entscheidung, mit dem Rennfahren aufzuhören, jetzt gefallen ist? Ja. Wobei es ja kein kurzfristiger Entscheid war, mit meiner Karriere aufzuhören, sondern sie war seit Längerem geplant. Ich konnte diese Entscheidung eben nicht früher kommunizieren, weil ich wollte, dass bis dahin alles Weitere geregelt war. Aber die Entscheidung fühlt sich auf jeden Fall gut an – und es war der richtige Schritt. Irgendwann endet alles. Irgendwann ist jede aktive Karriere mal vorbei. Und ich bin froh, dass ich dafür den richtigen Zeitpunkt gefunden habe.
Das ist ja schön für Sie – nicht zuletzt, weil der Motosport ja insgesamt im Augenblick etwas am Darben ist …
Wie gesagt, die Entscheidung, meine aktive Karriere zu beenden, steht schon seit Längerem fest. Das ist für mich sehr emotional. Gleichzeitig ist es für mich wichtig, dass ich nicht zum Aufhören getrieben wurde. Denn generell geht der Motorsport harten Zeiten entgegen. Ich persönlich hatte eine gute Zeit im Rennsport, und dafür bin ich sehr dankbar. Wie gehts denn Ihrer Familie mit Ihrer Entscheidung? Sind Ihre vier Töchter froh, dass sie ihren Vater nun öfters zu Hause sehen? Ja, das ist natürlich schon das Ziel, dass ich in Zukunft versuche, öfters zu Hause zu sein. Mit den Terminen, die ich momentan habe, bin ich trotzdem noch gut ausgelastet. Ich bin mir aber sicher, dass dass wir als Familie davon profitieren werden. Gibt es, wenn Sie auf Ihre lange Karriere zurückblicken, so etwas wie den schönsten Augenblick? Grundsätzlich habe ich viele schöne Momente in meiner Karriere erlebt. Jeder meiner Erfolge hat Emotionen bei mir hervorgerufen. Mein erster Sieg in Le Mans war für mich schon das grösste Highlight.
Und was war für Sie das beste Rennauto? Ich durfte viele gute und schöne Rennwagen fahren. Aber rein von der Performance her war wohl das beste Auto der Audi R 18 von 2015. Auch von der Ästhetik her gesehen. Kombiniert mit der Hybridtechnik verfügte der Audi so knapp um die 1000 PS.
Das Wichtigste ist wohl, das zu erreichen, an was man glaubt.
Apropos Hybrid. Wie wird sich denn aus Ihrer Sicht der Motorsport weiterentwickeln angesichts der zahlreichen neuen Antriebsformen, wie etwa den Elektromotor?
Momentan ist es sehr schwer, diesbezüglich im Motorsport eine klare Tendenz auszumachen. Es hängt davon ab, wie sich die alternativen Antriebsformen weiterentwickeln. Noch steckt vieles in den Kinderschuhen. Das betrifft auch den Elektromotor und die E-Autos. Grundsätzlich glaube ich, von meinem Gefühl her, dass synthetische Treibstoffe in Zukunft sehr mitbestimmend sein werden. Mitentscheidend wird die Frage sein, mit welchem Konzept sich der CO2-Ausstoss auch im Rennsport effektiv verringern lässt. Hat denn der Rennsport generell noch eine Zukunft? Ja, ich denke schon. Man darf ja nicht vergessen, dass viele technische Entwicklungen bei den Strassenautos auf Erfahrungen im Rennsport basieren. Und ich bin mir auch sicher, dass es, solange es Automobile geben wird, auch irgendwelche Rennen oder Wertungsprüfungen abgehalten werden. Die Competition braucht es, um technologische Entwicklungen schneller vorantreiben zu können. Und dafür ist der Rennsport ja schon irgendwie prädestiniert.
Sie haben gesagt, sie hätten als Bub schon immer davon geträumt, Rennfahrer zu werden. Es braucht aber nicht nur Träume, um so ein Ziel zu erreichen, sondern auch Geld, Beziehungen, Glück und vieles mehr. Was hat Ihnen in Ihrer Karierre am meisten geholfen? Das Wichtigste ist wohl, das zu erreichen, an was man glaubt. Man muss eine gesunde Portion Überzeugungskraft und Hartnäckigkeit mitbringen, um andere Leute mitreissen zu können. Um Leute zu motivieren, damit sie einem helfen. Es hat sehr viele Leute in meiner Karriere gegeben, die mir geholfen haben. Damit sind nicht nur Sponsoren gemeint, sondern auch Menschen, die wichtige Kontakte zu anderen hergestellt haben, die Türen geöffnet haben. Grundsätzlich ist natürlich ohne Sponsoren so eine Karriere im Motorsport nicht möglich. Noch eine letzte, indiskrete Frage. Auf den Rennstrecken dieser Welt waren sie immer sehr schnell unterwegs. Wie schnell fahren Sie privat Auto? Grundsätzlich normal. Natürlich komme ich gerne zügig voran. Und ich müsste lügen, wenn ich verhehlen würde, dass ich nicht auch schon geblitzt worden wäre. Allerdings habe ich sicherlich insgesamt mehr Parkbussen als Bussen für zu schnelles Fahren bezahlt. Man hat als Rennfahrer sicher auch eine Vorbildfunktion. Rasen hat nichts mit Rennfahren zu tun.