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«Wendy ist die Wendigste»

«Wendy ist die Wendigste» «Wendy ist die Wendigste»

Noch drei Slaloms stehen im Alpinen Skiweltcup der Frauen auf dem Programm: Morgen gibt es den ersten im schwedischen Are. Wird es Wendy Holdener gelingen, wieder aufs Podest zu fahren, ja vielleicht sogar endlich den ersten Sieg beim Tanz durch die Tore zu feiern? Slalom-Legende Vreni Schneider ist überzeugt, dass sie es schaffen kann.

Gespräch mit Ski-Legende Vreni Schneider über die Chancen Wendy Holdeners in den drei verbleibenden Weltcup-Slaloms

WOLFGANG HOLZ

Sie hat die meisten Slalomsiege aller Schweizerinnen errungen: Vreni Schneider. Die 56-jährige Glarnerin, die im Alpinen Skisport alles gewonnen hat, was es zu gewinnen gibt, stand im Slalom allein 47 Mal auf dem Weltcup-Podest. Davon 34 Mal ganz oben. Unglaublich.

26 Mal auf dem Podest

Wendy Holdener fuhr schon 26 Mal aufs Slalom-Podest im Weltcup – als Zweite und Dritte. Gewonnen hat sie noch nie. Nun hat sie noch drei Chancen, sich in dieser Saison ihren grossen Traum zu erfüllen: Heute Freitag und am Samstag gehen die Damen in Are an den Start. Und dann folgt noch ein Slalom auf der Lenzerheide beim Weltcup-Final.

Die Slalom-Bilanz für Wendy Holdener liest sich in diesem Winter alles andere als schlecht. Schon zweimal war sie Dritte bei der Hatz durch den Stangenwald – in Flachau und jüngst im slowakischen Jasna. Ansonsten fuhr sie stets in die vorderen Ränge. Wendy ist also in Form – obwohl sie es bei der Ski-WM in Cortina leider nicht geschafft hat, ihren dritten Slalom-Rang nach dem ersten Lauf zu bestätigen.

«Der Slalom ist eine ziemliche Kopfsache und kann heimtückisch sein», erklärt Vreni Schneider. Man brauche gute Nerven, weil man wie im Riesenslalom auch eben immer in zwei Läufen seine Leistung unter Beweis stellen müsse. Da sei die Psyche stark gefordert. Denn es könne sehr schnell passieren, dass man ausscheide oder an einem Tor einfädle.

«Und wer mit sich am Hadern ist, für den ist das keine gute Voraussetzung, um einen erfolgreichen Slalom zu bestreiten», meint die Glarnerin überzeugt, die ja heute in ihrer Heimat eine Ski-, Snowboard- und Rennschule betreibt. «Man muss im Slalom in guter Verfassung sein – wobei es einem natürlich hilft, wenn man in den Rennen erfolgreich ist. Dann läuft es fast schon automatisch.» Vreni Schneider traut Wendy Holdener ohne Weiteres zu, dass es der 27-jährigen Unteribergerin gelingen könnte, einen der drei ausstehenden Slaloms noch zu gewinnen. «Wendy greift ja immer an. Sie weiss genau, wie sie fahren muss, und ist sehr beweglich in den Toren – eigentlich ist Wendy die Wendigste unter den Slalomläuferinnen», analysiert die zweifache Slalom-Olympiasiegerin.

Shiffrin und ihre Begabung Dadurch, dass Michelle Gisin für die Schweiz in dieser Saison bereits einen Slalom gewonnen habe, sei der Druck für Wendy Holdener auch ein Stück weit weg, so Schneider. Hinzu komme, dass andere Fahrerinnen wie Petra Vlhova, für die es jetzt noch um die Slalom- wie um die Gesamt-Weltcup-Kristallkugel gehe, sehr gefordert seien. «Vlhova wird sicher taktieren müssen. Shiffrin dagegen ist etwas freier. Slalom-Weltmeisterin Katharina Liensberger hat dagegen nach Cortina ein wenig an Form eingebüsst.» Also, keine schlechten Voraussetzungen für Wendy Holdener, endlich einmal zu erleben, dass es am Ende eines Slaloms für sie grün auf der Anzeigentafel aufleuchtet. Trotzdem: Warum ist es der schon fast «ewigen» Zweiten und Dritten in all den Jahren bislang nicht gelungen, im Slalom einmal Erste zu werden? Lag es vor allem an der Überfliegerin Mikaela Shiffrin, die in den letzten Jahren sage und schreibe 45 Slaloms gewonnen hat?

«Shiffrin verfügt sicher über eine einmalige Begabung. Etwa die Art und Weise, wie schnell sie aus den Toren heraus beschleunigen kann», antwortet Vreni Schneider. «Andererseits wird es schwierig, wenn man vielleicht etwas erzwingen will. Es gibt eben kein Rezept, wie man einen Slalom gewinnen kann. Und zu viel studieren kann einen zusätzlich blockieren.» Wobei es andererseits wiederum wichtig sei, sich Slalom-Läufe bei der Hangbesichtigung gut einzuprägen – damit man während des Laufs schnell reagieren könne. «Ich weiss heute noch auswendig, wie die Tore bei den olympischen Slaloms in Lillehammer und in Calgary aufeinander folgten», weiss die Elmerin. Die besichtigte und eingeprägte Strecke laufe dann jeweils wie in einem Film vor dem geistigen Auge ab. «Es sind ja jeweils 50 bis 60 Tore pro Lauf, die man sich merken muss – es gibt einem am Start ein gutes Gefühl, wenn man den Lauf gut im Kopf hat.»

«Der Slalom ist eine ziemliche Kopfsache und kann heimtückisch sein.»

Vreni Schneider Slalomlegende mit 34 Siegen

«Es gibt kein Rezept, wie man einen Slalom gewinnen kann. Und zu viel studieren kann einen zusätzlich blockieren.»

Vreni Schneider, Schweizer Sportlerin des Jahrhunderts

Sie hat gut lachen und viel gewonnen: Vreni Schneider, Slalom-Queen und Schweizer Sportlerin des Jahrhunderts. Foto: Instagram

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