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«Die Stammtische fehlen»

«Die Stammtische fehlen» «Die Stammtische fehlen»

EA-Umfrage: Erreichen die Einsiedler Parteien die Bürger noch?

WOLFGANG HOLZ

Die jüngste Abstimmung zur geplanten schulergänzenden Betreuung war für Politiker ein Schock: Die Bürger lehnten die von allen Parteien befürwortete Vorlage ab. Erreichen die Parteien tatsächlich nicht mehr das Volk?

Da ist offensichtlich etwas schiefgelaufen – wenn das Einsiedler Stimmvolk im Fall der Abstimmung über schulergänzende Massnahmen klar und deutlich «Njet» sagt, obwohl alle lokalen Politiker dafür waren. Die Politik erreicht den Bürger nicht mehr, war die niederschmetternde Erklärung und Selbsterkenntnis von Bezirksammann Franz Pirker – der ja auch einer Partei angehört. Der SVP. Welchen Reim muss sich die lokale Politik darauf machen?

«Corona hat zur Folge, dass sich viele Bürgerinnen und Bürger einschränken müssen wegen Lohnausfällen bei Kurzarbeit und bei Arbeitsausfall. In einem solchen Umfeld neue Ausgaben des Staates, des Bezirks zu akzeptieren, die nicht direkt mit der Behebung der Krise zu tun haben oder als unausweichlich gelten, ist schwierig », relativiert Iwan Rickenbacher, Kommunikationsfach-mann und Kenner der politischen Szenerie in der Zentralschweiz (Bild).

Für den Schwyzer ist andererseits klar, dass lokalen Parteien im Gegensatz zu den nationalen die grossen Massenmedien nicht zur Verfügung stehen.

«Aber, zumindest in unserem Kanton, gibt es auch lokale Medien.» Es gebe Kontakte über elektronische Wege oder über traditionelle Postwurfsendungen. «Was allerdings zurzeit fehlt, sind die Stammtische, die spontanen Runden und Treffpunkte, am Rande des Fussballplatzes, im Bus und im Zug – halt jene Orte, wo sich Menschen immer wieder begegnen, und wo lokale Ereignisse und Vorhaben diskutiert und Meinungen gebildet werden», ist Rickenbacher überzeugt. Und auch das coronabedingte Versammlungsverbot zeitige Konsequenzen.

«Auch wenn die Versammlungen oft nicht viele Menschen anziehen, so sind sie doch Ausgangspunkt für Berichte in der Lokalzeitung und für das Gespräch beim Pausenkaffee am andern Tag, bei dem andere Menschen erreicht werden», sagt Rickenbacher. Eine Strategie, um dieses Kontaktdefizit zu kompensieren, gebe es kaum.

«Noch mehr Papier, noch mehr elektronische Post aller Art kompensiert das direkte Gespräch nicht. Vielleicht müssten Telefonketten gestartet werden », meint der Kommunikationsberater. «Lokale Politik muss einfach durch direkte Kontakte untermauert werden.»

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