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«Ich habe so etwas noch nie erlebt»

«Ich habe so etwas noch nie erlebt» «Ich habe so etwas noch nie erlebt»

Ein Einsiedler Bestattungsunternehmer blickt auf ein «spezielles Jahr» unter Corona zurück

Am 5. März 2020 gab es die erste Corona-Tote in der Schweiz. Am 5. März 2021 wurde eine nationale Schweigeminute abgehalten – zum Gedenken an die mehr als 9300 Menschen, die bislang landesweit an dem Virus gestorben sind. Auch für den Einsiedler Bestatter Hans Betschart ist die Pandemie eine schwere und belastende Zeit.

WOLFGANG HOLZ

«Es waren ziemlich viele Corona-Bestattungen im letzten Jahr gewesen », blickt Hans Betschart, Bestatter in Einsiedeln, Schwyz und Küssnacht, zurück. Wie viele Tote es genau waren, kann er nicht mehr sagen. «Im inneren Teil des Kantons waren es auf jeden Fall mehr Personen, die an Corona verstorben sind, als in der Region Einsiedeln.» Am 5. März 2020 ist in der Westschweiz eine 72-Jährige als erste Person an dem Virus gestorben. Betschart kann sich noch daran erinnern, als er zum ersten Corona-Todesfall in der Region gerufen wurde. «Das war in einem Altersheim.» Später wurden es immer mehr Fälle. «So etwas habe ich noch nicht erlebt », bekennt der Bestatter, der schon über 21 Jahre seinen Beruf ausübt.

Weisse Schutzhüllen Viele Verstorbene, die er im Spital oder im Altersheim abholte, seien bereits in einer weissen Schutzhülle gewesen – zum Schutz vor Ansteckung. «Wir selbst müssen immer Schutzmäntel, Handschuhe und Masken tragen», beschreibt Hans Betschart die bedrückende Situation. Die Särge habe man auf Anordnung des Bundesamts für Gesundheit immer mit einem Vermerk wegen Covid-19 beschriften müssen.

Für die Angehörigen der Verstorbenen sei es besonders schwer gewesen. «Viele Angehörige konnten nur kurz Abschied nehmen aufgrund der Ansteckungsgefahr », erzählt Hans Betschart.

Kaum mehr Totenaufbahrungen Viele Tote konnten nicht mehr aufgebahrt werden. Bestattungen fanden nur noch im allerengsten Familienkreis statt. «Die meisten Grablegungen waren Urnenbestattungen», sagt der Einsiedler Bestatter – nachdem die grösste Zahl der Covid- 19-Opfer zuvor kremiert worden sei. Irgendwann haben ihn die vielen Fälle dann emotional an die Grenze gebracht. «Nicht zuletzt die Bilder im Fernsehen von den vielen Toten in Bergamo sind mir unter die Haut gegangen. » Verarbeitet hat Hans Betschart diese «komplette Ausnahmesituation » in Gesprächen mit seinem Team. «Wenn man mir zuvor gesagt hätte, was da auf uns zukommt – ich hätte es nicht geglaubt», so Betschart, der früher als Rettungssanitäter im Rettungsdienst gearbeitet hat. Wobei er rein logistisch auf die Krise vorbereitet war. In seinem Zentrallager hat er zwischen 60 und 100 Särge vorrätig.

«Ich selbst habe keine Angst vor Corona», sagt der Einsiedler Bestatter. «Aber ich habe grossen Respekt vor dem Virus und versuche mich deshalb, so gut wie möglich davor zu schützen.» Es gehe darum, mit dem Virus leben zu können. Und er sieht auch hoffnungsvolle Anzeichen. «Die Zahl der Todesfälle ist in den letzten Wochen massiv zurückgegangen. » P.S.: Die Einsiedler Firma Stucki Bestattungsdienst wollte sich auf Anfrage unserer Zeitung zum Thema nicht äussern.

«Die Zahl der Todesfälle ist in den letzten Wochen massiv zurückgegangen.»

Hans Betschart, Bestatter

Hans Betschart, Bestatter in Einsiedeln. Foto: zvg

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