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«Eine grosse Chance für Einsiedeln wurde verpasst»

«Eine grosse Chance für  Einsiedeln wurde verpasst» «Eine grosse Chance für  Einsiedeln wurde verpasst»

Die Einsiedler sagen überraschend Nein zu den schulergänzenden Betreuungsangeboten. Bezirksammann Franz Pirker steht Red und Antwort zur Sachvorlage, die am Sonntag klar und deutlich abgelehnt wurde.

MAGNUS LEIBUNDGUT

Wie kommt das Resultat bei Ihnen an?

Ich bin sehr überrascht worden vom Ausgang dieser Abstimmung. Wir sind davon ausgegangen, dass die ausgewogene Vorlage angenommen wird. Wer hätte das gedacht, dass die schulergänzenden Betreuungsangebote dermassen klar und deutlich abgelehnt werden würden. Was hat den Ausschlag gegeben, dass die Abstimmung wider Erwarten verloren gegangen ist?

Ich erkenne drei Möglichkeiten: Entweder sind die Einsiedler grundsätzlich gegen die Einführung von schulergänzenden Betreuungsangeboten. Oder die Stimmbürger wollen nicht, dass die öffentliche Hand, die Schulen, diese Angebote aufgleist. Es können zudem auch finanzielle Gründe ausschlaggebend gewesen sein: Dass den Einsiedlern die Vorlage schlicht zu teuer war.

Überraschenderweise sagten alle Parteien im Vorfeld der Abstimmung Ja zur Vorlage. Wie kann es trotz dieses Verdikts zu einer klaren Ablehnung der Vorlage durch das Stimmvolk kommen?

Womöglich sind die Ortsparteien in Einsiedeln zu weit weg vom Volk und decken nicht die öffentliche Meinung ab. Die Parteien erreichen die Bürger nicht mehr. Sind die Einsiedler Bürger grundsätzlich gegenüber Vorlagen kritisch eingestellt, wenn diese Geld kosten? Das ist möglich. Denkbar ist auch, dass eine Kombination von obgenannten Gründen und Argumentationen eine Rolle gespielt haben mag. Von einem grundsätzlichen Misstrauen dem Bezirksrat gegenüber würde ich nicht sprechen wollen. Heisst die Botschaft des Ausgangs der Abstimmung: Frauen zurück an den Herd? So weit würde ich nicht gehen. Die Frage müsste vielmehr lauten: Wie werden Familien und Erziehende künftig und mittelfristig Betreuung, Rollenteilung und Erwerbstätigkeit unter einen Hut bringen?

Wird nun der bestehende Chinderhort an der Fuchsenstrasse erhalten bleiben, sein Betrieb weitergeführt werden? Das weiss ich nicht, weil dieser Hort wird ja nicht vom Bezirk, sondern vom Verein für Jugendund Familienberatung Einsiedeln geführt. Ich gehe naturgemäss davon aus, dass der Chinderhort weiterhin Bestand haben wird, weil dieser ja ein ähnliches Angebot beinhaltet, wie in den schulergänzenden Betreuungsangeboten vorgesehen gewesen wäre. Klar ist, dass wir so oder so grundsätzlich die Leistungsvereinbarung mit dem Verein für Jugend- und Familienberatung neu verhandeln wollen. Natürlich verändert nun das sonntägliche Nein zum Angebot der Schulen die Ausgangslage für die Verhandlungen mit dem Verein. Der Bezirk Einsiedeln unterstützt den Verein für Jugendund Familienberatung mit jährlich 250’000 Franken gemäss Leistungsvereinbarung.

Der Bezirk wollte evaluieren, ob es auch in den Vierteln ein schulergänzendes Betreuungsangebot braucht. Wie gehen Sie in dieser Frage vor? Diese Angelegenheit ist mit dem Nein zur Vorlage vollends vom Tisch. Wenn schon im Dorf Einsiedeln ein derartiges Angebot auf Ablehnung stösst, müssen wir in den Vierteln gar nicht erst evaluieren, ob dort eventuell ein Bedürfnis nach einem solchen Angebot bestehen könnte. Was geschieht nun mit der bezirkseigenen Wohnung an der Nordstrasse, in der das neue Angebot hätte untergebracht werden sollen? Eine Hälfte der Wohnung wird wie bisher für die am Kindergarten angeschlossene Psychomotorik zur Verfügung stehen. Die andere Hälfte der Wohnung bleibt leer. Derzeit ist keine Verwendung dieser freien Hälfte der Wohnung in Aussicht gestellt. Als einzige Kraft in Einsiedeln hat die Rechnungsprüfungskommission (RPK) des Bezirks Opposition gegen die Vorlage gemacht. Wie stark schätzen Sie den Einfluss der RKP auf den Ausgang der Abstimmung ein? Die RPK hat von einem teuren Doppelangebot gesprochen, von dem allerdings gar nie die Rede war. Die RKP hat Angst geschürt und einen drohenden Arbeitsplatzverlust beim Verein für Jugend- und Familienberatung ins Feld geführt. Allerdings sind diese Bedenken an der Bezirksversammlung seitens des Vereins zerstreut und relativiert worden. Von daher möchte ich die Rolle der RPK nicht überbewerten, was deren Einfluss auf den Ausgang der Abstimmung anbelangt. Wie geht nun der Bezirk des Weiteren vor? Soll eine abgespeckte Vorlage ausgearbeitet werden? Ich bedauere zutiefst, dass mit dem Nein am Sonntag eine grosse Chance für Einsiedeln verpasst wurde. Es ist nicht geplant, dass der Bezirk eine neue Vorlage mit schulergänzenden Betreuungsangeboten zur Abstimmung bringen will. Von Anfang an haben wir an dieser Vorlage festgehalten und keinen Plan B in der Pipeline gehabt.

Die Rechnungsprüfungskommission (RPK) verzichtet auf eine Stellungnahme zum Ausgang der Abstimmung, weil eine Aussage der RPK nach der Abstimmung nur noch rein strategischer Natur wäre.

Das Stimmvolk verwirft am Sonntag die Sachvorlage des Bezirks: Gut 53 Prozent sagen Nein zur Einführung von schulergänzenden Betreuungsangeboten an den Schulen Einsiedeln. Diese hätten an der Nordstrasse untergebracht werden sollen.

Foto: Magnus Leibundgut

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