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Sichere, schnelle Schüsse statt Schnellschüsse

Sichere, schnelle Schüsse statt Schnellschüsse Sichere, schnelle Schüsse statt Schnellschüsse

Die Einsiedler Biathletin steht vor dem ersten Wettkampf bei der Juniorinnen-WM

Amy Baserga startet am Sonntag zum ersten Wettkampf an den Juniorinnen- Weltmeisterschaften im Biathlon im österreichischen Obertilliach. Sie ist nach der durchzogenen Saison vorsichtig optimistisch.

FRANZ FELDMANN

Es ist schon wieder mehr als ein Jahr her, da begeisterten die Jugend- und Junioren-Weltmeisterschaften im Biathlon in der Lenzerheide über 7000 Zuschauer. Mitten drin die Einsiedlerin Amy Baserga. Im Einzelwettkampf lief sie über 12,5 Kilometer als Dritte über die Ziellinie und holte sich Bronze. Nun, ein Jahr später, stehen im österreichischen Obertilliach erneut Junioren-Titelkämpfe auf dem Programm. Ohne Publikum versteht sich. Praktisch unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

«Mir fehlen Intervalle» Auch heuer wird die 20-Jährige am Start sein. Anders als im letzten Jahr sind die Vorzeichen weniger gut. Sie hat nicht die ganze Saison Rennen bestritten. Ihre Vorbereitungen auf den Winter waren alles andere als optimal (wir berichteten). Aus diesem Grund fehlt bei ihr einiges. «Mir fehlen viele Intervalle», sagt sie im Vorfeld der Weltmeisterschaften auf Anfrage. Das heisst, ihr fehlen viele Rennen den ganzen Winter hindurch in den Beinen, auch wenn sie in letzter Zeit ein wahres Mammutprogramm hinter sich gebracht hat. «Zwölf Wettkämpfe in den letzten 20 Tagen waren brutal», so Baserga, die in den letzten Tagen zusammen mit den anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Jugend- und Junioren-Weltmeisterschaften trainiert und dabei den letzten Schliff geholt hat. Am Mittwoch ist die ganze Mannschaft nach Obertilliach abgereist.

«Ich bin zuversichtlich, dass ich gute Resultate zeigen kann», blickt die junge Einsiedlerin voraus. Rangmässig will sie sich kein Ziel setzen, sich keinen allzu grossen Druck selbst auferlegen. Denn das ist zu Beginn des Winters nicht gut herausgekommen. Trotz knapper Vorbereitungszeit habe sie sich selbst viel zu viel Druck gemacht. Auch beim Schiessen, sonst eine ihrer Stärken. Da wollten sich die Resultate nicht wie gewünscht einstellen. Dafür hat sie auch eine Erklärung: «Ich bin eigentlich eine Schnell-Schiesserin.» Ihr wurde von den Trainern während der Saison nahegelegt, langsamer und dafür genauer zu schiessen. Diese Umstellung funktionierte nicht, vor allem nicht während einer Saison. «So begann ich zu hadern», sagt Amy Baserga.

Nun, an den kommenden Titelkämpfen in Obertilliach will sie wieder so schiessen, wie sie es in den letzten Jahren gemacht hat. Schnell und hoffentlich erfolgreich. Denn in der Spur ist sie nach wie vor schnell. So hofft sie, dass trotz der momentan hohen Temperaturen die Loipe nicht allzu tief ist. Sie ist eine grosse Athletin und deshalb schwerer als manch andere. Das kann sich in einer weichen, nassen Spur negativ auswirken. «Ich freue mich sehr auf Obertilliach, denn die Strecke kommt mir entgegen.» Es ist eine eher flache Streckenführung, wo es nur leicht aufwärts geht. Auch das kommt ihrem Körperbau entgegen. Zudem erinnert sie sich gerne: «Ich habe in Obertilliach schon einige gute Rennen gehabt, das gibt mir zusätzlichen Schwung.» Sehr gut trainiert Schwung gibt ihr auch, dass sie in den letzten Tagen in Andermatt sehr gut trainiert hat. «Ich habe meine Schüsse zu 100 Prozent ins Ziel gebracht. Ich habe endlich wieder meine Leistung abrufen können», macht sie sich auf die Weltmeisterschaften hin Mut. Doch Training ist Training, Wettkampf ist Wettkampf, das weiss auch Baserga. «Ich darf definitiv nicht zu viel herumstudieren.» Das helfe ihr nicht. Zumal Ablenkung neben dem Training momentan sehr schwierig ist.

Sie ist sich auch bewusst, dass das Niveau im Biathlon sich in den letzten Jahren unheimlich verändert und erhöht hat. Und ein Ende ist nicht in Sicht, denn nach dem Junior Cup in den letzten Jahren ist die Leistungsdichte im IBU Cup an der Spitze bereits enorm. «Mit einem Fehlschuss ist man praktisch schon weg vom Fenster», ist sich die 20-Jährige bewusst. Deshalb sei das erste Schiessen in einem Rennen auch so eminent wichtig. «Nach einem Fehlschuss ist es brutal in der Loipe. Ich weiss dann, dass ich praktisch keine Chance mehr auf einen Spitzenplatz habe.» Doch darauf will sie sich nicht versteifen, nicht unnötig Druck machen. Das Niveau im IBU Cup im Vergleich zum Weltcup sei, je nachdem, welche Athletinnen starten, nicht mehr viel tiefer. Will sich Baserga in Zukunft an der Spitze orientieren, kommt sie nicht darum herum, sich dieser Herausforderung zu stellen. Um 11 Uhr startet das Rennen

Diesen Sonntag steht ab 11 Uhr für Baserga der erste Einsatz im Einzel auf dem Programm. Also da, wo sie letztes Jahr die Bronzemedaille geholt hat. Am Dienstag folgt der Sprint über 7,5 Kilometer, ein Tag später der 10-Kilometer- Verfolgungswettkampf. Abgeschlossen werden die Weltmeisterschaften am Samstag mit der Staffel. «Dann bin ich froh, wenn alles vorüber ist», freut sich Baserga auf das Saisonende. «Dann fällt die ganze Last ab, die ich seit letztem August mit mir herumtrage.» Auch auf diese Zeit freut sich die junge Einsiedlerin, denn dann hat sie endlich Zeit, ihren «Kopf zu lüften». Das wird ihr guttun.

«Nach einem Fehlschuss ist es brutal in der Loipe. Ich weiss dann, dass ich keine Chance mehr auf einen Spitzenplatz habe.»

Amy Baserga

Amy Baserga ist zuversichtlich. Foto: Franz Feldmann

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