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Wendy Holdener fährt den Medaillen etwas glücklos hinterher

Wendy Holdener fährt den Medaillen  etwas glücklos hinterher Wendy Holdener fährt den Medaillen  etwas glücklos hinterher

KONRAD SCHULER

Am Montag stand die Titelverteidigung in der alpinen Kombination auf dem Programm. 2017 in St. Moritz und 2019 in Are wurde die Unteribergerin jeweils Weltmeisterin.

Nach dem Super-G lag sie mit einer durchschnittlichen Fahrt ohne grossen Fehler mit 0,97 Sekunden auf Federica Brignone auf dem 14. Platz. «Ich hatte ein gutes Gefühl, vielleicht war der Lauf ein bisschen zu sauber, ich glaube, dass die Chancen noch da sind», analysierte sie. Die engsten Slalom-Konkurrentinnen und damit Hauptanwärterinnen auf die Medaillen Mikaela Shiffrin, Michelle Gisin und Petra Vlhova lagen auf den Rängen drei, fünf und sieben. All-out statt all-in im Slalom

Federica Brignone schied im dritten Tor aus. Mikaela Shiffrin fuhr einen kontrollierten Lauf und legte damit eine Zeit hin, die von niemandem auch nur noch annähernd erreicht werden sollte. Michelle Gisin machte einen mittelgrossen Fehler und verlor insgesamt 0,89 Sekunden. Petra Vlhova fuhr durchschnittlich und setzte sich drei Hundertstel vor Gisin auf Platz zwei. Nun wartete alles noch auf Wendy Holdener mit der Nummer 14.

Auch ihr wurde das dritte Tor wie Brignone zum Verhängnis. Sie rutschte auf dem eisigen Untergrund aus. Vorbei war der Traum von einer weiteren WM-Medaille.

Wendy Holdener attackierte, riskierte und verlor. Die Einstellung war sicher richtig, denn nur ein perfekter Lauf hätte ihr noch die Chance auf eine Medaille gegeben.

«Ich habe mich gefreut auf den Slalom, da ich wusste, dass ich ‹All-in› machen kann. Leider habe ich mir selber die Chance genommen», führte sie aus.

Auf die Frage, wie sie denn die Verarbeitung vornehme, gab sie zur Antwort. «Ich schreibe es auf, was gut und weniger gut gewesen ist und was ein Problem war wie heute.» Bestzeit in der Qualifikation

Am Dienstag wurde erstmals in der Geschichte der Weltmeisterschaften ein Medaillensatz in einem Einzel-Parallelwettbewerb vergeben.

Morgens ab 9 Uhr wurde die Qualifikation gefahren. Je eine Fahrerin versuchte auf dem roten oder blauen Kurs eine möglichst gute Zeit zu erzielen. Je die schnellsten acht Fahrerinnen pro Kurs qualifizierten sich für die am Nachmittag stattfindenden Finalläufe.

Wendy Holdener fuhr sehr stark und liess sich mit 32,69 Sekunden die absolute Bestzeit notieren. Rang eins liess die Erwartungen für die nachmittägliche Entscheidung auf einer anderen Piste steigen.

«Ich habe mich sehr wohl gefühlt und meinen Plan gut umgesetzt », lautete ihr Kommentar. Regelwerk bremste Wendy aus

Was sich dann am Nachmittag abspielte, hatte mit einem fairen Rennen leider nicht mehr viel zu tun. Bestraft wurden die schnellsten Fahrerinnen vom Morgen, da sie immer zuerst auf der deutlich schnelleren roten Piste anzutreten hatten. Wendy war als Qualifikationsbeste damit in jedem weiteren Duell benachteiligt. In den Finalläufen wurde mit einem Re-Run auf dem anderen Kurs gefahren. Die Totalzeit aus beiden Runs entschied über das Weiterkommen.

Da im ersten Lauf maximal 0,5 Sekunden angerechnet wurden und im zweiten Lauf jeweils die Echtzeit in die Wertung kam, war diejenige Läuferin, die zuerst auf dem roten Kurs fahren musste, deutlich sichtbar benachteiligt. Im Achtelfinal schaltete Wendy Holdener die Amerikanerin Nina O’Brien noch souverän aus. Dann kam das Unheil.

Im Viertelfinal dominierte sie auf dem roten Kurs im ersten Lauf die Amerikanerin Paula Moltzan nach Belieben und hatte einen Vorsprung von mindestens einer Sekunde, wie die Fernsehbilder klar zeigten. Aber eben, in die Wertung kamen nur 0,5 Sekunden Vorsprung. Paula Moltzan fuhr dann im Re-Run auf dem roten Kurs insgesamt 0,86 Sekunden schneller und distanzierte damit Wendy Holdener um 0,36 Sekunden. Aus der Traum von einem Halbfinal und der grossen Chance auf eine Medaille. Schlussendlich wurde Holdener auf dem siebten Rang klassiert.

Das Regelwerk hatte Wendy Holdener ausgebremst. Die italienische Mitfavoritin Federica Brignone redete Klartext: «Das war das unfairste Rennen, das ich je in meinem Leben gefahren bin», führte sie aus und schob nach, dass Wendy Holdener an diesem Tag klar die beste Fahrerin gewesen sei.

Wendy Holdener zeigte beim Interview sportliche Grösse: «Mir haben sie erst im Ziel erklärt, was das Problem ist. Es ist natürlich schade. Ich habe mich auf das Skifahren konzentriert und bei den Schlägen vielleicht ein bisschen zu viel rausgenommen, weil ich halt wenig wusste, dass man auf dem blauen Kurs so viel Zeit verliert. Ich hoffe, dass es in Zukunft besser geregelt wird. Es wird schon ein paar Diskussionen geben.»

Zwei Hundertstel fehlten im Team

Erstmals wurde am Mittwoch der Teamwettbewerb an einem Grossanlass als Parallelwettbewerb in einem Riesenslalom entschieden. Für die Schweiz starteten Wendy Holdener und Camille Rast bei den Frauen, Semyel Bissig und Sandro Simonet bei den Männern.

Die Schweizer Mannschaft trat als Titelverteidiger an. 2019 in Are schlug das Team rund um Wendy Holdener und Ramon Zenhäusern das österreichische Team im Final. Damals gewannen sowohl Wendy Holdener und Ramon Zenhäusern alle ihre jeweiligen Läufe und sorgten für den bisher einzigen Weltmeistertitel im Teamwettbewerb. Wendy gewann alle drei Läufe

Dieses Mal bekam die Schweiz im Achtelfinal ein Freilos. Im Viertelfinal wurde Kanada dank der besseren Gesamtzeit beim Stande von zwei zu zwei ausgeschaltet. Wiederum zwei zu zwei stand es jeweils nach den vier gefahrenen Läufen im Halbfinal und im Kampf um Platz drei.

Wendy Holdener und Semyel Bissig gewannen je alle drei Läufe, Camille Rast und Sandro Simonet verloren sie allemal. Anzumerken ist dabei, dass Wendy Holdener vom SC Drusberg Unteriberg und Semyel Bissig vom SC Beckenried-Klewenalp jeweils auf der etwas schnelleren Piste rot fahren durften.

Im Halbfinal verfolgte die Schweiz das Hundertstelpech. Die von Wendy Holdener und Semyel Bissig erreichte Gesamtzeit betrug 44,46 Sekunden, diejenige der norwegischen Mannschaft 44,44 Sekunden. Wendy Holdener und Semyel Bissig hätten also zusammen nur je einen Wimpernschlag schneller sein müssen und schon wäre Gold oder Silber bereitgelegen.

Gegen die deutsche Mannschaft um Platz drei unterlag das Schweizer Team dann schliesslich um zwölf Hundertstel.

Wendy fuhr gut Im Viertelfinal legte Wendy Holdener mit 22,54 Sekunden eine ausgezeichnete Fahrt hin. Im Halbfinal blieb die Uhr bei 22,89 Sekunden stehen, im kleinen Final bei 22,91 Sekunden.

«Von meiner Seite her wäre etwas mehr dringelegen. Es tut mir leid für das Team. Ich hatte nicht immer ganz die Geduld, die Bögen zu ziehen», lautete ihr Fazit. «Ich werde das aber schon wieder irgendwann gutmachen», blickte sie sofort wieder optimistisch in die Zukunft. Riesenslalom stark begonnen

In den Riesenslalom von gestern Donnerstag startete Wendy Holdener im ersten Lauf vielversprechend. Bei den ersten zwei Zwischenzeiten war sie schneller als die nach dem ersten Lauf mit einer Zeit von 1 Minute und 13,22 Sekunden Vorsprung führende Mikaela Shiffrin. Im Ziel betrug dann der Rückstand aber doch beachtliche 1,25 Sekunden. Das bedeutete Rang 13 nach Halbzeit.

«Oben hat es sich sehr gut angefühlt. Ich habe auch gekämpft. Ab der Mitte hat der Ski aber nicht mehr gezupft, ich konnte den Speed nicht mehr aufbauen oder habe ihn sozusagen verloren. Ich konnte nicht umstellen, dann wurde es ein Kampf ab der zweiten Zwischenzeit», sagte sie im SRF-Interview. Bezüglich des Energie-Haushaltes mit dem vierten Rennen am vierten Tag der zweiten Weltmeisterschaftswoche habe sie keine Probleme. «Mir geht es diesbezüglich sehr gut. Ich fühlte mich sehr fit beim Fahren bis ins Ziel. Dafür trainieren wir im Sommer», führte sie aus. Sechstbeste im zweiten Lauf

Wendy Holdener konnte sich im zweiten Lauf dann mit sechstbester Laufzeit noch auf den insgesamt schönen achten Platz steigern. Dieses Ergebnis war gleichbedeutend mit dem besten Riesenslalomergebnis dieses Winters im Weltcup. In Kranjska Gora war sie ebenfalls Achte geworden, ansonsten gab es im ganzen Winter in dieser Disziplin keinen Rang mehr in den Top Ten.

«Im zweiten Lauf hat es noch mehr gedreht. Mir gelang es aber, runder zu fahren. Natürlich habe ich heute probiert, an eine Medaille zu glauben. Ich denke, dass der zweite Lauf ein Superauftritt von mir war», führte sie aus.

Heute Freitag werde sie ein paar Slalomschwünge machen um dann morgen Samstag für den Slalom bereit zu sein.

Siegerin wurde Lara Gut-Behrami und sie sorgte damit für die erste Riesenslalom-Medaille seit 2001, als Sonja Nef ebenfalls Weltmeisterin geworden war. Dieses Mal waren die Hundertstel wieder einmal auf der Seite der Schweizer und Schweizerinnen. Mikaela Shiffrin wurde mit zwei Hundertstelssekunden Rückstand Zweite, Katharina Liensberger mit neun Hundertstelssekunden hinter der Schweizerin Dritte. Damit holte die Tessinerin nach dem Sieg im Super-G und Bronze in der Abfahrt ihre dritte Medaille in Cortina d’Ampezzo.

Nach vier Rennen in dieser Woche steht Wendy Holdener noch ohne Weltmeisterschaftsmedaille da. Morgen Samstag bekommt sie im Slalom die letzte Chance.

Wendy Holdener zeigte beim Interview nach dem Aus im Viertelfinal des Team-Events sportliche Grösse. Screenshot: SRF

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