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«Unsere Strategie hat sich im Kanton bewährt – nur in Einsiedeln nicht»

«Unsere Strategie hat sich im Kanton bewährt – nur in Einsiedeln nicht» «Unsere Strategie hat sich im Kanton bewährt – nur in Einsiedeln nicht»

Polizeikommandant Damian Meier verurteilt die Attacken auf seine Mitarbeiter und räumt mit der Saga auf, dass mehrheitlich Auswärtige für Krawall gesorgt hätten.

VICTOR KÄLIN

Aschermittwoch – die Fasnacht ist offiziell vorbei. Wie bewerten Sie aus Sicht der Polizei das Fasnachtsgeschehen in Einsiedeln, insbesondere den Güdelmontag?

Generell darf ich feststellen, dass sich die Fasnächtler im ganzen Kanton sehr bemüht haben, die geltenden Corona-Bestimmungen einzuhalten. Am Güdelmontag mussten wir in Einsiedeln jedoch leider intervenieren, da sich viele der Hudi sowie auch die Zuschauerinnen und Zuschauer nicht an die Massnahmen hielten, sich auf unsere Ansprache hin nicht einsichtig zeigten und ihr Verhalten nicht anpassten. War Einsiedeln aus Sicht der Polizei kantonsweit demnach der traurige Hotspot? In Einsiedeln kam es am letzten Montag zu den massivsten Verstössen gegen die Corona- Schutzmassnahmen. Auch andernorts, insbesondere im inneren Kantonsteil, bildeten sich zeitweise grössere Menschenansammlungen. Diese lösten sich aber auf unsere Interventionen hin jeweils wieder auf. In den Bezirken March, Höfe und Küssnacht mussten wir fast nie intervenieren. Die Kantonspolizei räumte ein, vom Aufmarsch der Hudi und Zuschauer überrascht zu sein. Der Seniorenumzug vom Schmutzigen Donnerstag lieferte jedoch einen Vorgeschmack auf den Sühudiumzug. Rückblickend: Was hätte die Polizei für den Güdelmontag anders machen sollen?

Wir gingen von Anfang an davon aus, dass im Rahmen des Sühudiumzuges vereinzelt Gruppen unterwegs sein würden. Unterschätzt haben wir das Ausmass, sowohl was die Anzahl Gruppen als auch die Zuschaueranzahl und deren Verhalten betrifft. Leider mussten wir feststellen, dass unsere andernorts bewährte Strategie der erhöhten Präsenz und des Appells in Einsiedeln mehrheitlich nicht funktionierte.

Gemäss Medienberichten ging die Polizei in der Fasnachts- Hochburg Luzern viel konsequenter vor: Dort sei die Fasnacht nicht nur abgesagt, sondern regelrecht unterbunden worden. Warum wählte Schwyz einen anderen Weg? Wir setzten während der gesamten Fasnachtszeit erfolgreich auf die Strategie, Präsenz zu markieren, das Gespräch mit der Bevölkerung zu suchen und mittels Appellen korrekte Zustände herbeizuführen. Das hat sich mit Ausnahme von Einsiedeln am Güdelmontag sehr bewährt. Auffallend war, mit welch grosser Geduld die Polizei versuchte, die Leute über das Gespräch zum Einhalten der Corona-Regeln zu bringen. Wie reagierten Hudi und Zuschauer auf diese Aufforderungen? Leider haben viele der Anwesenden nicht auf unsere Ermahnungen reagiert. Als wir dann begannen Bussen auszustellen, löste sich der wilde Umzug auf und auch die Zuschauerinnen und Zuschauer gingen mehrheitlich weg. Es war für unsere Mitarbeitenden eine sehr schwierige Situation, da viele Leute einen anderen Ort im Dorf aufsuchten und dort weitermachten, sodass erneute Interventionen nötig wurden. Wie lautete die Doktrin, als das Geschehen am Güdelmontag nach und nach aus dem Ruder lief? Nach welcher Eskalationsstufe sah sich die Polizei zu welchen Schritten veranlasst?

Wie erwähnt, setzten wir auf die bis dahin erfolgreiche Strategie der Sensibilisierung und des Appells. Als dies nicht zum gewünschten Ziel führte, haben wir die uneinsichtigen Personen gebüsst, was zur Konsequenz hatte, dass am Nachmittag kaum noch Fasnächtler unterwegs waren. Wir blieben weiterhin präsent. Als sich am Abend dann die Situation aufgrund der vielen meist jungen und stark alkoholisierten Personen zuspitzte und wir uns grosser Aggression ausgesetzt sahen, haben wir mit Mitteln des Ordnungsdienstes die wilde Feier aufgelöst.

Eine der Massnahmen war das Schliessen der Take-Aways. Hört man sich um, war die Kooperation nicht überall freiwillig. Anscheinend wurde keine Unterscheidung in Restaurants und offene Stände gemacht. Es gab Verkäufer, die sprachen offen von einer «mutwilligen Massnahme». Trotz Schutzkonzept, Bewilligung, Türsteher … sei die Schliessung des Restaurants für den Take-Away-Verkauf verordnet worden. Wie kommentieren Sie diese Massnahme?

Wir stellten bei den Take-Aways grosse Menschenansammlungen fest. Daher haben wir mit den Betreibern das Gespräch gesucht. In der Folge stellten diese dann für Güdelmontag den Verkauf ein. Diese Massnahme trug dazu bei, dass die fasnächtlichen Aktivitäten beendet und vor allem weitere Menschenansammlungen vermieden werden konnten. Was geschah am Montagabend? Ab wann spitzte sich die Lage zu? Am Montagabend versammelten sich nach 20 Uhr über 50 Personen im Dorfzentrum zu einer wilden Feier. Auf unsere Ansprache hin sahen wir uns mit einer sehr grossen Aggression seitens der Anwesenden konfrontiert, die auch mit Flaschen und Böllern nach meinen Mitarbeitenden warfen. Daraufhin haben wir Ordnungsdienstkräfte aufgeboten und so die illegale Ansammlung auflösen können. Weiss man etwas über die Beweggründe der Chaoten? Die mehrheitlich jungen Leute wollten feiern, haben aber die Grenzen klar überschritten. Dass sie so aggressiv gegen unsere Einsatzkräfte wurden, dürfte auch auf den übermässigen Konsum von Alkohol zurückzuführen sein. Wir mussten zwei Personen zur Ausnüchterung inhaftieren.

Ihr Pressesprecher David Mynall wurde am Aschermittwoch im «Tages-Anzeiger» wie folgt zitiert: «Uns schlug eine extreme Gewalt entgegen. Das kennen wir im Kanton Schwyz so nicht.» Wie gefährlich waren diese Ausschreitungen generell – und insbesondere für die Polizisten? Wenn Flaschen und Böller gegen meine Mitarbeitenden geworfen werden, stellt dies ein grosses Verletzungsrisiko dar. Aus diesem Grund haben wir für die Auflösung der illegalen Aktivitäten Ordnungsdienstkräfte aufbieten müssen, die über die nötige Schutzausrüstung verfügen. Ich bin sehr froh, dass keine meiner Mitarbeitenden bei diesem anspruchsvollen Einsatz verletzt wurden. Generell und in aller Deutlichkeit möchte ich hier festhalten: Übergriffe auf Polizisten werden in keiner Art und Weise toleriert, sondern konsequent unterbunden beziehungsweise geahndet. In Einsiedeln wird erzählt, dass beim abendlichen Krawall mindestens ein Teil der rund 50 Beteiligten von auswärts stamme. Hat die Polizei die fraglichen Personen überprüft und kann sie etwas zur Herkunft sagen? Grossmehrheitlich stammten die Beteiligten aus dem Raum Einsiedeln. Es waren aber auch Personen aus dem restlichen Kantonsgebiet und aus anderen Kantonen unter ihnen.

Gibt es ein Nachspiel?

Verantwortliche Personen im Sinne eines Organisators gibt es nicht. Es werden aber einzelne Beteiligte zur Anzeige gebracht, unter anderem wegen Gewalt und Drohung gegen Beamte, Störung des Polizeidienstes und wegen Sachbeschädigung. Und was ich sonst noch sagen wollte … Ich bin selber Fasnächtler und verstehe das Anliegen, mindestens einmal im Jahr «ausbrechen » zu können. Hingegen kann ich nicht nachvollziehen, wie man sich in der aktuellen Situation derart um Regeln und marginalste Schutzmassnahmen foutieren kann. Absolut inakzeptabel sind die Angriffe auf Polizistinnen und Polizisten.

Das Interview mit Damian Meier wurde schriftlich geführt.

«Ich bin zwar selber Fasnächtler, aber das kann ich nicht nachvollziehen»: Kommandant Damian Meier zu den Einsiedler Geschehnissen.

Foto: zvg

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