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Konfetti-Allergiker

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ZWISCHENLUEGETEN 3

FANNY REUTIMANN

Wäre dies ein Jahr wie jedes andere, würden noch Unmengen von verpappten Konfettis in Vorgärten und Strassenrändern an die Fasnacht erinnern. Ansonsten nähme das Leben wieder seinen gewohnten Lauf, die 5. Jahreszeit wäre vorüber und ich könnte befreit aufschnaufen. Fasnacht lässt mich absolut kalt. Sicher, als Kind bin ich auch mal an einem Umzug mitmarschiert. Als Indianer-Squaw mit viel brauner Schminke im Gesicht und langen, muffigen Zöpfen aus Kunsthaar. Dieses Sujet entsprach zwar nicht meiner ersten Wahl, aber das Röckli mit den bezaubernden Rüschen, das mich in eine Prinzessin verwandelt hätte, war bereits vergeben.

Was mir schon damals nicht richtig Spass machte, hat sich über die Jahre zu einem reflexartigen Unbehagen gegenüber allem, was mit Fasnacht zu tun hat, entwickelt. Ich hasse Konfetti im Kragen genauso wie an den Schuhsohlen, im Auto und in der Wohnung. Das Getröte von Guggämusigen kann ich nicht ausstehen und die «gäll-du-kännsch-minüd »-Mentalität ist mir irgendwie nicht geheuer. Nein, ich bin überhaupt nicht traurig, dass die Fasnacht nicht durchgeführt werden durfte; von mir aus kann man das gerne beibehalten.

Höchstwahrscheinlich ist diese Fasnachts-Allergie genetisch bedingt, stamme ich doch aus einer Region, wo nebst Kinderumzug und Maskenball der Schüblig- Zischtig die einzigen Fasnachts- Traditionen sind. Dass eingefleischte Einsiedler Hudi für solch bescheidene Aktivitäten nur ein mitleidiges Lächeln übrig haben, kann ich trotz meiner Konfetti- Allergie gut nachvollziehen.

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Fanny Reutimann (56) ist nicht wegen der 5. Jahreszeit, sondern wegen der Liebe vom Züribiet nach Einsiedeln gezogen und wird auch weiterhin einen grossen Bogen um alles machen, was nach Fasnacht riecht – ausser um Fasnachts-Chüechli.

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