Veröffentlicht am

Mit Leib und Seele Bestatter

Mit Leib und Seele Bestatter Mit Leib und Seele Bestatter

Wie ist es, Bestatter zu sein? Hans Betschart gewährt einen Einblick in diese Tätigkeit.

MELANIE SCHNIDER

Betritt man das Bestattungsbüro von Hans Betschart, sticht zunächst die knallrote Schachtel mit den Schoko-Bonbons ins Auge. Kleine Seelentröster für sein Team, wie er die Süssigkeiten nennt. Neben einer violetten Orchidee auf dem Besprechungspult und einem abstrakten Gemälde an der Wand ist sein Büro ganz schlicht.

Zuvor Rettungssanitäter

Gleich bei der Begrüssung wird klar, welchen Charakter Hans Betschart hat. Der 62-Jährige vermittelt grosse Ruhe sowie Sachlichkeit, Kompetenz und Verlässlichkeit. Daneben strahlt er eine wohlwollende Wärme aus, die weder zu aufdringlich noch zu zurückhaltend ist. Wie kam es dazu, dass Hans Betschart ausgerechnet den Beruf des Bestatters ergriffen hat?

«Bevor ich gemeinsam mit meiner Frau Trix Betschart den Bestattungsdienst übernommen habe, arbeitete ich als Rettungssanitäter », erzählt Hans Betschart. Diese beiden Berufe scheinen zunächst den Gegensatz zwischen Leben und Tod zu unterstreichen, doch darum gehe es nicht, meint er. «In beiden Berufsfeldern ist man für Menschen in Ausnahmesituation da, leistet ihnen Hilfe», erläutert er und fährt fort: «Als Bestatter kann ich den Angehörigen der verstorbenen Person die Trauer nicht abnehmen. Doch ich kann ihnen den Prozess des Abschiednehmens erleichtern und die Last des Organisatorischen abnehmen.» «Nichts, was ich nicht mag»

Erhalte er Anrufe von Trauerfamilien, seien diese meist sehr erleichtert, wenn sie ihm die Verantwortung abgeben könnten, berichtet der 62-Jährige. Eine solche Stütze sei er sehr gern. «Es gibt nichts an meiner Arbeit, was ich nicht mag. Ich bin mit Leib und Seele Bestatter », betont er. Doch nicht alle denken so wie Hans Betschart. Viele kleine Bestattungsdienste mussten in den letzten Jahren schliessen oder wurden von anderen übernommen.

Wie hoch ist aktuell die Beliebtheit des Berufs? «Durch die SRF-Serie ‹Der Bestatter› mit Schauspieler Mike Müller erlebte der Beruf einen erneuten Boom», sagt Betschart schmunzelnd. Auch seien Leute äusserst angetan und neugierig, wenn sie erführen, dass er Bestatter sei. Allerdings gibt es immer wieder Zeiten, in denen kaum jemand Bestatter werden will. Der Fokus liegt dann auf den gestellten Anforderungen. So muss Hans Betschart rund um die Uhr präsent sein, auch an den Wochenenden. «Zudem bedarf der Beruf mentaler Stärke. Um Bestatter zu sein, muss man mit beiden Beinen fest auf dem Boden stehen», illustriert er.

Die Familie gibt Stabilität Doch was macht Hans Betschart, um verwurzelt zu bleiben? Um den Halt nicht zu verlieren? «Meine Frau sowie meine beiden Töchter geben mir viel Stabilität. Da wir durch unsere beruflichen Tätigkeiten ständig mit Leben und Tod konfrontiert sind, können wir uns gut austauschen », sagt er.

Auch die Natur und der Sport würden ihm die Kraft zum Loslassen geben. «Daneben bin ich leidenschaftlicher Jasser», sagt er schmunzelnd, «ich liebe gemütliche Jassabende mit kulinarischen Köstlichkeiten.» Daneben verfolgt Hans Betschart einige persönliche Richtlinien. «Mir ist es wichtig, gute Arbeit zu leisten. Ich habe keinerlei Berührungsängste und behandle jede verstorbene Person aus Respekt genau so, als würde sie noch leben», unterstreicht er. «Da ich so oft mit der Vergänglichkeit der Menschen konfrontiert bin, ärgere ich mich nicht mehr über irgendwelche Kleinigkeiten. Das Leben ist viel zu kurz dafür», sagt Hans Betschart.

Mit Herzblut arbeitet Hans Betschart als Bestatter. Die Urne in seinen Händen unterstreicht diese Hingabe. Foto: Melanie Schnider

Share
LATEST NEWS