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«Im Tourismus sind sehr viele Menschen beschäftigt»

«Im Tourismus sind sehr viele  Menschen beschäftigt» «Im Tourismus sind sehr viele  Menschen beschäftigt»

Nach sieben Jahren als Präsident von Schwyz Tourismus blickt Franz-Xaver Strüby auf seine Tätigkeit zurück.

ERHARD GICK

Wie wichtig ist der Tourismus im Kanton Schwyz? Welche Wertschöpfung hat er unter Ihrer Führung erzielt? Im Kanton Schwyz löste der Tourismus 2019 insgesamt eine direkte und indirekte Beschäftigung von 4940 Vollzeitstellen aus, was einem Anteil von 7,8 Prozent an der kantonalen Gesamtbeschäftigung entspricht. Dieser Beschäftigung steht eine Bruttowertschöpfung von 513 Millionen Franken gegenüber. Verglichen mit der Gesamtwirtschaft des Kantons Schwyz von 9,152 Milliarden Franken, leistet der Tourismus somit 5,6 Prozent an das kantonale BIP. Damit sind im Kanton mehr Menschen im Tourismus beschäftigt als in jeder anderen Branche, und, ganz wichtig, diese Arbeitsplätze sind und bleiben hier und befinden sich oft in eher strukturschwachen Gemeinden und Tälern. Oftmals sind es Teilzeitjobs, die kombiniert mit anderen Tätigkeiten einer Familie ein gutes Leben ermöglichen.

Was leistet der Tourismus zudem?

Genauso wichtig wie die wirtschaftlichen Fakten ist aber der Beitrag des Tourismus zur Lebensqualität der Schwyzerinnen und Schwyzer. So leistet der Tourismus mit seinem umfassenden, breiten und qualitativ hochwertigen Freizeit- und Erholungsangebot einen wichtigen Beitrag zur Attraktivität unseres Kantons. In den letzten vierzig Jahren ist der Kanton überdurchschnittlich gewachsen. Ich bin überzeugt, dass der hohe Freizeitwert unseres Kantons neben der Nähe zum urbanen Gürtel mit Luzern, Zug, Zürich ganz entscheidend dazu beigetragen hat. Wie beurteilen Sie die Wettbewerbsfähigkeit des Schwyzer Tourismus mit seinen vier Regionen?

Zuerst muss man verstehen, dass im Tourismus eine Vielzahl von sehr unterschiedlichen Dienstleistungen zu einem attraktiven Produkt zusammengeführt werden. Kleinstunternehmer, welche beispielsweise eine Ferienwohnung vermieten oder ein Bed& Breakfast betreiben, Restaurants, Bergbahnen, Museen, Veranstalter von Anlässen und so weiter tragen zur Attraktivität und damit Wettbewerbsfähigkeit bei. Diese Dienstleistungen zu bündeln und so aufzubereiten, dass sie wahrgenommen und buchbar werden, sind die Herausforderungen der Tourismusorganisationen. Die Regionen konzentrieren sich dabei auf die Produktentwicklung und die regionale Vermarktung. Mit dem Instrument der Neuen Regionalpolitik (NRP) in Zusammenarbeit mit Bund und Kanton konnten dabei in den letzten Jahren einige Projekte angestossen werden, die die Wettbewerbsfähigkeit laufend weiter verbessern werden.

Darf man Schwyz als Destination bezeichnen? Was spricht dafür? Auf jeden Fall! Unter Destination versteht man einen geografischen Raum, oft einen Ort oder eine Region. Sie wird vom Gast als Reiseziel aufgrund der für einen Aufenthalt relevanten Elemente wie Landschaft, Geschichte, Unterkunft, Freizeiteinrichtungen oder sonstiger Infrastruktur ausgewählt. 2019 zählte der Kanton Schwyz insgesamt rund 7,5 Millionen Gäste, davon 5,8 Millionen Tagesgäste.

Der Tagesgast steht im Fokus, weshalb? Schwyz bietet eine unglaubliche Vielfalt, und viele Menschen nutzen unseren Kanton für Freizeit und Naherholung, aber auch für den Besuch von Brauchtum und kulturellen Erlebnissen. Schwyz hat unheimlich viel zu bieten, und das Wachstum internationaler Besucher vor der Pandemie zeigt, dass man Attraktives und Besuchenswertes bei uns findet. Für einen Besucher aus beispielsweise Schanghai, der in Zürich oder Luzern übernachtet, ist ein Ausflug mit dem ÖV von einer Stunde keine Distanz. In Schanghai fährt er immer noch durch die Stadt, bei uns erlebt er damit einen Perspektivenwechsel erster Güte. Man hat errechnet, dass ein Tagesgast im Kanton Schwyz rund vierzig Franken ausgibt. Was bietet Ihrer Meinung nach der Kanton dem Touristen dafür? Hoffentlich genau das, was sich der Gast wünscht, damit er glücklich und zufrieden heimfährt. Die Wertschöpfung bei den Tagesgästen ist sowohl regional wie auch saisonal sehr unterschiedlich. Wie andere Branchen auch befindet sich der Tourismus zurzeit in einer Krise. Wie sieht die Zukunft aus? Die Krise ist nicht selbstverschuldet. Die auferlegten Reisebeschränkungen und Massnahmen haben den Tourismus tatsächlich sehr hart getroffen. Dabei spielt die jeweilige Strategie der Unternehmen eine grosse Rolle. Unternehmen, die vor Covid- 19 viele internationale Gäste hatten, dürfen keine rasche Erholung internationaler Gäste erwarten. Hingegen wird sich die Lage für Unternehmen, die den Fokus auf Schweizer Gäste gelegt haben, nach Aufhebung der Massnahmen deutlich rascher verbessern.

Was muss man nach der Corona- Krise ändern? Es hat sich gezeigt, dass die Tourismusstrategie robust ist und auch in der Corona-Krise funktioniert. Unser Hauptfokus ist und wird der urbane Gürtel mit Luzern, Zug und Zürich und 2,5 Millionen potenziellen Gästen bleiben.

Der Kanton Schwyz lebt zu einem grossen Teil vom Tagestourismus. Wie wichtig ist das Segment der logierenden Gäste? Logiernächte sind wichtig und ergeben eine hohe Wertschöpfung. Die hohe Mobilität und die Nähe zu den Zentren, aber auch die landschaftliche Attraktivität und die Freizeitangebote haben den Kanton Schwyz zu einem begehrten Tagesausflugsgebiet gemacht. Die gute Erreichbarkeit erfordert bescheidene Übernachtung. Zudem hat Schwyz eine unterdurchschnittliche Anzahl international tätiger Firmen, welche klassischerweise Kunden oder Mitarbeitende zu Besuch haben. Was muss verbessert werden, damit mehr Übernachtungsgäste in den Kanton Schwyz kommen?

Internationale Gäste bevorzugen zur Übernachtung Städte wie Luzern oder Zürich. Aufgrund der kurzen Distanzen und der hohen Mobilität in der Schweiz reisen sie bequem für einen Ausflug zu uns. Feriengäste suchen ein spezifisches Angebot ganz nah. Zum Beispiel eine Woche Skifahren auf dem Stoos oder Familienferien im Swiss Holiday Park. Dass eine Entwicklung, wie sie der Stoos hinter sich hat, auch zu Investitionen in diesem Segment führt, zeigt übrigens René Koch mit dem Bau der Klingenstock- Lodge. Ist Schwyz nicht zu einem Überlaufgefäss für Luzern Tourismus geworden? Was unternimmt man gegen solche Tendenzen? Nichts, im Gegenteil! Durch die Zusammenarbeit mit Luzern und Zürich als touristische Hubs sind wir mit unseren Produkten und Dienstleistungen eng verbunden. Schwyz profitiert gleichermassen. Sodann haben wir viele Herausforderungen, die wir gemeinsam anpacken. In der Digitalisierung beispielsweise können wir langfristig nur miteinander erfolgreich sein. Produktinitiativen wie Mountainbike Zentralschweiz ist ein gemeinsames NRP-Projekt aller Zentralschweizer Kantone, welches unter Führung von Schwyz Tourismus umgesetzt wird.

Der touristische Masterplan sei für den Kanton die grösste Weichenstellung in der Tourismusbranche. Sie haben ihn aufgegleist, was kann der Laie darunter verstehen?

Der touristische Masterplan definiert die Tourismusstrategie des Kantons und daraus abgeleitet die Rollen und Aufgaben von Schwyz Tourismus und den vier Regionen. Damit werden Doppelspurigkeiten vermieden. Die Regionen haben sehr unterschiedliche Herausforderungen, Anspruchsgruppen und Ressourcen. Sie kümmern sich um die Systemstabilität an der Basis und haben einen Produktund Marktfokus. Schwyz Tourismus verfolgt vier Hauptstossrichtungen und kümmert sich um Rahmenbedingungen und das System, die Produktentwicklung, Digitalisierungsfragen und das touristische Netzwerk.

Wie soll der Umsetzungsplan vollzogen werden im Hinblick auf die heutige coronabedingte Krisensituation? Die Umsetzung des Masterplans ist weit fortgeschritten. Die Zusammenarbeit wird laufend optimiert und verbessert. Das Verständnis, dass wir gemeinsam erfolgreicher sind und dass man Partner und Mitbewerber gleichzeitig sein kann, hat sich in den letzten zwanzig Jahren sehr stark verbessert. Natürlich hat die Corona-Krise die Situation erschwert. Die vier Regionen leiden unter dem Rückgang der Kurtaxen. Diese sind ein wichtiger Bestandteil ihrer Finanzierung. Wenn diese fehlt, können wichtige Aufgaben nicht angepackt werden und Know-how kann verloren gehen.

In der Öffentlichkeit ist diese stete Anpassung aber auch mit Kritik zur Kenntnis genommen worden. Wer hat da noch den Überblick bei Schwyzerland, Swiss Knife Valley und jetzt Schwyz Tourismus? Vor zwanzig bis dreissig Jahren galt das Verständnis, eine Dachmarke oder Marke/Brand helfe, um die touristischen Produkte und Dienstleistungen zu vermarkten. Durch das Internet kann heute jedes Angebot direkt vermarktet werden. Schwyz Tourismus ist ein Firmenname und gibt wieder, was unsere Rolle und Aufgabe ist, nämlich die Umsetzung der kantonalen Tourismusstrategie. Eine Marke ist zum Beispiel die Rigi. Die Rigi Bahnen und RigiPlus AG als Region haben also sehr wohl die Bekanntheit der Marke im Fokus und machen dies ja auch sehr gut. Oder «Ächt Schwyz»: Gemeinsam mit GastroSchwyz vor fünf Jahren entwickelt, hat sich die Schwyzer Küche in 40 Restaurants auf der Speisekarte etabliert. Die Beliebtheit zeigt sich im Verkauf von Gutscheinen, welche jährlich stark zunimmt. Die Marke wird nun im Rahmen der «Hopp Schwyz»Kampagne weiterentwickelt.

Zur Person

eg. Franz-Xaver Strüby ist am 23. Februar 1966 geboren. Er ist verheiratet und lebt in Schwyz. Franz-Xaver Strüby ist von Beruf lic. rer. pol./ dipl. Masch. Ing. HTL. Zu seinen Hobbys gehören Tourismus und Sport allgemein.

«Die Arbeitsplätze befinden sich oft in eher strukturschwachen Tälern und Gemeinden.» «Im Jahr 2019 zählte der Kanton Schwyz 7,5 Millionen Gäste.» «Die Reisebeschränkungen haben in der Tat den Tourismus sehr hart getroffen.» «Der Kanton Schwyz profitiert von Luzern und Zürich.» «Die Regionen haben sehr unterschiedliche Herausforderungen und

Ressourcen.» «Die vier Regionen leiden unter dem Rückgang der Kurtaxen.»

Der Schwyzer Franz-Xaver Strüby leitete bis zum 31. Dezember Schwyz Tourismus als Präsident. Foto: Erhard Gick

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