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«Unsere Einsatzkräfte handeln mit Augenmass»

«Unsere Einsatzkräfte handeln mit Augenmass» «Unsere Einsatzkräfte handeln mit Augenmass»

Nach 26 Jahren prägender Polizeiarbeit geht Major Hans Purtschert Ende Januar in Pension. Vieles trägt seine Handschrift.

ERHARD GICK

Sie treten Ende Monat in den Ruhestand, beunruhigt Sie das?

Einesteils fühle ich mich gesund, fit und motiviert, Neues anzupacken. Anderenteils höre und sehe ich zumindest auch viele Jungpensionäre, welche, vermutlich nach einer Angewöhnungsphase, dies gut gemeistert haben. Ich bin somit zuversichtlich, dass auch mir das gelingt. Wenn man sich im Korps umhört, heisst es, sie seien sehr loyal, pflichtbewusst, ein Polizeibeamter mit Herzblut, aber trotzdem menschlich geblieben. Wie packt man das als Chef unter einen Hut? Es freut mich, das zu hören. Ich hatte die Möglichkeit, neben den Führungsarbeiten diverse Ersatzund Neuprojekte im Korps und in Teilen weiter übergreifend zu führen und zum Abschluss zu bringen. Das Ziel war immer, das jeweilige Produkt schliesslich mit den künftigen Nutzern und den Vorstellungen meiner Auftraggeber unter einen Hut zu bringen. Es ist mir gut gelungen, wenn mit offenen, gegenseitig konstruktiven Betrachtungen Details geklärt werden konnten. Natürlich gehörten auch «chibige» Auseinandersetzungen dazu, dies aber immer der Sache dienend. Kollegen aus der polizeilichen Führungsetage haben immer wieder den Arbeitgeber gewechselt. Sie blieben Schwyz treu. Wie verbunden fühlen Sie sich mit der Kantonspolizei Schwyz? Ich fühle mich mit der Kantonspolizei sehr verbunden. Es bot sich in den vergangenen 26 Jahren die Gelegenheit, zusammen mit vielen Mitbeteiligten ganz unterschiedliche Aufgabenstellungen und Projekte umzusetzen. Als Garantin für ein sicheres Leben im Kanton Schwyz kann die Kantonspolizei bestmöglich auf die Sicherheitsbedürfnisse der Bevölkerung eingehen.

Hat es Sie nie gereizt, das Kommando selbst zu übernehmen? Einen Eindruck Ihrer Fähigkeiten haben Sie vor der Amtseinsetzung von Lorenzo Hutter als interimistischer Kommandant gegeben. Ich habe mich damals auch beworben. Im Auswahlverfahren zeigte sich, dass mein Platz doch näher in einer leitend ausführenden Funktion ist. Sie haben in Ihrer 26-jährigen Laufbahn einige Kommandanten erlebt. Wie haben Sie diese Wechsel in der Führung erlebt? Als eine zusätzliche Herausforderung, um mit dem bisher Erreichten die künftige Ausrichtung gemäss den neuen Kommandanten entsprechend zu justieren. Ich sage bewusst «justieren », weil insgesamt der Fokus auf den Auftrag nach wie vor stimmte und damit, auf dem Bestehenden aufbauend, gezielt neue Schwerpunkte in Initialisierung und Ausführung gelegt werden konnten.

Sie hinterlassen bei den Zentralschweizer Polizeikorps einen sichtbaren Eindruck mit einheitlichen Polizeiuniformen. Freut es Sie, dass Sie diesbezüglich die treibende Kraft gewesen sind?

Ja, sehr, weil es das Resultat einer fortschrittlichen und guten Zusammenarbeit über die eigenen Korpsgrenzen hinaus, innerhalb der Zentralschweizer Polizeikorps, darstellt. Dies im Rahmen des Projektes «Polizei XXI» im Zentralschweizer Polizeikonkordat.

Weshalb war es nötig, diese Vereinheitlichung herbeizuführen?

Im Projekt «Polizei XXI» stand beispielsweise im Themengebiet Logistik das Gemeinsame, die Vereinheitlichung bei nach wie vor eigenständig operierenden Polizeikorps im Fokus. Im Rahmen einer Auslegeordnung wurde festgestellt, dass im Zeitraum 2011/2012 bei allen Korps ordentliche grössere Ersatzbeschaffungen im Uniformund Ausrüstungsbereich anstanden. Es war somit der richtige Zeitpunkt für das Gemeinsame und die Vereinheitlichung. Sie haben sich mit der Beschaffung der Infrastruktur der Kantonspolizei Schwyz beschäftigt. Ist sie ein modernes Korps? Die Kantonspolizei konnte mit massvollen Beschaffungen und in kontinuierlicher Überprüfung des Auftrages verschiedene Neu- und Erneuerungsprojekte umsetzen. Unsere Arbeitsinstrumente und Ausrüstungen sind aktuell, und Künftiges ist zweckmässig angedacht. Ja, die Kantonspolizei Schwyz ist ein modernes Korps.

Polycom ist das moderne Kommunikationssystem der Polizei, durch Sie eingeführt. Ist das mit der Einführung modernster Telefonie nicht bereits wieder überholt? Polycom bietet jetzt und in Zukunft für die Behörden und Organisationen für Rettung und Sicherheit (Bors) schweizweit eine einheitliche Kommunikationsplattform mit einer hohen Verfügbarkeit und Versorgungsautonomie. Insbesondere die letztgenannten Kriterien können aktuell mit der Telefonie für den geforderten sicherheitsrelevanten Auftrag der Bors noch nicht gewährleistet werden. Polycom funktioniert tagtäglich schweizweit und ist praxiserprobt. Im Rahmen des Projekts Werterhaltung Polycom 2030 (WEP2030) erfolgt eine gesicherte, kontrollierte Erneuerung.

Aber der Bund hat den Aufbau eines eigenen Mobilfunknetzes für Polizei, Feuerwehr und andere Blaulichtorganisationen angekündigt. Mit dem 5G-Standard soll das möglich sein. Ersetzt das die «veraltete» Funktechnologie?

Wie erwähnt, erfolgt die Erneuerung des schweizweiten Sicherheitsfunknetzes Polycom (WEP2030). Der Einsatz für die Bors verlangt aus nachvollziehbaren Gründen besondere Vorkehrungen. Eine mittel- bis langfristige Umstellung erfordert diesbezüglich eine sorgfältige Planung, ist aber nicht ausgeschlossen.

Sie haben die Fahrzeugflotte der Polizei erneuert. Wann werden Elektrofahrzeuge bei der Schwyzer Polizei Einzug halten, ist das überhaupt realistisch? Bei anstehenden Ersatzbeschaffungen ist das sicher ein Thema, wenn die entsprechenden Anforderungen für den zugeordneten Einsatzzweck auch mit Elektrofahrzeugen zweckmässig erfüllt werden können.

Früher waren die Schwyzer Polizeibeamten mit dem schwarzen Büchlein unterwegs, heute mit modernen Hybrid-PCs. Können Sie das erklären, was es damit auf sich hat?

Es ist faktisch das schwarze Büchlein in zeitgemässer Ausgabe. Das Gerät ist viel umfangreicher mit aktualisierten Informationen ausgestattet und für die Tatbestandsaufnahmen direkt vor Ort bestens geeignet. Sie haben die Zeit von der Schreibmaschine zum modernen Kommunikationsmittel PC mitgemacht und mitgestaltet. Wie haben Sie diese Modernisierung erlebt? Bei meinem Eintritt im April 1995 gab es erst wenige PCs, als Hauptschreibinstrument galt die Schreibmaschine. Schrittweise erfolgte die Einführung von Informatikmitteln, dies verbunden mit den notwendigen Schulungen und Instruktionen. Schrittweise und gut vorbereitet wurde diese Modernisierung eingeführt und gemeistert. Dies ging einher mit dem rückwärtigen Personal für den notwendigen Support.

Was haben Sie in Ihrer langjährigen Polizeikarriere nicht beenden können, was Sie gerne getan hätten? Es ist nicht wichtig, was ich gern getan hätte. Ich habe meine Aufgabe immer darin gesehen, im Rahmen meiner Auftragserfüllung für die Bevölkerung im Kanton Schwyz unsere Polizei als Garantin für Sicherheit und Einsatzbereitschaft zu stärken. Als Polizist hat man oft mit Verbrechen zu tun. Wie steckt man das als Mensch weg? Vereinzelte Einsätze, in meinem Fall hauptsächlich als Pikettoffizier und insbesondere bei Unfällen auf der Strasse und in den Bergen, führten auch bei mir zu sehr tief gehenden, berührenden Momenten. Die Natur hilft mir dabei für die Verarbeitung.

Gibt es trotzdem Sachen, die Sie über längere Zeit oder immer noch beschäftigen? Wie erwähnt, für einzelne Ereignisse braucht es jedoch mehr Zeit, und ich will sie für mich ruhen lassen.

Gab es besonders erfreuliche Momente Ihrer Karriere, im polizeilichen Umfeld oder Begebenheiten in der Bevölkerung? Ja, die gab es, und das freut mich ganz besonders für die Direktbetroffenen und deren Liebsten. Zum Beispiel wenn bei Suchaktionen nach Kindern oder Erwachsenen die Gesuchten wohlauf wieder in die Obhut der Eltern beziehungsweise der Partner gebracht werden konnten.

Der Beruf des Polizisten ist zunehmend anspruchsvoller geworden. In letzter Zeit wurden Polizisten auf die Anklagebank geordert. Als Polizist gerät man oft ins Kreuzfeuer des Bürgers. Was geht in Ihnen vor, wenn Kollegen und Kolleginnen vor den Richter zitiert werden? In Ausübung des polizeilichen Grundauftrages müssen aufgrund aktueller Beurteilungen auch Aufgaben wahrgenommen werden, welche eine gewisse Strenge erfordern. Der Grundsatz der Verhältnismässigkeit ist dabei massgebend. Die letzten Gerichtsentscheide bestätigen, dass unsere Einsatzkräfte geeignet und mit Augenmass gehandelt haben. Unsere Aus- und Weiterbildungen in diesem sensiblen und herausfordernden Bereich werden bestätigt.

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Hans Purtschert in der von ihm mitgestalteten Einsatzzentrale der Kantonspolizei Schwyz. Foto: Erhard Gick

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