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«Eigentlich geht es mir gut»

«Eigentlich geht es mir gut» «Eigentlich geht es mir gut»

Interview mit dem Unteriberger Skirennfahrer Urs Kryenbühl nach seinem schweren Sturz in Kitzbühel

Nach seinem schweren Sturz bei der Weltcup-Abfahrt in Kitzbühel vor einer Woche weilt Urs Kryenbühl zur Genesung in Unteriberg. Der Einsiedler Anzeiger besuchte den 27-Jährigen zu Hause. Wie er im Interview erklärt, geht er davon aus, seine Karriere fortsetzen zu wollen.

KONRAD SCHULER

Wie geht es dir, Urs, ein paar Tage nach dem schweren Sturz?

Ich fühle mich gut, den Umständen entsprechend gut, muss man wohl sagen. Wie erlebtest du den Sturz und die Minuten danach? Von der gesamten Fahrt auf der Streif weiss ich alles bis etwa zur Mitte des langen Fluges beim Zielsprung. Von da an kann ich mich an nichts mehr erinnern, was sich auf der Piste und beim Transport ins Spital zugetragen hat. Ich weiss aber noch, dass sich der linke Ski beim Sprung weniger senkte als der rechte. Diesen rechten Ski brachte ich einfach nicht mehr rauf. Ob der Wind im Spiel war, oder ob einfach die Oberluft bei diesem Tempo die Ursache war, kann ich nicht genau beurteilen. Mir hat man zudem gesagt, dass ich im Zielraum Fragen beantwortet habe. Auch daran kann ich mich nicht erinnern. Erst von den Abläufen im Spital weiss ich wieder Bescheid. Was alles brachten die medizinischen Untersuchungen zum Vorschein? Ich hatte eine Gehirnerschütterung, das Schlüsselbein in der rechten Schulter ist gebrochen, das Innenband des rechten Knies ist angerissen und das Kreuzband vorne im rechten Knie ist ganz gerissen. Was hat nun für dich Priorität?

Wichtig ist für mich jetzt, dass ich viel Ruhe habe und viel schlafen kann. Wie geht es weiter auf dem Weg zur Genesung?

Beim Schlüsselbein habe ich offenbar einen geraden Bruch. Am Donnerstag dieser Woche, genau am Tag meines 27. Geburtstags, werde ich bei Walter O. Frey und weiteren Spezialisten in der Universitätsklinik Balgrist in Zürich geröntgt. Dann gibt es Gespräche darüber, ob das Schlüsselbein operiert werden muss oder nicht. Das Knie wird ebenfalls von verschiedenen Ärzten genauer untersucht. Auch da geht es danach darum, in einem Gespräch und einem vielleicht noch länger andauernden Entscheidungsprozess herauszufinden, ob ein operativer Eingriff Sinn macht oder nicht. In der Zwischenzeit habe ich mit verschiedenen Sportlern gesprochen, die auch eine solche oder ähnliche Verletzung hatten. Darunter waren solche, die sich operieren liessen, und solche, die keine Operation hatten. Und es gibt solche, die ohne und mit Operation den Genesungsverlauf bewältigt haben.

Wie sieht die mittelfristige Zukunft aus?

Ich will mir die nötige Zeit geben, um zusammen mit den Ärzten gute Lösungen und Entscheide zu finden. Was die gesundheitlichen Aspekte betrifft, werden wir gemeinsam die Befunde analysieren und danach zusammen in Gesprächen Wege suchen. Wie gehst du um mit den weiteren Wettkämpfen deiner Konkurrenz?

Ich habe die zweite Abfahrt in Kitzbühel und den Super-G teilweise im Fernsehen mitverfolgt. Um mich zu schonen, habe ich aber bewusst nicht die ganzen Rennen angesehen. Ich habe auch künftig vor, die weiteren Rennen am Bildschirm mitzuverfolgen. Ich bin nun halt vom Athleten zum Fernsehzuschauer geworden. Hand aufs Herz: Wie weh tut es, nicht an die Weltmeisterschaften fahren zu können und die Chancen in der Abfahrt und im Super-G wahrnehmen zu können?

Momentan tut mir das Schlüsselbein mehr weh. Natürlich, es wäre etwas möglich gewesen, das ist klar. Ich muss das Ganze aber so ansehen, wie es ist. Alles andere bringt nichts. Eigentlich geht es mir gut. Die Dankbarkeit überwiegt klar, dass es nicht schlimmer ausgegangen ist. Kannst du schon was sagen über die weitere Zukunft? Priorität hat jetzt zuerst ganz klar, dass ich wieder gesund werden will. Nachher werde ich weiterschauen. Es ist jetzt wichtig, das Eine nach dem Anderen zu machen. Falls ich gesundheitlich und körperlich wieder vollkommen fit werde, denke ich schon, meine Karriere fortzusetzen. Die Chancen wären ja dann wohl intakt, dass ich auf einem ähnlich hohen Niveau weiterfahren könnte, wie ich es erfreulicherweise bis zu diesem Sturz hatte. Hat Urs Kryenbühl neben dem klaren Willen, vollständig zu genesen, noch andere Wünsche und Anliegen? Auch wenn ich noch viele Reaktionen nicht gelesen oder angeschaut habe von den vielen, vielen Wegbegleitern und Fans in meinem Leben, freut es mich ausserordentlich, dass die Anteilnahme enorm gross ist. Ich danke an dieser Stelle allen ganz herzlich für dieses tolle Mitgefühl. Lieber Urs, besten Dank für deine Bereitschaft, Auskunft zu erteilen. Auch wir wünschen dir natürlich von Herzen baldige und vollständige Genesung.

«Ich bin nun halt vom Athleten zum Fernsehzuschauer geworden.»

Urs Kryenbühl

Vor dem Sturz auf der Streif: Urs Kryenbühl mit seinen zwei Pokalen, die er in dieser Saison schon gewonnen hat. Foto: Konrad Schuler

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