Veröffentlicht am

«Mehr Interesse für den Menschen»

«Mehr Interesse für den Menschen» «Mehr Interesse für den Menschen»

So hat die Corona-Pandemie das Leben in Einsiedler Vereinen verändert – nicht nur zum Negativen

In Zeiten von Corona sind fast alle Veranstaltungen abgesagt. Menschen sollen ihre Kontakte minimieren. Das betrifft besonders Vereine hart – deren Ziel es ja gerade ist, Menschen mit gleichen Interessen zusammenzubringen. Miteinander die Freizeit zu verbringen. Doch die Pandemie kreiert auch Neues. Positives. Ein Augenschein.

WOLFGANG HOLZ

«Bei uns ist das Vereinsleben aktuell etwas zum Stillstand gekommen. Der Lockdown im vergangenen Frühling und die weiteren Verschärfungen der Massnahmen gegen Ende des Jahres haben dazu geführt, dass wir viele Veranstaltungen absagen mussten», bringt es Melanie Haunsperger-Diener, Präsidentin des rund 600 Mitglieder zählenden Frauenvereins Einsiedeln, auf den Punkt.

Wobei die Generalversammlung 2020 noch kurz vor dem Lockdown über die Bühne gehen konnte. Sie selbst steckte sich auch Anfang des Jahres 2021 mit dem Coronavirus an. Inzwischen ist sie wieder gesund. «Die Krankheit war für mich eine grosse Herausforderung – das ist nicht nur einfach eine leichte Grippe.» Heute Frauengottesdienst

Doch auch beim Frauenverein Einsiedeln geht das Leben im Angesicht der Pandemie weiter. «Heute Morgen um 9 Uhr findet wieder ein Frauengottesdienst in der Jugendkirche statt», teilt die 43-Jährige freudig mit. 50 Personen wären zur Messe zugelassen. Die Kollekte des Gottesdienstes sei gedacht für den Solidaritätsfonds für Mutter und Kind des Schweizerischen Katholischen Frauenbundes.

Frauengottesdienste habe man auch im vergangenen Jahr feiern können, je nach Personenanzahlbeschränkung. Ebenso wie den Alleinstehendenabend vergangenen November. «Zu diesem Anlass kamen weniger Gäste als üblich und so konnten wir die Hygienemassnahmen gut einhalten », so die Frauenvereins-Präsidentin. Die beiden beliebten Kinderkleiderbörsen im Frühling und Herbst und die Vereinsreise seien dagegen abgesagt worden.

WhatsApp-Chats Anstatt der Generalversammlung im Februar können die Mitglieder nun schriftlich abstimmen. Andererseits würde der Vereinsvorstand im Whats-App-Chat, per E-Mail oder für die nächsten Sitzungen auch via Zoom gut miteinander kommunizieren.

«Der Frauenverein lebt jedoch von den persönlichen Begegnungen », sagt Haunsperger-Diener. Ein Modell für die Zukunft? «Wir werden das im Vorstand mal als Anregung aufnehmen und darüber diskutieren, insbesondere wenn die Massnahmen noch länger andauern», so die Präsidentin. «Höchste Priorität hat natürlich die Gesundheit unserer Mitglieder. Bis wir uns alle wieder unbeschwert treffen können, braucht es noch Geduld. Wir Frauen geben die Hoffnung auf bessere Zeiten natürlich nicht auf.» Auch der Kynologische Verein in Einsiedeln bekommt die Auswirkungen der Pandemie zu spüren. «Jetzt im Winter würde eigentlich das Hallentraining mit unseren Hunden stattfinden», erklärt Präsident Martin Koch. Doch solche Vorhaben seien infolge des Coronavirus stillgelegt. Zwar habe man im Sommer mit den Hunden Trainings abhalten können, aber nicht alle Agility-Veranstaltungen etwa seien planmässig über die Bühne gegangen.

Und doch hat Martin Koch trotz den Pandemie-Einschränkungen das Gefühl, «dass der Verein mehr zusammengewachsen ist.» Das liegt seiner Ansicht nicht nur daran, dass die rund 30 Mitglieder des Kynologischen Vereins in fünf Whats-App-Gruppen inzwischen organisiert seien, in denen sich die Hundefreunde regelmässig austauschen.

«Wir sind wie eine Familie, und man hat den Eindruck, die Mitglieder interessieren sich seit der Pandemie mehr füreinander, für den Menschen», sagt Koch. Er selbst würde bei seinen Mitgliedern im Chat oder auch am Telefon öfters nachfragen, ob sie gesund seien. Wie es ihnen gehe. «Für mich fängt nämlich das Vereinsleben erst nach den organisatorischen Tätigkeiten und Veranstaltungen an», ist er überzeugt. Natürlich würden die Mitglieder des Kynologischen Vereins Einsiedeln auch noch mit ihren Hunden gemeinsam Gassi gehen. «Zu zweit oder zu dritt eben.» Ganz im Sinne eines lebendigen Vereinslebens.

Mehr Fischereikarten verkauft Der Fischereiverein Einsiedeln findet die Pandemie auch sehr belastend fürs Vereinsleben. «Wir empfinden die Situation als sehr schwierig», sagt Präsident Daniel von Burg. Das Vereinsleben der rund 200 Mitglieder sei zum Erliegen gekommen. Gemeinsame grosse Fischanlässe stünden nicht mehr auf dem Programm.

«Geblieben ist vor allem das freie Fischen am Sihlsee», so von Burg. Eine Freizeitbeschäftigung, die offensichtlich in Zeiten von Corona immer beliebter geworden ist. Denn auch wenn Fischer vom Prinzip her Einzelgänger seien, würden sich Fischer aus dem Verein hin und wieder miteinander per Whats-App-Chat zum Fischfangen verabreden.

Mehr Fischereikarten verkauft Und nicht nur das. «Im letzten Jahr haben wir deutlich mehr Fischereitageskarten zu je 30 Franken als in anderen Jahren verkauft. Genauer gesagt, handelt es sich um rund 3000 Stück», bilanziert der Fischervereins- Präsident. «Das ist sehr erfreulich für den Verein». Zudem habe man rund 700 Saisonkarten veräussert. Klar, in Zeiten der Pandemie sind Fischen und Angeln Hobbys, bei denen man prima für sich allein sein kann.

«Wir Frauen geben die Hoffnung auf bessere Zeiten natürlich nicht auf.»

Melanie Haunsperger-Diener, Frauenverein Einsiedeln

«Für mich fängt nämlich das Vereinsleben erst nach den organisatorischen Tätigkeiten und Veranstaltungen an.»

Martin Koch, Kynologischer Verein

Traditionelle Versammlungen wie GV sind momentan wegen Corona undenkbar – aber es muss ja nicht immer eine GV sein, um sich als Vereinsmitglied integriert zu fühlen.

Foto: EA-Archiv

Share
LATEST NEWS