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«Ich hab jeden Viertausender bestiegen – ausser einem»

Der SAC Einsiedeln läuft zur Hochform auf. Der 60-jährige Hubert Späni, Tourenchef beim Alpenclub, schildert, wieso dass immer mehr Tourengänger unterwegs sind.

MAGNUS LEIBUNDGUT

Freuen Sie sich über den vielen Schnee, der in der Region Einsiedeln gefallen ist? Ja klar: Das sind beste Voraussetzungen für alle Schneesportarten.

Wo ist derzeit die Lawinengefahr besonders gross? Schattige Nordhänge bilden derzeit das grösste Risiko. Einerseits hat der Föhn viel Schnee in diese Hänge geblasen. Andererseits ist die alte Schneeschicht darunter sehr schwach. Inwiefern wird der SAC Einsiedeln von der Corona-Pandemie tangiert? Bei der ersten Welle im Frühling haben wir die gesamte Tourentätigkeit komplett eingestellt. Zurzeit machen wir Touren mit maximal fünf Mitgliedern. Grundsätzlich halten wir uns an das Jahresprogramm, verlegen aber unsere Touren vermehrt in unsere Region, damit eine kurze und individuelle Anreise möglich ist. Da kommt natürlich der viele Schnee sehr gelegen. Jetzt sind Touren von der Haustüre weg möglich. Die Senioren hingegen haben ihre Tourentätigkeit ziemlich eingeschränkt.

Sind die Hütten wegen des Virus geschlossen worden?

Leider ja. Im Winterhalbjahr wirten wir in der Furggelen und auf dem Tritt. Hier fehlt natürlich nun der Zustupf in die Clubkasse. Und was ich selber sehr vermisse, ist das gesellige Zusammenhocken.

Haben sich Mitglieder des SAC Einsiedeln mit dem Coronavirus angesteckt? Ich kenne Mitglieder, die infiziert waren. Was mich als Tourenchef erfreut, ist der Umstand, dass noch keine Mitglieder nach einer Tour in Quarantäne mussten. Das zeigt, dass das Schutzkonzept funktioniert. Erleben Skitouren in diesen Zeiten einen Boom?

Das stelle ich in der Tat fest: Es sind viel mehr Tourengänger unterwegs als in früheren Jahren. Vor allem auf den leichteren klassischen Routen sind viele Türeler unterwegs. Als Beispiel ist zu erwähnen, dass am vorletzten Samstag gegen 300 Personen auf dem Stöcklichrüz waren. Dank des Schneesegens konnte man in Lachen starten und auch direkt wieder zurückfahren. Das hat den Vorteil von kurzen Anfahrtswegen (wegen Corona), und in dieser Höhenlage ist das Lawinenrisiko weit geringer als in den Alpen. Welche Sportarten liegen im Trend? Ganz bestimmt diejenigen, die draussen stattfinden, sommers wie winters. Dies stellte ich aber schon vor der Corona-Pandemie fest. Was jetzt besonders auffällt, sind die vielen jungen Leute, die in den Bergen anzutreffen sind. Wie entwickelt sich der SAC Einsiedeln? Schon seit einigen Jahren steigt die Mitgliederzahl ständig an. Vor allem ganze Familien und junge Leute tragen zu dieser Entwicklung bei. Aktuell haben wir über 800 Mitglieder und dürften wohl einer der grössten Vereine in Einsiedeln sein.

Verändern sich Angebot und Programm des SAC Einsiedeln laufend? Grundsätzlich bieten wir das ganze Jahr über Bergtouren an. Dafür steht der Club ja da. Natürlich passen wir das Angebot immer wieder der Nachfrage an. Erfreulicherweise steigt die Zahl der Touren, die auf Frauen ausgerichtet sind, stetig an. Das ist unseren engagierten Tourenleiterinnen zu verdanken. Welche Perspektiven hat der SAC Einsiedeln? Der Trend hin zur Bewegung in der Natur wird anhalten. Der SAC hat auch in Zukunft die wichtige Aufgabe, seinen Mitgliedern sichere, umweltverträgliche und respektvolle Bergerlebnisse anzubieten.

War es Ihr Bubentraum, Tourenchef zu werden?

Oh nein. Ich bin spät in diese Familie hineingeraten. Es hat mich dann aber richtig gepackt. Und mit Bergführer Franz Zürcher hatte ich einen guten Mentor. Ich habe jeden Viertausender in der Schweiz bestiegen – ausser einem: Das Bishorn im Kanton Wallis werde ich als letzten Berg auch noch in Angriff nehmen. Was zeichnet einen guten Tourenchef aus?

Die Fähigkeit, andere zu einer Leistung zu motivieren. Für die Tourenleiterinnen und -Leiter da zu sein, wenn man gebraucht wird, und immer wieder neue Ideen zu entwickeln, die den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken. Foto: Franz Zürcher

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