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Kein Spiel, kein Training, kein Team

Kein Spiel, kein Training, kein Team Kein Spiel, kein Training, kein Team

Juniorinnen-B-Trainer Hansjürg Kälin und Damen-Goalie Melanie Schönbächler erzählen, wie es ihnen so ganz ohne Fussball geht

Wie ein Leichentuch liegt der Schnee über dem Fussballplatz des FC Einsiedeln. Aber nicht nur draussen gibts kein Training und keine Spiele. Auch in der Halle herrscht wegen Corona Fussballflaute. Nichts geht mehr. Wie gehts Ballliebhabern so ganz ohne Rundes?

WOLFGANG HOLZ

Es ist schon fast eine halbe Ewigkeit her, dass sie mit ihren Teamkameradinnen auf dem Fussballplatz stand. «Mitte Oktober hatten wir unser letztes Spiel – das wir verloren haben», erinnert sich Melanie Schönbächler. Die 25-Jährige ist seit knapp zwei Jahren Goalie in der Damenmannschaft des FC Einsiedeln, die in der dritten Liga spielt.

«Ich vermisse das regelmässige Zusammensein mit der Mannschaft schon sehr – und natürlich auch das Tschuten», bekennt die Firmenkundenberaterin bei der Raiffeisenbank. Die Trachslauerin, die 2006 mit einer Freundin das erste Mal das Juniorinnen-D-Training beim FC Einsiedeln besuchte, liebt den Fussball. «Ich habe früher immer gerne mit den Nachbarskindern im Quartier gekickt», erzählt sie. Sie sei generell ein Fan von Teamsport: «Man ist nicht alleine, man gewinnt und verliert zusammen.» Ausserdem mag sie es, draussen, «unter freiem Himmel», Sport zu treiben.

Aber wie wird man, pardon frau, denn zum Goalie? Schliesslich ist dessen Job im Tor nicht immer ein Zuckerschlecken. «Das war Zufall», sagt Melanie Schönbächler. Sie habe früher meist im Mittelfeld gespielt. Dann brauchte die Damenmannschaft plötzlich dringend einen Goalie – und sie wechselte spontan zwischen die Pfosten. «Selbstverständlich muss man als Goalie ab und zu körperlich einiges einstecken – Knietritte, Ellenbogenstösse oder gar einen Schuhabdruck», sagt sie und grinst. «Aber das geht ja wieder vorbei.» Wobei sie als leidenschaftlicher Fan von Manuel Neuer im Stile eines Liberos von vorneherein versucht, den Gegner gleich gar nicht so nahe ans Tor kommen zu lassen. Und wenn gegnerische Stürmer dann doch vor ihrer Nase aufkreuzen? «Dann probiere ich, durch Körperbewegungen und mit fuchtelnden Armen den Gegner beim Torschuss zu stören», verrät sie eine ihrer Taktiken.

Beim Elfmeter schaut sie der Schützin gleich ganz tief in die Augen – um Einfluss auf deren Schuss zu nehmen und um vorauszuahnen, in welche Ecke der Ball kommen könnte. «Das blödste Tor, das ich bislang kassiert habe, war ein Lupfer – weil ich zu weit vor dem Tor stand», sagt sie. Und die höchste Niederlage? «Ein Null-zu-Acht», meint sie gelassen. Generell grämt sie sich nicht so, wenn sie viele Tore kassiert – solange die Mannschaft am Ende gewinnt. «Ein 6:5 ist mir allemal lieber als ein 0:0», sagt sie.

Wintersport halt als Ersatz Aber eben. Mit Mannschaft und Fussball läuft derzeit nicht viel. «Das ist schade, denn wir unternehmen auch nach den Spielen viel gemeinsam, gehen mal zusammen essen oder eins ziehen. » Einmal im Monat trifft sich die ganze Mannschaft, um zusammen etwas trinken zu gehen. «Wir tauschen uns dann in der Mannschaft aus – wir haben wirklich ein cooles Team», schwärmt Melanie Schönbächler. Jetzt treibe sie halt viel Wintersport. «Sonst läuft sportlich nicht viel. Gottseidank kann man sich im Augenblick ja noch zu fünft treffen», ist die junge Frau, die auch gerne in alle Welt verreist, froh. Und wann ist wohl das nächste Spiel? «Vermutlich im Sommer – wenn ein Grossteil gegen Corona geimpft ist», glaubt sie.

Auch Hansjürg Kälin vermisst seine Mannschaft. Der 51-Jährige ist schon seit 22 Jahren Trainer in der Damenabteilung des FC Einsiedeln. Er trainiert die Juniorinnen- B-Mannschaft im Verein. Bei den Juniorinnen B spielen Mädchen bis im Alter von 16 Jahren. «Beim FC Einsiedeln gibt es zusammen mit den Spielerinnen der Damenmannschaft rund 40 Frauen und Mädchen, die fussballbegeistert sind», so Kälin. Eine stattliche Zahl. Und nicht nur das. Der Werkzeugmacher ist überzeugt, dass der Damenfussball in den letzten Jahren an Beliebtheit sehr gewonnen hat. Bei Hansjürg Kälin kommen alle zum Einsatz «Auch die spielerische Entwicklung hat extrem zugenommen», versichert der Trainer. Früher hätten manche Spielerinnen kaum einen Ball stoppen können, wenn sie mit dem Fussball begonnen haben, erzählt er. Heutzutage seien die Spielerinnen taktisch und technisch viel weiter. Und trotzdem wird er manchmal immer noch gefragt, warum er eigentlich Damentrainer sei. Nach dem Motto: Wie er das bloss aushalte.

«Doch Frauen sind viel weniger wehleidig auf dem Platz, spielen kein Theater nach Fouls.» Selbstverständlich sei das Spieltempo geringer. Aber das macht ihm nichts aus. Er freut sich am Spiel der Juniorinnen. «Bei mir darf jede spielen, die in der Mannschaft ist – es geht ja um den Spass und die Freude.» Eine lockere Einstellung, die bei den Mädchen offensichtlich gut ankommt und sich auch herumspricht. «Wir haben jüngst sieben neue Spielerinnen im Team.» Aber dann kam eben Corona. Auch er ist mit seiner Juniorinnen- Mannschaft schon seit Monaten nicht mehr auf dem Fussballplatz gestanden. «Ende September hatten wir das letzte Training. Es gab danach kein Spiel mehr. Kein Training mehr», sagt er traurig. Wobei die Saison im Fall der Juniorinnen B einfach abgebrochen und gewertet wurde. Das war zu verschmerzen. «Wir haben mit dem dritten Platz abgeschlossen – es wären nur noch vier Matches zu spielen gewesen», berichtet Kälin.

Nun steht er mit seinen 20 Juniorinnen- Fussballerinnen vor allem nur noch per Internet-Chat im Kontakt. «Wir schreiben uns halt, was so läuft und was so geht», sagt der FCE-Trainer. Hansjürg Kälin kümmert sich auch um die Fitness seiner Spielerinnen. «Ich gebe ihnen per Mannschaftschat Übungen fürs Krafttraining, für die Beine und für den Rumpf beispielsweise », sagt er. Jede seiner Spielerinnen schickt ihm dann zur Trainingskontrolle ein kleines Video zurück, auf dem die Fussballerinnen bei ihren Übungen zu sehen seien. Er selbst halte sich auf dem Heimtrainer, per Terraband und Langlauf fit. «Normalerweise würden wir im Winter einmal pro Woche in der Halle Fussball spielen und gemeinsam Joggen gehen», sagt er.

Hoffen aufs Trainingslager

Und wann gehts draussen wieder weiter? «Ich hoffe, dass wir im März im Freien trainieren können», sagt er. Vor allem würde er sich freuen, wenn das geplante Trainingslager im Tessin nicht wegen Corona auch noch ins Wasser fallen würde. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.

«Das ist schade, denn wir unternehmen auch nach den Spielen viel gemeinsam, gehen mal zusammen essen oder eins ziehen.»

Melanie Schönbächler, FCE-Goalie

«Wir schreiben uns halt im Chat, was so läuft und was so geht.»

Hansjürg Kälin, FCE-Juniorinnen-B-Trainer

Vermisst sein Team: Trainer Hansjürg Kälin (links) und die Juniorinnen B des FC Einsiedeln. Fotos: zvg

Vermisst ihr Team: Goalie Melanie Schönbächler (blaues Trikot) von der Damenmannschaft.

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