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«Ein Australier wünschte sich ein Känguruh»

«Ein Australier wünschte  sich ein Känguruh» «Ein Australier wünschte  sich ein Känguruh»

Seit Tagen erfreuen an der Luegetenstrasse originelle Schneeskulpturen die Passanten. Olenka Jud lässt sich immer wieder etwas Neues einfallen.

VICTOR KÄLIN

Einen Schneemann hat schon jeder einmal in seinem Leben gebaut. Aber ein Känguruh samt Jungtier, ein philosophierender Snoopy, eine Harley Davidson … Woher diese Passion? Die Harley ist nicht von mir (lacht). Ich glaube, da hat sich jemand von meinen Skulpturen inspirieren lassen. Das ist doch super!

Warum machen Sie das?

Ich bin grundsätzlich eine kreative Person. Mit den Kindern bastle ich oft zu Hause. Und im Winter gehts nach draussen. Es waren denn auch meine Kinder, die statt eines Schneemannes etwas anderes wünschten – zum Beispiel eine Disney-Figur oder ein Auto, in welches man hineinsitzen kann. Die Freude der Kinder ist auch meine Freude. Und ich realisierte, dass mir die Arbeit an der frischen Luft erst noch sehr gut tut. Es ist eine beruhigende Tätigkeit. Reagieren auch Erwachsene?

Ja, sehr oft. Ein Australier sah mein grosses Krokodil und meinte: Ein Känguruh wäre auch noch toll. Ein Nachbar von mir hat damit begonnen und nach kurzer Zeit gemeint, ich soll das Känguruh fertig machen.

Was geht – und was nicht?

Ein Kind wünschte sich eine Giraffe. Ich musste ihm erklären, dass dieses Tier zu fein, zu filigran ist. Nichts darf zu schlank sein – ein stehender Mensch ist ebenfalls sehr schwierig zu gestalten.

Man sieht die Werke, aber kaum je die Künstlerin. Erhalten Sie dennoch Rückmeldungen? Ja, es gibt viele Reaktionen. Die Leute sind nicht nur erfreut, sondern interessiert. Bin ich nicht selber draussen, richten mir meine Nachbarn oft Grüsse von Passanten aus. Jemand bedankte sich explizit für meine Figuren und welche Freude es sei, hier entlang zu spazieren. Das hat mich berührt. Die Figuren stehen schutzlos an der Strasse. Werden sie mutwillig kaputt gemacht? Ein Jugendlicher wollte wohl seiner Freundin imponieren und hat dem liegenden Snoopy den Kopf abgeschlagen. Da ich zufällig draussen war, hat er sich bei mir entschuldigt. Eine halbe Stunde später war Snoopy wieder geflickt. Ich weiss aber nicht, wer das gewesen ist. Das war aber eine Ausnahme.

Ansonsten haben die Menschen einfach Freude. Sie bleiben stehen und schauen. Viele Erwachsene machen Selfies, während Kinder die Figuren umarmen und sich mit einem Kuss verabschieden. Dennoch gehört zu Ihrer Kunst die Vergänglichkeit. Der nächste Regen kommt bestimmt … Es ist wie das Leben: Alles ist vergänglich. Das ist der ewige Kreislauf. Deshalb muss man den Moment geniessen. Und das mache ich. Hätten Sie Lust, im ganz grossen Stil anzurichten – mit Wasser und weiteren Hilfsmitteln, wie zum Beispiel am Eisfestival in Harbin, wo ganze Städte aus Eis entstehen? Auf jeden Fall hätte ich dazu Lust! Ich sehe mich aber nicht als professionelle Künstlerin. Die Schneeskulpturen sind einfach ein Hobby. Es wäre aber schon spannend, mit Eiskünstlern zusammenarbeiten zu können. Da könnnte ich noch vieles lernen.

Gibt es eine Figur, die Sie unbedingt noch machen wollen?

Ich habe etwas im Kopf – das Schwierigste, das ich je gemacht habe. Mehr verrate ich aber nicht. Es braucht ohnehin noch viel mehr Schnee. Die Passanten werden die Figur erkennen, sollte sie mir gelingen.

Foto: Victor Kälin

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