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Grüezi-Guezli

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ZWISCHENLUEGETEN 3

FANNY REUTIMANN

In diesem Jahr, in dem vieles nicht so gekommen ist, wie man es sich ausgedacht hat, und viele von uns anders als sonst Weihnachten feiern mussten, in diesem Jahr liess ich mir eines nicht nehmen: Guezli backen. Obschon ich dafür genau genommen keine Zeit hatte, denn in unserer Wohnung schaut es noch längst nicht so aus, wie ich das gerne hätte. Der Dani schmiert Balsam auf meine ungeduldige Seele. «Chunnt scho guet, bruucht eifach nochli Zyt.» Und weil es offenbar nicht mehr darauf ankommt, ob wir heute oder erst in einem Monat neue Vorhänge haben und das dringend benötigte Kellerregal besorgen, habe ich mich ins Zeug gelegt und wie all die vergangenen Jahre generalstabsmässig meine Guezli-Produktion durchorganisiert. Nicht ganz einfach mit einem Backofen, den man noch nicht so gut kennt.

Guezli verschenken kommt meist gut an. Aber wie übergibt man in Zeiten von Corona ein Präsent an wildfremde Menschen, ohne dass sie das Gschänkli zuerst 14 Tage in Quarantäne schicken? Mein Dani und ich klingelten mit spitzem Finger an jeder einzelnen Wohnungstüre, gingen so weit auf Abstand, wie es das Treppenhaus zulässt, und warteten, auf dass uns geöffnet würde.

Mit je einem Sack selbstgebackener Guezli bewaffnet wurden wir so bei unseren neuen Nachbarn vorstellig. Ein gewisses Risiko, denn wir wissen ja nicht, wer gerade auf Diät ist, wer sich vegan ernährt, grundsätzlich nur Mailänderli isst, aus Prinzip keine Herzli mag oder eine Laktose-Intoleranz hat. Aber immerhin kennen uns nun alle im Haus. Zumindest dem Namen nach.

Fanny Reutimann (56) hofft, dass sie sich mit ihren Guezli- Kreationen nicht allzu sehr aufs nachbarschaftliche Glatteis manövriert hat.

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