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«Bei mir sind immer alle Pferde gleich»

«Bei mir sind immer alle Pferde gleich» «Bei mir sind immer alle Pferde gleich»

Einsiedeln hat wieder einen Hufschmied und Barhufpfleger. Was Arthur Trütsch an diesem Gewerbe so fasziniert, erzählt er im Interview.

WOLFGANG HOLZ

«Ich denk’, mich tritt ein Pferd»: Sie kennen diese Redensart sicher nicht nur aus der Theorie, Herr Trütsch? ( lacht) Nein, das kommt natürlich tatsächlich vor, dass man als Hufschmied vom Pferd einen Tritt erhält. Besonders dann, wenn das Ross erschrickt. Pferde sind schliesslich Fluchttiere und wollen sich dann mit einem Schlag befreien. Deshalb braucht man als Hufschmied auch viel Geduld. Wie oft sind Sie denn schon von einem Pferdefuss getroffen worden? Ist das sehr schmerzhaft? So oft ist mir dies noch nicht passiert. Vielleicht zwei-, dreimal in 15 Jahren. Ja, das kann dann sehr schmerzhaft sein. Wobei die meisten Pferde leicht wegschlagen, wenn sie einem einen Tritt verpassen. Wenn ein Ross voll ausschlägt, kann das unter Umständen tödlich sein. Man darf aber nicht vergessen, dass Pferde bei guter Behandlung gutmütig und willig sind. Sie beschäftigen sich beruflich mit Pferdehufen. Was fasziniert Sie an dieser Tätigkeit? Der Beruf ist eine Mischung aus der Auseinandersetzung mit einem hochsensiblen Tier und aus Handwerk. Hufschmied ist ja noch echtes Handwerk, bei dem man viel mit Material arbeitet, mit Eisen, Feuer und Werkzeugen zu tun hat. Diesen Beruf gibt es schon seit dem Mittelalter, und es hat sich daran im Prinzip nicht viel verändert. Ich war auch schon Automechaniker, Sozialarbeiter und Landwirt im Nebenerwerb. Könnte man salopp sagen, Sie betreiben Pediküre für Pferde? Ja, das könnte man auf jeden Fall sagen. Wobei Pferde ja erst einen Hufschutz brauchen, seitdem sie vom Menschen als Nutztiere eingesetzt werden. In der Natur tragen Wildpferde ja keine Hufeisen. Hufeisen wurden quasi erfunden, um den übermässigen Abrieb von Horn auszugleichen – und um dem Pferd in der Landwirtschaft etwa eine bessere Kraftübertragung zu garantieren.

Spüren Pferde eigentlich einen Schmerz beim Aufbringen der glühend heissen Hufeisen? Wenn der Hufschmied alles richtig macht nicht. Aber sobald man zu viel Horn von der Hufe wegschneidet oder das Hufeisen zu lange aufsetzt beim Aufbrennen oder die Hufe mit dem Nagel vernagelt, kann das Pferd sehr wohl Schmerzen empfinden.

Kann man vom Beruf des Hufschmieds heute noch leben? Ja, auf jeden Fall. Man kann sogar gut leben als Hufschmied. Das hat damit zu tun, dass es extrem viele Rosse in der Schweiz gibt – und im Verhältnis noch immer zu wenige Hufschmiede hat. Hinzu kommt, dass man die Hufeisen alle sechs bis acht Wochen erneuern sollte. Und das Ausschneiden von Horn kostet im Schnitt pro Huf 50 Franken, vier Hufeisen etwa 200 Franken – und ein Beschlag kann durchaus 400 Franken teuer werden. Wenn man seine Arbeit gut macht , bleiben einem die Kunden über Jahre treu. Welches war denn das schönste oder edelste Pferd, das Sie jemals beschlagen haben? Bei mir sind alle Pferde gleich. Aber das teuerste Pferd, das ich je beschlagen habe, war ein Dressurpferd im Wert von einer halben Million Franken. Ich beschlage übrigens auch Esel. Die meisten verhalten sich dabei lieb und sind gar nicht so stur, wie man immer denkt. Allerdings können Esel genauer zutreten. Hufeisen sollen angeblich Glück bringen. Woran liegt das? Das hat damit zu tun, dass Hufeisen im Mittelalter ein wertvoles Material waren. Wer also ein Hufeisen fand, hatte ein Stück teures Eisen in der Hand.

Foto: Simon Aebi

Arthur Trütsch

Jahrgang: 1965 Wohnort: Einsiedeln Beruf: Hufschmied Hobbys: Wandern Basteln

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