Auf Rang drei gerast
Urs Kryenbühl ist in Val d’Isère hervorragend in die neue Weltcupsaison gestartet
Urs Kryenbühl holte am Sonntag in der ersten Weltcupabfahrt dieses Winters in Val d’Isère auf der Piste Oreiller-Killy mit Rang drei seinen zweiten Weltcuppodestplatz nach Bormio vor einem Jahr.
KONRAD SCHULER
Mit einer soliden Fahrt setzte sich der bald 27-jährige Unteriberger mit der Startnummer 14 an die Spitze und durfte erstmals in seiner Karriere auf dem Leaderstuhl Platz nehmen. So mancher liebäugelte vor dem Fernseher nach und nach mit dem ersten Weltcupsieg, nicht aber Urs Kryenbühl selber. Die Piste Oreiller-Killy ist zu gut dafür bekannt, dass Fahrer mit hinteren Startnummern oftmals schnellere und bessere Verhältnisse vorfinden als die erstgestarteten Fahrer. Dann kam erst Striedinger …
So kam es dann auch. Vor allem im oberen Streckenteil wurde die Piste ein wenig schneller. Otmar Striedinger aus Österreich nutzte die Gunst der Stunde und unterbot mit der Startnummer 26 die Zeit von Urs Kryenbühl um fünf Hundertstelsekunden. Aber auch dieser konnte sich nicht als erstmaliger Weltcupsieger feiern lassen. Es kam noch überraschender. Mit der hohen Startnummer 41 fuhr der Slowene Martin Cater nach 2 Minuten und 4,67 Sekunden durchs Ziel und sorgte endgültig für ein nie erwartetes und überraschendes Podest.
Urs Kryenbühl blieb auch danach cool und zog vor dem SRF-Mikrofon folgendes Fazit: «Ich hätte mir den Saisonstart nicht besser vorstellen können. Im Training erreichte ich am Freitag schon ein gutes Resultat, gestern war ich im Super- G sehr zufrieden mit meiner Leistung und heute durfte ich so nachziehen. Umso cooler und spezieller war der Saisonstart also für mich.» Super-G-Bestergebnis egalisiert Erstmals wieder nach 2016 wurden auf der Piste Oreiller-Killy Speedrennen auf der höchsten Stufe durchgeführt. Der letzte Schweizer Abfahrtsgewinner war dort 1988 Pirmin Zurbriggen. Urs Kryenbühl tastete sich im ersten Training am Donnerstag mit Rang 45 an die Piste heran. Schon am Freitag deutete er aber mit Rang sieben und als bester Schweizer im zweiten Training seine Ambitionen an.
Damit holte er sich die Startberechtigung als achter und letzter Schweizer für den Super-G, der vom Sonntag auf den Samstag vorverschoben und auf einer verkürzten Strecke stattfand.
Mit der Startnummer 34 zeigte er eine reife Leistung, verlor auf die Bestzeit seines Teamkollegen Mauro Caviezel nur gerade 1,22 Sekunden und holte Rang 20. Damit egalisierte er sein Super-G-Bestergebnis im Weltcup vom 26. Februar 2017 in Kvitfjell. Es war ein sehr enges Rennen. Wäre Urs Kryenbühl 46 Hundertstelsekunden schneller gefahren, wäre er Vierter geworden.
Husarenstück am Sonntag Im sonntäglichen Rennen, der ersten Abfahrt des Winters im Weltcup, durfte von Urs Kryenbühl ein gutes Resultat erwartet werden, was etwa so viel heisst wie ein Rang in den ersten 15. Ziel dieses Winters ist es ja, dass der Unteriberger sich nach und nach in der erweiterten Weltspitze etabliert.
Während seiner soliden Fahrt kommentierten Adrian Arnet und Marc Berthod die Fahrt des Unteribergers. Sein Trainer habe gesagt, dass Urs Kryenbühl jedes Mal seine Spannung aufbauen müsse und das koste ihn immer ein wenig Energie, so Adrian Arnet. «Oben ist Urs Kryenbühl schnell, das hat der Bursche schon im Training gezeigt. Er hat einen guten Zug drauf, Kurven fahren kann er auch. Er hat eine kompakte Fahrweise, er macht sich klein, er hat schön den Aussenski begleiten können, er hat eine schöne Position eingenommen, das kann auch für ihn etwas Gutes werden » , so Marc Berthod.
Und zu guter Letzt: «Der Kombitrainer schreit ihn ins Ziel.» Es wurde was Gutes, nein, was ganz Gutes. Rang drei, zweites Weltcuppodest seiner Karriere!
«Bin zufrieden mit Leistung»
Adrian Arnet kommentierte nach der Zieldurchfahrt weiter. «In Bormio hat er vor einem Jahr nicht gewusst, wie man im Ziel jubelt. Er scheint es immer noch nicht ganz zu wissen.» Nüchtern analysierte Urs Kryenbühl selber seine Fahrt. «Von meiner Seite her gesehen bin ich wirklich zufrieden mit meiner Fahrt. Ich habe zwar nach der Bosse à l’Emile eine Schrecksekunde gehabt, bis auf diesen Sprung hat es aber von oben bis unten gepasst. Ich habe von Beginn weg probiert angriffig zu fahren. So anfangen zu können in der neuen Saison ist umso schöner.» Angesprochen auf seine Aussichten für die weiteren Rennen in Gröden vom kommenden Wochenende sagte Urs Kryenbühl mit einem lauten Lachen hinter der Stoffmaske: «Bis jetzt war ich in Gröden noch nicht so schnell. Ich weiss aber, dass ich gut trainiert habe und parat bin. Ich versuche, mein bestes Skifahren zeigen zu können. Dann schauen wir, was herauskommt. » Urs Kryenbühl bleibt auch bei grossen Erfolgen sich weiterhin selber treu und gibt sich bescheiden. Dass auch Beat Feuz ihm viel zutraut, bewies der dreifache Gesamt-Abfahrts-Weltcupsieger aus dem Berner Oberland am Sonntag ebenfalls. «Am Ziel unten sagte ich beim Start von Urs Kryenbühl: Jetzt muss der Ürsel Bestzeit fahren. Die Bedingungen haben bei seiner Fahrt wohl gepasst, er hat diese aber ausgenützt und ist sauber gefahren, er hat es durchgezogen, vor allem im unteren Teil.» Urs Kryenbühl hat die Speedsaison so richtig mitlanciert, die Skifans dürfen sich auf die Fortsetzung freuen.
«Er hat einen guten Zug drauf, Kurven fahren kann er auch.»
Marc Berthod, SRF-Kommentator
Da kann er schon gut grinsen hinter der Maske – auch wenn er am Ende das Siegerpodest noch abgeben musste: Urs Kryenbühl nach seinem sensationellen Abfahrtslauf in Val d’Isère. Foto: zvg