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«Corona verschärft die finanzielle Lage zusätzlich»

«Corona verschärft die finanzielle Lage zusätzlich» «Corona verschärft die finanzielle Lage zusätzlich»

Eine Caritas-Kampagne würde auch heuer das Klosterdorf in der Adventszeit zum Leuchten bringen. Die 53-jährige Trachslauerin Ruth Hartgens organisiert «Eine Million Sterne» auf dem Klosterplatz in Einsiedeln. Wegen der Corona-Massnahmen findet die Kampagne nur im kleinen Rahmen statt.

MAGNUS LEIBUNDGUT

Was geht morgen Samstag auf dem Klosterplatz ab?

Zwischen 16.30 und 18.30 Uhr werden wir statt Hunderten von Kerzen leider nur die Wunschkerzen auf dem Klosterplatz anzünden. Mit dieser Aktion setzen wir ein Zeichen für mehr Solidarität mit Armutsbetroffenen in der Schweiz. Wie hat das Coronavirus die heurige Kampagne beeinflusst? Im letzten Jahr haben wir zum ersten Mal die Aktion parallel zum Einsiedler Weihnachtsmarkt durchgeführt. Da dieser wegen Corona leider nicht stattfindet, haben wir uns für den offiziellen «Eine-Million-Sterne»-Tag entschieden. Um zu verhindern, dass sich eine Menschenansammlung bildet, werden wir nur die Wunschkerzen anzünden. Caritas ruft aber auf: Zünden Sie zu Hause eine Kerze an und posten Sie ein Foto davon an info@einemillionsterne.ch oder #einemillionsterne. Als solidarisches Zeichen: «Ihr seid nicht allein.» Wie viele persönliche Wunschkerzen sind bereits virtuell erstellt worden?

144 Wunschkerzen sind bestellt und per E-Mail an die Adressaten verschickt worden. Morgen werden wir Windlichter mit einer Papierbanderole, auf der die Wünsche geschrieben sind, versehen und anzünden. Wer entzündet die Wunschkerzen auf dem Klosterplatz?

Es unterstützen uns Firmanden und Firmbegleiter. Ebenso dürfen wir auf die Hilfe von Mitgliedern der kroatischen Gebetsgruppe zählen. Organisiert wird der Anlass von der Pfarrei Einsiedeln.

Wieso ist Solidarität in dieser Zeit besonders wichtig? Rund 1,2 Millionen Menschen sind in der Schweiz von Armut betroffen oder befinden sich an der Armutsgrenze. Corona verschärft die finanzielle Lage zusätzlich und trifft auch Menschen, die es nie erwartet hätten. Wenn bei einer Familie oder Alleinerziehenden der Job, zum Beispiel als Putzkraft oder Aushilfe im Service, wegfällt, wird es sehr schnell ganz knapp.

Beobachten Sie in Ihrem Umfeld eine Zunahme von Armut?

Ich kenne eine Familie aus Einsiedeln, die gegen Ende des Monats oft kaum Geld hat, um Essen zu kaufen. Obwohl der Vater arbeitet, reicht sein Einkommen nur knapp für den Unterhalt der Familie. Armut ist in unserem Land ein grosses Tabu: Viele Leute schämen sich dafür und verzichten etwa darauf, Sozialhilfe zu beziehen, obwohl sie ein Anrecht darauf hätten. Wer wird mit den Spendengeldern konkret unterstützt?

Unterstützt werden ausnahmslos Personen, die am oder unter dem Existenzminimum sind und in der Schweiz leben: Sie können sich gerne bei Caritas melden. Caritas gibt Essensgutscheine ab, übernimmt Zahnarzt- oder Krankenkassenrechnungen oder was gerade fehlt. Zudem gibt es Caritas-Kulturlegi: Dank diesem Angebot können Menschen mit wenig Geld, auch Kinder, am gesellschaftlichen und kulturellen Leben teilnehmen und werden weniger ausgegrenzt. Wie sind Sie selber bei dieser Kampagne gelandet? Unverhofft bin ich letztes Jahr da hineingerutscht. Weil mich diese Kampagne vollends überzeugt und mir Freude macht, organisiere ich nun «Eine Million Sterne» bereits zum zweiten Mal.

Wohin bewegt sich die Welt in diesen Zeiten?

Ich beobachte, dass der Egoismus bei vielen Menschen überhandnimmt: Viele sind sich selbst am nächsten. Immer mehr Leute haben keine Zeit und Lust mehr, sich im sozialen Bereich zu engagieren. Umso mehr freut es mich, dass sich genug Helfer für diese tolle Aktion gemeldet haben.

Foto: zvg

Ruth Hartgens

Jahrgang: 1967 Wohnort: Trachslau Beruf: Bäckerin-Konditorin, Familienfrau, Verkäuferin Hobbys: Backen, Line Dance Natur

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