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Entscheidung bis zuletzt offen

Entscheidung bis zuletzt offen Entscheidung bis zuletzt offen

Ringen, Swiss Winforce League (NLA): Freiamt – Einsiedeln 24:16

Im skurrilsten Playoff-Halbfinal der Schweizer Mannschaftsmeisterschaft verlor die stark veränderte Einsiedler Mannschaft. Doch diesmal blieb es bis zuletzt eine spannende Sache. Coronabedingt kam es zu einem Geisterkampf ohne Zuschauer.

WERNER SCHÖNBÄCHLER

Die Ringerriege Einsiedeln trat nicht mehr in Vollbesetzung an. Es fehlten die bisherigen Stammringer Michel Schönbächler, Adrian Mazan, Beni Rebholz und die Brüder Kay, Yves sowie Sven Neyer. Sie wurden durch Nachwuchsleute und Wettkämpfer aus der zweiten Reihe ersetzt. Aufgrund der schlechten Ausgangslage und einigen Verletzungen kam es gezwungenermassen zu diesen grossen Veränderungen in der Aufstellung.

Verhaltener Start

Als die anfängliche Neugier über die Aufstellung von Einsiedeln beim Gegner gestillt war und das Heimteam die Führung übernahm, plätscherte der Match anfänglich dahin. Die Einsiedler zeigten allerdings eine starke Reaktion und viel Kampf, um die Partie gegen Freiamt nicht zu einer krachenden Niederlage anwachsen zu lassen.

So viel zum Matchverlauf: Freiamt übernahm bald einmal die Führung. Der Mist war damit geführt, auch wenn sich die Einsiedler bockig zeigten und mit allen Mitteln dagegenhielten. Der verletzt gewesene Dany Kälin lieferte bei seinem Comeback gegen Kaderringer Nils Leutert einen beherzten Kampf. Nachdem er anfangs mit Durchdrehern unter die Räder kam, brachte er seinen Kontrahenten mit einem Hüfter in eine heikle Lage.

Danach gab sich der Heimringer keine Blösse mehr und siegte vor Ablauf der zweiten Runde technisch überhöht. Im Schwergewicht kam der 21-jährige Martin Grab zu seiner NLA-Premiere. Im Duell gegen den erfahrenen Ringer und mehrfachen Kranzschwinger Roman Zurfluh musste er noch Lehrgeld bezahlen. Zurfluh ging sogleich in den Angriff über und punktete fleissig, ehe er nach 70 Sekunden zu einem Schultersieg kam.

Kampf der Generationen Im Kampf der Generationen bekam es Alexander Golin mit dem vielversprechenden Saya Brunner zu tun. Golin ging keine Risiken ein und war jederzeit Chef im Ring. Nach einer soliden Vorstellung lag er am Schluss mit 11:0 vorne. Sascha Schmid fand sich gegen das Kraftpaket Christian Zemp etwas besser zurecht als im Hinkampf. Doch nach dem 6:0-Rückstand in der ersten Hälfte musste er eine technisch überhöhte Niederlage hinnehmen. Ausgezeichnet hielt sich Lorenz Schönbächler. Er bezwang mit herrlichen Hüftwürfen Colin Brunner vor Ablauf der Zeit technisch überhöht, was weit mehr war, als erwartet werden durfte. Bei Halbzeit der zehn Wettkämpfe lag Freiamt mit 12:8 in Führung und hatte damit die Weichen zu einem weiteren Sieg gestellt.

Neyers Überraschung Trotz dieses Vorsprungs gingen die Heimringer weiter an ihre Leistungsgrenzen und liessen so keine Geschenke zu. Doch zuerst machten die Einsiedler die Musik. Nach der Pause versetzte Andreas Burkard Kimi Käppeli die Höchststrafe.

Die Begegnung zwischen dem EM-Dritten Randy Vock und Lars Neyer entwickelte sich zu einer höchst brisanten Angelegenheit. Nachdem Vock mit 14:2-Führung einem sicheren Sieg entgegenzusteuern schien, schaffte Neyer den Exploit. Er gelang ihm, seinen Gegner am Boden zu übersteigen und festzuhalten.

Obschon Matthias Käser, der Austauschringer von Sense, in den letzten vier Wochen wegen des Lockdowns im Kanton Freiburg kein Ringertraining absolvieren konnte, hielt er anfangs gegen Kaderringer Marc Weber über weite Strecken mit und lag nach der ersten Runde lediglich mit 3:0 zurück. Doch dann machte sich das fehlende Mattentraining bemerkbar und er unterlag durch technische Überlegenheit. Beim Stand von 16:16 brachten die beiden letzten Duelle die Entscheidung.

Lukas Schönbächler musste gegen den einstigen Internationalen Pascal Strebel in der zweiten Runde eine Schulterniederlage hinnehmen. Einsiedeln hätte für ein Unentschieden noch das Punktemaximum gebraucht, was eine schwierige Vorgabe war. Der 17-jährige Bennauer Jan Walker griff bei seinem ersten Kampf auf höchster Ebene mutig an und zeigte einige gute Ansätze. Doch letztlich war für ihn der erfahrene Joel Meier eine zu grosse Hürde und unterlag mit 15:0.

Kader nicht so schmal Die Begegnung brachte trotz des Erfolgs der Gastgeber sehenswerte und spannende Kämpfe. Am Schluss hatte die zusammengewürfelte Einsiedler Truppe zumindest kein schlechteres Ergebnis als das Fanionteam im Hinkampf erreicht. Doch dürfen diese beiden Partien nicht miteinander verglichen werden. Der Match hat gezeigt, dass Einsiedelns Kader gar nicht so schmal ist und es in den einzelnen Gewichten durchaus Alternativen gibt. Sven Neyer, der den abwesenden Coach Urs Bürgler ersetzte, meinte zum Match: «Wir haben uns gut aus der Affäre gezogen, doch für uns war es mehr ein Testkampf.» Ohne Zuschauer war es für die Ringer schwierig, die Spannung aufzubauen.

Ein Zückerchen bleibt Da Kriessern seine Mannschaft wegen der gegenwärtig schwierigen Corona-Situation im Rheintal zurückgezogen hat, ist für Einsiedeln die Meisterschaft zu Ende. Ein Zückerchen bleibt für die Mannschaft noch: Wenn die beiden Finalkämpfe zwischen Freiamt und Willisau beendet werden können, geht die Bronzemedaillle an Einsiedeln. Die Ringer hätten die sportliche Entscheidung auf der Matte bevorzugt und freuten sich auf den Match gegen Kriessern. Doch letztlich wäre der Gewinn der bronzenen Auszeichnung verdient, hat doch Einsiedeln in der Qualifikation schon den dritten Rang belegt.

«Wir haben uns gut aus der Affäre gezogen, doch für uns war es mehr ein Testkampf.»

Sven Neyer, Coach

Lars Neyer (gelb) sorgte mit dem Sieg gegen den EM-Dritten für die Überraschung des Abends.

Foto: zvg

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