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«Wir brauchen wohl zwei bis drei Jahre, um den Stand des Vorjahres zu erreichen»

«Wir brauchen wohl zwei bis drei Jahre, um den Stand des Vorjahres zu erreichen» «Wir brauchen wohl zwei bis drei Jahre, um den Stand des Vorjahres zu erreichen»

20 Prozent weniger Bier als im Braujahr zuvor hat die Brauerei Rosengarten produziert. Braumeister Alois Gmür erwartet, dass die Durststrecke andauert.

VICTOR KÄLIN

Ungewohnt ruhig war es, als Braumeister Alois Gmür den Einsiedler Anzeiger an der Spitalstrasse zum Gespräch empfing. Wie im Frühjahr hat das Einsiedler Familienunternehmen auch im November auf Kurzarbeit umstellen müssen. Zwei Tage wird gebraut, an drei Tagen steht die Produktion still. Angesichts der ungewohnt leeren Gärbottiche versichert der 65-jährige Brauer aber ungefragt: «Bier gibt es jederzeit genügend.» Etwa wie 2010 und 2013

Die Produktion ist das eine, der Konsum das andere. Die Brauerei Rosengarten ist absatzstark vor allem im Gastro- und Anlassbereich. Ein Jahr mit Festverboten sowie Einschränkungen und Betriebsstopps für Restaurants geht nicht spurlos vorbei. Und da die Brauerei Rosengarten im Detailhandel nur ein kleiner Player ist, konnte der Umsatzrückgang über den Einzelverkauf nicht kompensiert werden. Da konnte selbst das markante Umsatzplus im hauseigenen Getränkemarkt die Bilanz nicht mehr retten.

Sodann resultierte im Braujahr 2019/20 (1. Oktober bis 30. September) letztlich ein Ausstoss von 1,877 Millionen Litern Bier. Das sind satte 20 Prozent weniger als im Jahr zuvor – wobei das Vorjahr rekordhohe Zahlen schrieb (siehe Grafik). Ein Blick zurück zeigt, dass sich die Brauerei mit diesem Ausstoss etwa auf Höhe der «normalen» Jahre 2010 und 2013 befindet. Kleine und mittlere Brauereien sind besonders betroffen Was den Bierkonsum in der Schweiz betrifft, erweist sich das Braujahr 2019/20 wider Erwarten als robust. Provisorische Zahlen sagen einen Konsumationsrückgang von lediglich 1,5 Prozent voraus. «Es wird Bier getrunken », freut sich Gmür, «doch hat sich der Konsum ins private Umfeld verlagert. Davon profitiert der Detailhandel und somit die grossen Brauereien, welche über ihre Handelsketten prominent vertreten sind.» Was selbst den Fachmann überrascht: Der Bier-Import hat im Braujahr um 7 Prozent zugelegt – natürlich zu Lasten der einheimischen Marken, welche um rund 5 Prozent an Terrain eingebüsst haben. Und davon sind wiederum die unabhängigen Klein- und Mittelbrauereien besonders stark betroffen: Deren Bierabsatz hat sich durchschnittlich um 25 Prozent verringert.

«Kommen die Leute wieder?» Im Gegensatz zum Braujahr entspricht das Rechnungsjahr dem Kalenderjahr. Abgerechnet wird erst Ende Dezember. Doch Gmür geht davon aus, dass der Betrieb «rote Zahlen schreiben» wird. Bei einem budgetierten Umsatz von 9 Millionen Franken «dürfte uns wohl ein Drittel der Einnahmen fehlen».

Auch die Aussichten sieht Gmür eher getrübt, gelten doch Advent, Weihnachten und Fasnacht als Umsatztreiber. Er hofft darauf, dass sich die Lage nach Ostern normalisiert, und fragt sich gleichzeitig, ob die «Leute dann auch wieder an die Feste gehen». Um dort anzuknüpfen, wo das Familienunternehmen vor einem Jahr stand, «brauchen wir wohl zwei bis drei Jahre », mutmasst Alois Gmür. Ganz ohne Lichtblick geht die Brauerei Rosengarten allerdings nicht ins neue Jahr: «Wir haben einen grossen Lohnbrau-Auftrag in Aussicht.» Klappt der Handel, sichert sich die Brauerei eine bedeutende Zusatzproduktion.

Oben: Ein ungewohntes Bild: Alois Gmür im Keller mit lauter leeren Gärbottichen. Unten: Von aussen sieht man nichts, doch die Lagertanks sind nur zu zwei Dritteln gefüllt.

Fotos: Victor Kälin

«Bier ist noch immer gefragt. Der Konsum verlagert sich aber von den Restaurants ins private Umfeld.

Alois Gmür, Braumeister

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