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Ob und wann «Miss Ashia» ausreisen kann, bleibt ungewiss

Ob und wann «Miss Ashia» ausreisen kann, bleibt ungewiss Ob und wann «Miss Ashia» ausreisen kann, bleibt ungewiss

Anfang Oktober reiste Katja Bruhin für ihre Stiftung Ashia nach Kamerun, um Projekte voranzutreiben und zu beenden.

Die Einreise war trotz weltweiter Coronapandemie und Unruhen im Land kein Problem. Aktuell weiss sie aber nicht, ob und wann sie heimkehren kann. Gebuchte Flüge werden fortlaufend storniert.

SILVIA GISLER

Seit über zehn Jahren reisen Katja und Felix Bruhin aus Unteriberg nach Kamerun, um vor Ort Hilfe zu leisten. Zu Beginn haben sie vor allem Hilfsgüter verteilt und Geldspenden eingesetzt, wo es am dringendsten war. Mittlerweile bauen Bruhins Brunnen mit sauberem Wasser, Schulen und Spitäler. All diese Bauprojekte – und natürlich auch die zahlreichen anderen Programme, die sie initiiert haben – kontrollieren sie bei ihren Besuchen oder weihen sie ein. Entsprechend ist es für sie von grosser Bedeutung, von Zeit zu Zeit das Land ihres Herzens zu bereisen.

Schwierigkeiten, ein Visum zu bekommen Genau aus diesem Grund flog Katja Bruhin im Oktober wieder nach Kamerun. «Ich habe mir vor der Abreise sehr lange überlegt, ob ich überhaupt fliegen soll.» Die weltweite Coronapandemie hat auch bei ihr Zweifel ausgelöst. «Mitte Jahr hätte ich die Reise nie angetreten.» Nachdem sie aber im Spätsommer sehr viele Gespräche mit Einheimischen geführt hatte, um die Lage vor Ort abzuklären, hat sie sich Anfang September doch fürs Buchen entschieden. «Zu diesem Zeitpunkt hatte ich absolut keine Bedenken», so Bruhin. Nur war es gar nicht so einfach, einen Flug zu finden, weswegen sie sich ans Reisebüro gewandt hatte. «Ich wusste, dass ich bei Hertig Reisen gut aufgehoben bin.» Aufgrund der anhaltenden Kriegssituation in Kamerun und der weltweiten Pandemie bekundete Katja Bruhin aber auch grosse Mühe, ein Visum für ihren Aufenthalt zu erlangen. Deshalb sandte ein befreundeter Bischof aus Kamerun eine offizielle Einladung zur Eröffnung des von Ashia mitfinanzierten Gymnasiums. Mit diesem Schreiben in der Tasche reiste Bruhin zur Botschaft in Bern, von wo sie nach einem halben Tag Warten mit einem Visum für sechs Monate zurückkehrte.

Auf fast leeren Flieger folgte proppenvoller Doch nicht nur die Vorbereitung auf ihre Reise war für die Stiftungsgründerin ungewohnt kompliziert. Denn nach ihrem Flug von Zürich nach Paris – mit nur gerade 35 Personen an Bord – strandete sie in Paris. «Weil es aktuell fast keine Flüge gibt, musste ich eine Nacht in Paris verbringen.» Doch nicht etwa mitten in der Stadt der Liebe, beim Eiffelturm oder den Champs Elysées … «Weil die Flughafenhotels geschlossen waren und es in Paris gerade sehr viele Coronafälle gab, entschied ich mich, den Flughafen nicht zu verlassen und im Gate zu übernachten. » Am nächsten Tag ging es im «proppenvollen» Flieger von Paris nach Yaoundé, wo sie dann nach über 30 Stunden endlich die Maske absetzen und durchatmen konnte. Aber Corona ist auch in Kamerun ein grosses Thema. «In Yaoundé wurde meine Temperatur gemessen, das Gepäck besprayt. Das Händedesinfizieren vor dem Einreisen war ebenso Pflicht wie das Maskentragen in den Läden.» Ohne Maske kein Zutritt, schildert Bruhin. Viel mehr überraschte sie allerdings, dass man selbst in weit abgeschiedenen Buschdörfern, wo kaum Leute leben, eine Ahnung davon hat, was dieses Coronavirus ist.

Aus politischer Sicht gleicht Kamerun einem Pulverfass. «Obwohl Corona auch hier überall Thema ist, fühle ich mich relativ frei.» Sie gibt zwar zu, am Anfang noch sehr unsicher gewesen zu sein, doch inzwischen seien die Sorgen verschwunden und Normalität eingekehrt. «Wenn Kinder mich sehen und umarmen wollen, kann ich ihnen diese Wünsche einfach nicht abschlagen. » Natürlich würde sie aber die Corona-Situation in jeder Region, die sie besuche, am Vortag überprüfen. «Ich erlebe so viel Gutes, habe so viel Arbeit noch vor mir und geniesse es in vollen Zügen, all unsere Freunde und Projekte zu besuchen », schwärmt Bruhin in ihren Sprachnachrichten. Weil sie nach rund einer Woche in Kamerun sogar eine Art Aufenthaltsbewilligung erhalten hat, darf sie sogar noch länger bleiben und kann in Zukunft vereinfacht einreisen. «Es ist mir eine Ehre, hier sein zu dürfen, während sonst keine Touristen erlaubt sind.» Dies sei aber nicht etwa coronabedingt. In Kamerun sei die ganze politische Situation das weitaus grössere Problem als dieses Corona. «Wir sitzen hier auf einem Pulverfass.» In Kriegsgebieten würde nicht einmal mehr davon zurückgeschreckt, in Schulen einzudringen, sie anzuzünden und Kinder zu töten. Vor Kurzem sei ein mit Bruhins befreundeter 90-jähriger Kardinal entführt worden. «Ich hoffe, dies nimmt einen guten Ausgang», seufzt Bruhin, die weit weg von den gefährlichen Unruhegebieten ist.

Schon der dritte Heimflug storniert Langsam aber sicher denkt die Galgenerin mit Wohnsitz in Unteriberg ans Heimkehren. Ihren ersten Rückflug hat sie noch in der Schweiz auf den 20. November verschoben. Vor wenigen Tagen hat sie eine E-Mail erhalten, wonach dieser annulliert werden musste. Doch nach einer umfassenden Suche konnte sie einen neuen Heimflug am 22. November buchen.

Alles schien gut zu gehen, bis noch am selben Tag auch dieser Flug wieder storniert wurde. «Jetzt haben wir einen Flug am 26. November gebucht», sagt Bruhin. So wirklich dran glauben, dass dieser Flieger auch abhebt, tut sie nicht. Angst bereitet ihr das nicht. Sie sei bestens aufgehoben und alle ihre Kamerun- Freunde würden sich freuen, wenn sie länger bleibt. «Sie sagen sogar, ich soll hier bleiben, es sei doch zu gefährlich in der Schweiz.» Auch ihr Mann wird eingeladen, sofort nach Kamerun zu kommen, bis sich die Corona- Situation zu Hause beruhigt habe.

«Es ist mir wichtig, auf die Adventszeit zurückzukommen», erklärt die 44-Jährige. In dieser Zeit habe sie am meisten Arbeit für die Stiftung. Sie müsse Briefe versenden, den Ashia-Kalender gestalten und all die Eindrücke der aktuellen Reise niederschreiben. In diesem Sinn bleibt zu hoffen, dass der Flieger am 26. November dann tatsächlich startet und Katja Bruhin gesund zurückkehren kann.

Strahlende Kinderaugen: «Wenn Kinder mich sehen und umarmen wollen, kann ich ihnen diese Wünsche einfach nicht abschlagen», so Katja Bruhin. Denn obwohl Corona auch hier bekannt ist, fühle sie sich sehr sicher.

Foto: Ashia.ch

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