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Flammen in Colorado

Flammen in Colorado Flammen in Colorado

BRIEF AUS DEN USA

Während das Virus unsichtbar ist und dennoch unseren Alltag beeinflusst, schwebt seit Monaten eine ganz andere, gut sicht- und riechbare Bedrohung über Colorado. Jeden Tag kriegen wir mindestens eine Rauchwarnung und seit Mitte August herrscht im ganzen Bundesstaat ein striktes Feuerverbot. Älteren Leuten, Kindern und Menschen mit Asthma wird geraten, sich nicht draussen aufzuhalten. Die Brände in Kalifornien und Oregon sorgen seit Monaten für nationale und internationale Schlagzeilen. Aber auch in Colorado stehen seit Juli Wälder in Flammen und mittlerweile löst ein Brand den nächsten auf der Rekordliste ab.

Die zwei grössten Waldbrände in der Geschichte von Colorado wurden in diesem Herbst gemessen. Fast 3000 Quadratkilometer Wald verbrannten bisher. Ende Sommer war die Hauptverkehrsader über die Rocky Mountains für zwei Wochen gesperrt und die verbrannten Bäume sind gut am Strassenrand sichtbar.

Waldbrände sind in unserem trockenen Klima normal. Aber dieses Jahr sorgten Dürreverhältnisse im mittleren Westen der USA und starker Wind für eine Verlängerung der Feuersaison. Die Wetterkapriolen sorgen dafür, dass auch wir im Grossraum von Denver daran erinnert werden, dass Leute um ihr Hab und Gut bangen müssen. Seit diesem Sommer riecht es regelmässig nach Feuer. Nachmittags um 16 Uhr wird die Landschaft oft in gleissendes, oranges Licht getaucht und die Sonne hängt blutrot am rauchigen Himmel. Statt Regen fällt Asche vom Himmel.

Das nächste Feuer ist rund eine Fahrstunde von uns entfernt. Dieses verbreitete sich über Nacht explosionsartig. Vor zwei Wochen drohten zwei Waldbrände aufeinander zu stossen und einen Megabrand zu verursachen.

Drei Touristenorte wurden komplett evakuiert und in der Hetze konnten einige Leute ihre Pferde nicht rechtzeitig in die Notunterkünfte bringen. Leute wurden vom Rotem Kreuz in Hotels ausserhalb von Denver untergebracht. Freiwillige kümmerten sich in umfunktionierten Event- und Sportstadien um Hunde, Katzen, Kühe und Pferde und schleppten Heu und Futter an.

Auch die Verwandten meines Mannes machten sich für eine Evakuation bereit. Vom Grundstück mit wunderbarer Aussicht aus konnten sie den Rauch und die Flammen bestens beobachten. Karen lud alle Familienfotos, wichtige Dokumente, ihr Lieblingskissen und ihre zwei Kaninchen ins Auto und bereitete sich emotional darauf vor, das Haus nie mehr zu sehen. Dann wechselte der Wind die Richtung und sie konnte aufatmen.

Der erste grosse Schneefall in Colorado dämmte die Feuer ein. Ganz gelöscht sind sie nicht. Jeder Windstoss droht die Schwelbrände wieder zu entfachen. Waldbrand-Spezialisten aus dem ganzen Land sind noch immer im Einsatz. Und einige Familien warten noch immer im Hotelzimmer auf die Entwarnung.

* Die Einsiedlerin Regula Grenier- Flückiger (*1973) zügelte 2007 nach Denver im amerikanischen Bundesstaat Colorado, am Fusse der Rocky Mountains. Seit 2011 wohnt sie im Nachbarort Thornton. Dort kamen 2011 Sohn Cody Frederick und 2015 Tochter Stephanie Nova zur Welt.

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