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Wie ein Covid-19-Patient seit Mittwoch darauf wartet, andere schützen zu können

Wie ein Covid-19-Patient seit Mittwoch darauf wartet, andere schützen zu können Wie ein Covid-19-Patient seit Mittwoch darauf wartet, andere schützen zu können

Edgar Kälin aus Einsiedeln wartet auf seinen Schlüssel für die SwissCovid-App, um weitere Ansteckungen zu stoppen. Kein Einzelfall.

GERI HOLDENER

«Chaotisch und dilettantisch», so hat Edgar Kälin aus Einsiedeln das Contact-Tracing nach seiner Corona-Infektion erlebt. Am Mittwochmorgen liess er sich im Spital Einsiedeln auf das Virus testen. Resultat: positiv. «Langsam geht es mir besser », sagte Kälin gestern in Isolation, «aber in den letzten Tagen war ich sehr müde.» Die Ansteckung kann er sich nicht erklären. «Ich habe immer auf Social Distancing geachtet.» Edgar Kälin hat sein persönliches Umfeld sofort kontaktiert – kein Problem mit dem Handy. Darauf hatte Kälin zum Glück auch die SwissCovid-App installiert, wie 1,76 Millionen weitere Schweizerinnen und Schweizer. Die App des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) kann andere User warnen, die sich in Kälins Nähe befunden haben. «Dafür muss ich einen Code eintippen. » Je schneller, desto besser. Die Covid-App empfiehlt den Infizierten einen Anruf auf die Hotline, wenn vier Stunden nach dem Testergebnis noch kein Code zugestellt worden sei.

Immer wieder die gleiche Antwort Jetzt beginnt eine neue Woche. Auf ein Telefon wartet Edgar Kälin immer noch vergebens. Er selbst hat alles versucht, um den zwölfstelligen Schlüssel zu erhalten. «Ich habe mit dem Spital telefoniert, dort wusste man von gar nichts.» Kälin wurde ans Labor verwiesen. Auch die Laboranten waren ahnungslos. Edgar Kälin hat das BAG angerufen, die kantonale Infoline ebenfalls. Die Antwort war überall dieselbe: «Bitte warten Sie, bis sich die kantonale Behörde bei Ihnen meldet.» Edgar Kälin hat seine Geschichte auf Facebook geteilt. Andere User berichteten von ähnlichen Erfahrungen. Kälin hoffte, dass der Code Anfang diese Woche endlich kommt, doch bis gestern Montag hat er noch nichts erhalten. Ihn ärgert, wie viel wertvolle Zeit verloren gegangen ist. «Es wäre doch wichtig, unmittelbar nach dem Testresultat die Infektionskette zu unterbrechen. Die App ist eine gute Sache, aber so bringt das nichts.» Haben die Contact-Tracer den Sommer verschlafen?

Dass die Contact-Tracer seit Wochen überfordert sind, ist bekannt. Nicht nur der Kanton Schwyz ist von der Wucht der zweiten Welle überrascht worden, das Problem zeigt sich im ganzen Land. Einige Kantone setzen längst darauf, dass Infizierte das Tracing selbst übernehmen – also ihre Kontaktpersonen im Alleingang ohne die Behörden über eine mögliche Ansteckung informieren. Das manuelle Tracing, also das telefonische Abklappern von Kontakten, ist bei derart hohen Fallzahlen am Anschlag.

Aber dass es tagelang nicht möglich ist, einen Code zu schicken, und dass diesen keiner herausgeben kann ausser die kantonale Verwaltung – all dies frustriert Edgar Kälin. Er wundert sich, ob die Verantwortlichen im Sommer ihre Hausaufgaben nicht gemacht hätten. «Im Frühling hätte ich für diese Versäumnisse Verständnis gehabt», sagt Kälin. Jetzt sei die befürchtete zweite Welle da, und man habe immer noch keine bessere technologische Lösung. «Es sollte doch möglich sein, zusammen mit dem Laborresultat gleich automatisiert einen Code für die Covid-App zuzustellen, und sei es nur eine SMS.»

Edgar Kälin weiss noch nicht, wann er endlich den Code für seine SwissCovid-App erhält.

Foto: Geri Holdener

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