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Der «Maskenball» hat begonnen

Obwohl sie uns verbergen – Masken können auch so einiges von uns ans Tageslicht bringen

Nun müssen wir alle eine Maske in öffentlichen Räumen tragen, um andere nicht mit dem Coronavirus anzustecken. Dabei verraten Masken auch einiges über ihre Träger. Eine kleine, humorig zu verstehende Typologie.

WOLFGANG HOLZ

Die Corona-Pandemie ist eine sehr ernste Angelegenheit. Weil es um die Gesundheit der Allgemeinheit geht. Nur wenn wir alle konsequent Masken in der Öffentlichkeit tragen, können wir alle zum Sinken der Virusinfektionszahlen beitragen.

Um einem das Aufsetzen der lästigen Masken zu erleichtern, kann man die Maske auch mal etwas spielerisch, ja humorvoll betrachten. Denn die Art und Weise, wie und welche Masken wir uns vors Gesicht stülpen, kann einiges darüber verraten, was für einen Typ von Träger wir sind. Humorvoll betrachtet. Wie bei einem Maskenball. Hier eine kleine Typologie.

Die Pannenmenschen

Diese Spezies von Maskenträgerinnnen und Maskenträger ist sehr leicht zu erkennen. Vor allem, wenn es Brillenträger sind. Denn dann sind die Gläser oft so beschlagen durch den warmen Atem, der hinter der Maske nach oben strömt, dass es so aussieht wie früher bei einem VW Käfer, in dem man im Winter verzweifelt versuchte, die Scheiben zu enteisen. Zu diesem Pannen- Typ, denen ganz offensichtlich der coole Durchblick fehlt, zählt sich übrigens auch der Autor dieser Zeilen. Ihm ist es auch schon passiert, dass er die Maske mit der eingefassten Metallleiste falsch herum aufgesetzt hat. O Gott!

Die Pragmatiker Dieser Typ von Maskenträger gehört zweifellos zu den fleissigsten und gewissenhaftesten unter den Virusabwehrern. Haben sie doch oft eine einzige Maske den lieben, langen Tag wie eine Halskrause drapiert, wobei die Maskenbändel an den Ohren herunterhängen. Diese Trageweise hat den Vorteil, dass die Maske sofort wie ein Visier vors Gesicht gezogen werden kann, wenn Covid- 19-Gefahr droht. Ist die Gefahr gebannt, fällt das Visier wieder. Eine pragmatische, zeitund nervensparende Lösung in unserer Pandemie-Hektik. Stilistisch gibts aber Abzüge: Etwas erschlafft wirkt diese Variante.

Die Flaneure

Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins gilt auch in Covid-19-Zeiten für den Typ des urbanen Flaneurs. Beziehungsweise des Spaziergängers. Längst hat der optimistisch in die Welt auch mit Maske dreinblickende Mensch das Covid-19-Gesichtsschild in ein lässiges Accessiore umgewandelt. Mal leicht am Hangelenk wie die minimalistische Form eines Handtäschchens baumelnd, mal sportlich am Ellenbogen festgezurrt – die Maske ist keine Lebensbeeinträchtigung mehr für den Flaneur. Im Gegenteil. Er spaziert, bereichert durch eine stilistische Nuance, weiterhin unerschrocken durch die Welt.

Die «Marlboro-Männer» Für wen sind Gesichtsmasken das absolute Übel in unseren Covid-19-Zeiten? Richtig, da ist zum einen die feminine Lippenstiftträgerin, die schon seit Wochen und Monaten mit kosmetisch- weiblicher Eleganz nicht mehr aufzufallen vermag. Zum anderen nerven sich natürlich unzählige viele Raucher über den Rauchfang im Gesicht. Doch richtige Marlboro-Männer haben längst eine Lösung gefunden. Man sieht diesen lässigen Masken- Typ oft in einer Nische am Strassenrand stehen, genüsslich eine Zigarette qualmend – wobei die Maske zur Hälfte geöffnet ist. Verwegen sieht das aus, wenn dabei an einem Ohr der Maskenbändel noch festgezurrt ist, während die andere Hälfte der Maske wie ein offenes Viehgatter im Wind schaukelt – und der Cowboy gleichzeitig eine Kippe im Mundwinkel wippen lässt. Der Covid-19-Django lässt grüssen!

Die coolen Ultras Also irgendwie wird es da einem schon anders zumute, wenn einem auf der Strasse plötzlich Frauen und Männer mit schwarzen Stoffmasken entgegenkommen. Sie haben der Pandemie den Kampf angesagt und machen aus ihrem öffentlichen Kreuzzug gegen das Virus keinen Hehl. Furchterregend wirkt das auf alle Fälle. Denn als eher «normaler» Maskenträger (siehe Pannenmensch) fragt man sich sofort, ob diese Schwarzvermummten Versprengte einer Zürcher 1.-Mai-Demo oder FCZ-Randale sind. Oder ob sie möglicherweise einen Banküberfall auf die Kantonalbank im Visier haben. Existenzialismus-Papst Jean-Paul Sarte würden die schwarzen Masken sicher gefallen.

Modische Macher und Verspielte Apropos schwarz. Natürlich kann man Masken grundsätzlich auch als neuen Modeartikel beziehungsweise als Werbefläche begreifen. Während Bayerns Ministerpräsident Söder im selbstbewussten «Miasanmia»-Modus natürlich eine weiss-blaue Maske trägt, hatte Novak Djokovic neulich beim French Open plakativ einen Eiffelturm im Gesicht. Weniger Geschäftsbewusste sind auch schon mit Blümchenmuster- Lätzchen und ähnlich dekorativen Spielwiesen als Konterfei happy. Allzu monstermässig wirken allerdings jene neuen «Gesichtsmasken», die jenen Teil des Antlitzes illusionistisch zeigen, der eigentlich verhüllt ist. Wer so rumläuft, hat sein Gesicht tatsächlich verloren.

Die Perfekten Es gibt tatsächlich auch Maskenträgerinnen und Maskenträger, an denen wirkt der Mundschutz wie angegossen. Als hätten diese von Geburt an diese Leinwände aus Kunststoff und Textil im Gesicht. Fast wie professionelle Chirurgen, Krankenschwestern und Pfleger wandeln sie über die Strassen und durch die Geschäfte – als ob sie direkt aus dem Operationssaal kommen. Niemals wirkt ihre übers Gesicht straff aufgefaltete Maske verrutscht. Nie ist die Brille angelaufen. Nie sieht die Maske abgetragen aus. Manchmal ist man sogar bei ihrem Anblick versucht, wie früher Emil in seinem Blutspende-Sketch «Schwester, Schwester!» auszurufen.

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