Veröffentlicht am

«Es gibt keine Afterpartys oder sonstige Exzesse»

«Es gibt keine Afterpartys  oder sonstige Exzesse» «Es gibt keine Afterpartys  oder sonstige Exzesse»

Eine Task Force kämpft, dass der Weihnachtsmarkt im Klosterdorf dem Coronavirus zum Trotz doch noch stattfinden kann. René Schönbächler, Präsident Einsiedeln Tourismus, und Raffael Schefer, Co-Präsident Detaillistenverein Einsiedeln-Ybrig, stehen Red und Antwort.

MAGNUS LEIBUNDGUT

Chilbi und Viehausstellung mussten abgesagt werden. Warum soll jetzt der Weihnachtsmarkt stattfinden? René Schönbächler: Bis am 30. September galt ein schweizweites Verbot von Veranstaltungen mit über tausend Personen. Diesem Verbot sind alle bekannten Grossanlässe in diesem Sommer zum Opfer gefallen. Der Bundesrat hat dieses Verbot nun per 1. Oktober aufgehoben und damit den Weg zurück zur Normalität vorgegeben. Märkte finden übrigens schon seit dem 11. Mai wieder tagtäglich in der ganzen Schweiz statt, so gestern Montag auch der beliebte Gallusmarkt.

Normalerweise besuchen rund 80’000 Besucher den Einsiedler Weihnachtsmarkt. René Schönbächler: Das sind Schätzungen aus Rekordjahren, in denen das Wetter gut mitgespielt hat. Es geht etwas vergessen, dass sich die 80’000 Besucher auf zehn Tage und verschiedene Tageszeiten verteilen. Nach unseren Berechnungen waren auch in der Vergangenheit an absoluten Spitzentagen nie mehr als 5000 Leute gleichzeitig am Markt. Wenn nun also wieder Fussballspiele mit 25’000 Besuchern stattfinden, die innerhalb kurzer Zeit in ein Stadion strömen, haben wir in Einsiedeln fünf Mal weniger Leute am gesamten Markt verteilt.

Was sind die Kernpunkte des überarbeiteten Schutzkonzepts?

Raffael Schefer: An jedem Markthäuschen und an den Haupteingängen sollen rund 140 Desinfektionsspender montiert werden. Während den Hauptbesuchszeiten von Freitag bis Sonntag gilt zudem eine Maskenpflicht, und es finden keine Rahmenveranstaltungen statt. Das Märchtbeizli und auch das Märli- und Bastelzelt werden nicht aufgebaut. Der Schutz der Besucher wird nochmals verstärkt und kann situativ den Besucherzahlen angepasst werden. Damit halten wir die gesetzlichen Vorgaben von Bund und Kanton ein.

Sind weitere Massnahmen geplant?

Raffael Schefer: Die Task Force hat 15 weitere Massnahmen aufgelistet, die über die gesetzlichen Vorgaben hinausgehen. Das richtungsgetrennte Einbahnsystem garantiert zum Beispiel einen besseren Besucherfluss und damit auch generell weniger Kontakte zu anderen Besuchern. Zudem wird die Marktfläche vergrössert, und es werden weniger Marktfahrer präsent sein. Die Task Force ist bereit, rund 50’000 Franken in die Sicherheitsmassnahmen zu investieren, damit der Markt stattfinden kann.

Viele Weihnachtsmärkte, wie zum Beispiel auch in Rapperswil, wurden abgesagt. René Schönbächler: Gleichzeitig finden aber auch viele Märkte statt: In Zürich zum Beispiel die Mehrheit der Weihnachtsmärkte. Ein weiteres prominentes Beispiel ist der Muotathaler Alpkäsemarkt, der Ende Oktober ebenfalls im gewohnten Rahmen, selbstverständlich ebenfalls mit Schutzkonzept, über die Bühne gehen wird. Der Einsiedler Weihnachtsmarkt hat zudem die Möglichkeit, sich in der Fläche auszubreiten. Das hatten viele der abgesagten Märkte nicht.

Wie gross ist das Risiko, dass Einsiedeln zum Corona-Hotspot wird? Raffael Schefer: Fachleute sind sich unterdessen einig, dass draussen an der frischen Luft praktisch keine Ansteckungen stattfinden. Im Weiteren ist der Weihnachtsmarkt keine «Festveranstaltung » wie ein Fasnachtsball oder ein Après-Ski-Gaudi. Es gibt keine Afterpartys oder sonstige Exzesse. Die Leute benehmen sich gesittet und geniessen die tolle Atmosphäre im Klosterdorf. Durch das erweiterte Schutzkonzept, mit Maskenpflicht von Freitag bis Sonntag, ist die Task Force überzeugt, dass sie die Gesundheit der Besucher gewährleisten kann.

Und trotzdem geistern den Einheimischen immer wieder die überfüllten Strassen durch den Kopf. René Schönbächler: Diese Bilder kenne wir alle. Mit dem richtungsgetrennten Einbahnsystem und der Möglichkeit, den Einlass in die Hauptstrasse auch zu schliessen, sind wir in der Lage, solche Situationen bei der diesjährigen Ausgabe zu vermeiden. Auf dem Klosterplatz hatten wir auch im letztjährigen Rekordjahr praktisch nie ein Gedränge.

Wie viel Eigenverantwortung müssen die Gäste bezüglich Risikogruppen selber tragen? René Schönbächler: Die Eigenverantwortung ist unterdessen ja auch beim Bund ein wichtiger Bestandteil der kommunizierten Corona-Schutzmassnahmen. Wir wissen heute, welche Gruppen besonders gefährdet sind. Und diese Personen wissen auch, wie sie sich gegen das Virus schützen können. Insofern trägt jeder auch eine Verantwortung, um zum Beispiel mit Grippesymptomen zu Hause zu bleiben. Mit Husten und 38 Grad Fieber sollte man aktuell aus Vorsicht nicht aus dem Haus, unabhängig vom Weihnachtsmarkt.

Wie wichtig ist der Weihnachtsmarkt für das einheimische Gewerbe?

Raffael Schefer: Gerade für die Detaillisten an der Hauptstrasse, aber auch für die Gastronomie und Hotellerie sind es mit Abstand die wichtigsten zehn Tage im Jahr. Nach einem wirtschaftlich äusserst schwierigen Jahr ist der Weihnachtsmarkt sozusagen die letzte Hoffnung. Es geht jetzt darum, dass Arbeitsplätze im Dorf erhalten werden und nicht noch mehr Betriebe entlang der Hauptstrasse schliessen müssen. Dass wir aber trotz aller wirtschaftlicher Notwendigkeit die Gesundheit der Besucher bestmöglich schützen wollen, ist auch in unserem Interesse als Organisator.

In dem Fall ist alles bereit für den Weihnachtsmarkt? Raffael Schefer: Aus Sicht der Task Force wurden alle geforderten Sicherheitsmassnahmen und darüber hinausgehende Optionen umgesetzt. Wir hoffen nun, dass der Bezirksrat dies ebenfalls so sieht. Für uns war wichtig, dass wir sämtliche Sicherheitsmassnahmen, die im Schutzkonzept erfasst sind, situationsgerecht umsetzen können. Wir sind zuversichtlich, dass unser Schutzkonzept überzeugt.

Die spontan gebildete Task Force kämpft um eine Bewilligung des Einsiedler Weihnachtsmarkts (von links): René Schönbächler, Präsident Einsiedeln Tourismus, Raffael Schefer, Co-Präsident Detaillistenverein Einsiedeln- Ybrig, Dominik Hug, Präsident Verwaltungsrat Einsiedeln-Ybrig-Zürichsee, Sepp Birchler, OK-Weihnachtsmarkt, und Cäsar Kälin, OK-Weihnachtsmarkt. Foto: zvg

Share
LATEST NEWS