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«Ausbau der H8 in Rothenthurm dürfte bundesrechtlich zulässig sein»

«Ausbau der H8 in Rothenthurm dürfte  bundesrechtlich zulässig sein» «Ausbau der H8 in Rothenthurm dürfte  bundesrechtlich zulässig sein»

Im Sägel und bei der H8 wirkt sich der Moorschutz nicht gleich aus. Die Unterschiede kennt Annemarie Sandor.

ANDREAS SEEHOLZER

Auf dem Gebiet des Kantons Schwyz gibt es viele national geschützte Landschaften: 107 Flachmoore, 19 Hochmoore, 6 Moorlandschaften, 25 Amphibienlaichgebiete, 3 Auengebiete und 31 Trockenwiesen und -weiden. Diese Fülle von Bundesinventarobjekten zeigt die Bedeutung des Kantons Schwyz für den Natur- und Landschaftsschutz und insbesondere für den Moorschutz.

Seit der Annahme der Rothenthurm- Initiative 1987 heisst es zum Schutz der Moore in der Bundesverfassung: «Moore und Moorlandschaften von besonderer Schönheit und gesamtschweizerischer Bedeutung sind geschützt. Es dürfen darin weder Anlagen gebaut noch Bodenveränderungen irgendwelcher Art vorgenommen werden. Ausgenommen sind Einrichtungen, die der Aufrechterhaltung des Schutzzweckes und der bisherigen landwirtschaftlichen Nutzung dienen.»

Der Moorschutz schränkt den Ausbau von Strassen ein

Dieser sogenannte Moorschutzartikel der Bundesverfassung macht es nicht einfach, mit geschützten Mooren umzugehen, ja gar Strassen darin zu erweitern, wie dies im Kanton Schwyz im Gebiet Sägel oder mit der Verbindung zwischen Ausser- und Innerschwyz auf der Hauptstrasse Nr. 8 geplant wird. Wie es genau um die Situation mit dem Moorschutz im Kanton Schwyz steht, weiss Annemarie Sandor, Leiterin Fachbereich Natur und Landschaft des kantonalen Amts für Wald und Natur. Wie genau steht es um den Moorschutz in der Moorlandschaft Sägel?

Der Nutzungsplan wird nun aufgrund der Rückmeldungen aus der im Frühling vom 18. März bis 17. April durchgeführten Anhörung bei den betroffenen Gemeinden, dem Bundesamt für Umwelt, Bafu, und den Planungsbeteiligten überarbeitet beziehungsweise weiterentwickelt. Neben vielen anderen Stellungnahmen gibt insbesondere die Feststellung des Bafu, dass der Ausbau der Sägelstrasse, die Regelungen betreffend Campingplatz Buchenhof und die kompensatorische Abgrenzung der Moorlandschaft am Nordufer des Lauerzersees bundesrechtswidrig sind, Anlass zu einer Standortbestimmung und zur Überarbeitung der betreffenden Planinhalte.

Wenn eine Strasse in einem Moor verbreitert werden soll, kann doch an einer anderen Stelle das Moor vergrössert werden? Warum können Moorflächen nicht kompensiert werden?

Gemäss eidgenössischer Flachmoorverordnung sind Flachmoore von nationaler Bedeutung ungeschmälert zu erhalten. Eingriffe, die nicht dem Schutzziel oder der bisherigen land- beziehungsweise forstwirtschaftlichen Nutzung, dem Schutz des Menschen vor Naturgefahren dienen oder von überwiegendem öffentlichen Interesse sind, sind nicht zulässig. Der Ausbau der Sägelstrasse dient keinem der obgenannten Zwecke und stellt kein überwiegendes öffentliches Interesse dar. Bei der Beurteilung, dass es sich hier um kein überwiegendes öffentliches Interesse handelt, spielt unter anderem eine Rolle, dass die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer auf der Sägelstrasse auch ohne Ausbau gewährleistet werden kann. Eine Beeinträchtigung der Flachmoore in der Moorlandschaft Sägel/ Lauerzersee durch den Ausbau der Sägelstrasse ist deshalb rechtswidrig, auch wenn die durch den Ausbau zerstörten Moorflächen andernorts wieder ersetzt werden. Der Strassenausbau wäre nur dann rechtlich zulässig, wenn durch den Ausbau per se eine Verbesserung für das betroffene Flachmoor resultieren würde.

Und wie sieht die Situation beim Ausbau der Hauptstrasse Nr. 8 in der Moorlandschaft Rothenthurm aus? Mit dem Ausbau der H8 in der Moorlandschaft Rothenthurm scheint der Kanton nach langjähriger Optimierungsarbeit die Zielgerade nun erreicht zu haben. Das heute vorliegende Projekt dürfte die bundesrechtlichen Vorgaben des Moorschutzes erfüllen und vom Bafu akzeptiert werden. Es beinhaltet die angesprochenen kompensatorischen ökologischen Aufwertungsmassnahmen, unter anderem die Rückführung von heute intensiv genutzten Landwirtschaftsflächen zu Moorflächen. Wichtig ist aber, dass es mit der Realisierung des vorliegenden Projekts zu erheblichen landschaftlichen und biologischen Verbesserungen wie der Bündelung der Verkehrsträger, der Vergrösserung zusammenhängender Moorflächen und einer für den Moorschutz günstigen Verbesserung der Besucherlenkung kommen wird. Nochmals: Wo genau liegt aus Sicht des Moorschutzes der Unterschied zwischen Rothenthurm und dem Sägel hinsichtlich der beiden Strassenbauprojekte?

In der Moorlandschaft Rothenthurm gelten dieselben bundesrechtlichen Moorschutzbestimmungen wie in der Moorlandschaft Sägel/Lauerzersee. Der Ausbau der H8 in der Moorlandschaft Rothenthurm ist aber wegen der höheren Bedeutung der betroffenen Strasse als Verbindung Ausserschwyz–Innerschwyz und als Gotthardzubringer für den Verkehr aus der Nordostschweiz mit einem sehr viel höheren Verkehrsaufkommen und keiner zumutbaren Umfahrungsroute von erheblich grösserem öffentlichen Interesse als der Ausbau der Sägelstrasse. Das hohe öffentliche Interesse am Ausbau der H8 lässt im Rahmen einer Interessenabwägung einen höheren Ausschlag zugunsten des Strassenbauprojektes zu. Nur, wenn es aufgrund des Ergebnisses der Interessenabwägung zu einer Beeinträchtigung von Moorobjekten kommen darf, können und müssen diese durch ökologische Aufwertungsmassnahmen kompensiert werden.

Können Sie das in einfachen Worten zusammenfassen? Es kann gesagt werden, dass der Ausbau der H8 in der Moorlandschaft Rothenthurm in der heute vorliegenden optimierten Form bundesrechtlich zulässig sein dürfte, weil das Projekt per se mit Verbesserungen zugunsten des Moorschutzes verbunden ist und weil es von hohem öffentlichem Interesse ist. Der Ausbau der Sägelstrasse ist nicht zulässig, weil er nicht per se zu Verbesserungen in der Moorlandschaft Sägel/Lauerzersee führt und das öffentliche Interesse am Ausbau wegen der geringeren Bedeutung der Strasse und anderer Möglichkeiten, die Verkehrssicherheit zu gewährleisten, weniger hoch als das öffentliche Interesse am Moorschutz ist.

Der Ausbau der H8 ist im Kanton Schwyz schon länger ein Thema: Annemarie Sandor (Bild aus 2015) im Interview zum Ausbau der Hauptstrasse Nummer 8.

Foto: Andreas Seeholzer

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