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«Ich mache es wirklich gerne»

«Ich mache es wirklich gerne» «Ich mache es wirklich gerne»

Ein Blick mit Marina Braunschweiger in die abgelegte, wohlgeordnete Einsiedler Vergangenheit

Das Archiv des Bezirks Einsiedeln ist heute auf einem aktuellen Stand. Der Bestand ist digital erfasst und übersichtlich geordnet. Das Bezirksarchiv kann von allen Interessenten genutzt werden, nicht zuletzt dank hilfsbereitem Personal.

RENÉ STEINER

Heute ist das Bezirksarchiv in zwei Räumen eingerichtet. Der eine befindet sich unten im Keller des Rathauses, wo seinerzeit noch das ganze Archiv gehütet wurde. Nun dient er als «ruhende Ablage». Den anderen findet man mit separatem Eingang auf dem bezirkseigenen Areal des Alters- und Pflegeheims Langrüti.

Dieser grosszügig konzipierte «Schutzraum für Kulturgüter» hat keine Fenster, ist hell gestrichen, gut ausgeleuchtet, doch kühl, wenn nicht kalt wirkend – ein Schutzraum, wie er heutzutage üblich ist. Nichts deutet auf Vergangenheit hin. Oder doch? Einzelne Objekte lassen die Augen strahlen und Erinnerungen an die «gute alte Zeit» wach werden. Es sind Sammelobjekte des Kulturvereins Chärnehus, der diesen Teil mitbenützt. Eine durchaus sinnvolle Symbiose.

Ein modernes, praktisches Ablagesystem Doch der Besucher interessiert sich diesmal mehr, was hinter den beiden Türen links und rechts zu finden ist und vor allem, wie das Bezirksarchiv heute aussieht, wie es organisiert ist.

Auch diese Räume sind hell und funktional eingerichtet. Was sofort auffällt: Da herrscht Ordnung ! Und Übersicht. Beide Räume verfügen über ein Lagersystem, bei dem sich jeder Gestellteil auf Rollen ohne grossen Kraftaufwand verschieben lässt. Dieses System erlaubt eine optimale Platzausnutzung. Darin sind sämtliche Archivalien fein säuberlich aufgereiht, im rechten Teil vor allem Bücher und die zahlreichen Ratsprotokolle, im Raum links die in säurebeständigen (!) Schachteln abgelegten Dossiers. Wichtiger als die sorgfältige Ablage ist allerdings deren Aufbereitung und Erfassung. Wie bei so vielem ist dazu der Computer eine wertvolle Hilfe.

Eine vielfältige und befriedigende Arbeit Seit Juli 2019 betreut die Archivarin FH, Marina Braunschweiger, die Archivanliegen der Bezirksverwaltung in einem Teilpensum von 20 Prozent. Die Mutter von zwei Kindern wohnt in Emmenbrücke und arbeitet immer freitags in Einsiedeln. Weiter arbeitet sie bei der Gemeinde Richterswil und bei einer Firma, die auf Mandatsbasis Gemeindearchive betreut. Die freundliche Luzernerin ist somit die richtige Person, um ganzheitlich über das Archivwesen zu plaudern und mit ihr in die Bücher und Schachteln zu schauen.

Der Besucher möchte natürlich wissen, wie man zu dieser Tätigkeit kommt. Sie sei einfach in dieses Metier «hineingerutscht » und hineingewachsen und «ja, ich mache es wirklich gerne», so beschreibt Marina Braunschweiger ihren Werdegang und ihre Motivation. 2004 hat sie die berufsbegleitende Ausbildung Information und Dokumentation in Chur absolviert. Die Archivarbeit erlaube es, sehr selbständig zu arbeiten, man könne sie selber einteilen, wenn man gerne allein arbeite, sei es eine vielfältige und befriedigende Aufgabe.

«Ruhend», «kassieren» und ein wenig Detektiv Zur Aufgabe der Archivarin gehört die Selektion der abzulegenden Dokumente. Dazu gehören heute auch digitale Unterlagen. Nicht mehr benötigte Akten aus der Verwaltung werden gesammelt und wandern in die «ruhende Ablage», also in das Zwischenarchiv im altehrwürdigen Keller des Rathauses. Gemäss den Vorgaben entscheidet die Fachfrau, was im Archiv aufbewahrt wird und was nicht. Was nicht archivwürdig ist, wird «kassiert ». Die Luzernerin erklärt sogleich: Das heisst, es wird ausgeschieden, also nicht aufbewahrt.

Mindestens so spannend wie die Selektion der Akten ist ihr Auffinden und Bereitstellen. Oft gilt es, für eine Anfrage, für ein Gesuch zu recherchieren, dabei verschiedene Quellen zu erforschen – manchmal eine knifflige, oft eine spannende, interessante Angelegenheit. Und das Schöne daran: «Ich muss aber nicht werten.» Unkompliziert und hilfsbereit

Doch wie kommt man zum Material? Die Archivarin räumt gleich eine erste Hürde weg und verspricht: «Wir sind unkompliziert! » – und hilfsbereit. Davon hat sich auch der Schreibende überzeugen können, er hat einfach zum Telefonhörer gegriffen, aufs Rathaus angerufen und gestaunt, wie freundlich und unkompliziert seine Anfrage geklappt hat. Es gibt also rund um die Archivierung keine Geheimniskrämerei. Und Marina Braunschweiger betont: «Die Öffentlichkeit hat das Recht auf Nachvollziehbarkeit » ihrer Arbeit.

Bei aller Hilfsbereitschaft und digitaler Hilfe ist jedoch auch ein wenig Geduld angesagt. Zudem gelten zur Herausgabe von Archivalien einige allgemeingültige Regeln. Zu persönlichen Anfragen und Fakten kann immer Auskunft gegeben werden. Zu anderen Anliegen gelten Schutzfristen, allgemein 35 Jahre, bei Personen bis zu 70 Jahre. Danach sind die Bestände im Archiv für die Öffentlichkeit frei zugänglich. Der Datenschutz hat ein grosses Gewicht. Das gilt vor allem auch für Anfragen zu Vormundschaft und KESB.

Neben «wichtigen und historisch interessanten Verwaltungsunterlagen des Bezirks Einsiedeln » finden sich im Archiv auch «ältere Register, Stammbücher und andere Quellen für die genealogische Forschung».

Genealogie? Einfach gesagt bezeichnet sie die Familien- oder Ahnenforschung. Hier finden also Personen Auskunft, wenn sie über ihre Familie mehr erfahren, vielleicht gar einen Stammbaum erstellen wollen.

Das älteste Dokument Im Zwischenarchiv sind die Dokumente ab 2006 nach einem Ordnungssystem abgelegt. Die älteren Akten findet man im Archivraum in der Langrüti. Da sind zweifellos die interessantesten und ältesten Dokumente aufbewahrt, so das wohl älteste im Bestand: Ein Dokument aus Pergament mit zwei Siegeln aus dem Jahr 1301. Im digitalen Verzeichnis findet man unter «A II 1» nicht nur die Jahreszahl 1301, es enthält auch eine Kurzfassung des Inhalts: «Abt Johannes von Schwanden verleiht den Brüdern Rudolf Heinrich, Uli und Heinrich (Söhne von Heinrich in der Au) die Schweig ‹Obren grossa› für einen Jahreszins von 3,5 Pfund Pfennig Zürcher Münze.» Dem Lesenden ist hier aufgefallen: «Obren grossa» – wahrscheinlich für Obergross. Wenn das nicht interessant ist?

Das Bezirksarchiv führt noch andere Trouvaillen in seinem Bestand, und das digital geführte Verzeichnis erlaubt das erfolgreiche Eintauchen in die Vergangenheit des Bezirksgeschehens, auch wenn man die alten Schriften selbst nicht lesen kann.

Marina Braunschweiger bei einem der zahlreichen Regale mit wertvollen Dokumenten in Bücherform. Fotos: René Steiner

Einblick ins Zwischenarchiv. Meterweise reiht sich Ordner an Ordner. Hier sind die Dokumente der jüngeren Verwaltungsarbeit im Sinne der «ruhenden Ablage» gesammelt.

Nicht nur auf offene Türen, auch auf offene Ohren stossen alle interessierten Personen bei Marina Braunschweiger. Sie betreut seit Juli 2019 das Bezirksarchiv.

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