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«Bauern stehen unter sehr grossem Druck von allen Seiten»

«Bauern stehen unter sehr grossem Druck von allen Seiten» «Bauern stehen unter sehr grossem Druck von allen Seiten»

Der Schwyzer Umweltrat (SUR) setzt sich für die Bewahrung der Schöpfung ein und fördert das Umweltbewusstsein im Kanton Schwyz. Otto Kümin, Vorstandsmitglied im SUR, schildert, was sich in der Landwirtschaftspolitik ändern müsste, auf dass es mehr Spielraum für ökologisch sinnvolle Neuerungen geben könnte.

MAGNUS LEIBUNDGUT

Wie positioniert sich der Schwyzer Umweltrat beim Jagdgesetz?

Für die grosse Mehrheit der SUR-Mitgliederverbände überwiegen die Nachteile: Besonders die Abschusskompetenz-Übertragung auf die Kantone könnte künftig als Abschuss-Freipass interpretiert werden, besonders zum Beispiel im Wallis, aber auch in unserem Kanton. Unter anderen haben deshalb die Mutterorganisationen von Pro Natura, BirdLife und WWF das Referendum ergriffen. Der Schwyzer Patentjäger-Verband und dessen Dachverband hingegen sehen im Gesetz eher eine Chance: So durch die finanzielle Förderung von Schutzgebieten, die Sicherung von Wildkorridoren und das Bike-Verbot in Banngebieten. Gelingt es dem Umweltrat, einheitlich aufzutreten trotz seiner sehr heterogenen Zusammensetzung?

In der überwiegenden Zahl der Fälle herrscht Übereinstimmung. Es kann jedoch Situationen geben, wie jetzt bei Jagdgesetz und Wolfsschutz, wo kein Konsens erzielt wird. Dann steht der SUR zu unterschiedlichen Meinungen, lässt sich deshalb aber nicht auseinanderdividieren.

Jäger und Ärzte sind mit dabei, der WWF und der VCS gleichsam. Wieso fehlen Landwirte im Schwyzer Umweltrat?

Die Schwyzer Landwirte haben keine Organisation, die den Schutz der Umwelt und Natur als Hauptziel in den Statuten aufführt. Dies ist aber Bedingung für einen Beitritt zum SUR. Ich schliesse aber nicht aus, dass angesichts der dringend nötigen Umorientierung hin zu einer wesentlich ökologischeren Landwirtschaft ein Beitritt eines Tages Tatsache werden könnte; zuerst wohl vonseiten der Bio-Bauern.

Wo hapert es aus Sicht des Rats in der Landwirtschaftspolitik?

Wie unsere gut besuchte Veranstaltung am 11. September in Biberbrugg zur These «Landwirtschaft – ökologischer ist auch ökonomischer» gezeigt hat, müssen eklatante Fehlanreize in der nationalen Landwirtschaftspolitik schnell beseitigt werden. Es kann nicht sein, dass die umfangreichen Subventionen letztlich helfen, Böden und Wasser zu vergiften und das Klima zu schädigen. Paradox ist auch, dass vielfach nicht die produzierenden Bauern, sondern deren Vorleister wie Futtermittelkonzerne oder die Pestizid-Industrie am meisten profitieren. Wie könnte es gelingen, die Landwirte besser in den Umweltrat miteinzubeziehen? Das geht wohl erst, wenn sich die nationale Agrarpolitik im erwähnten Sinn ändert. Und dann deren Umsetzung auch im Kanton Schwyz stattfindet. Faktisch arbeiten viele Bauern bereits jetzt als Landschaftsgärtner. Wie schätzen Sie das ökologische Bewusstsein der Landwirte ein? Auch in der Landwirtschaft gilt Bertold Brechts Feststellung «Erst kommt das Fressen, dann die Moral»! Die Bauern stehen unter sehr grossem Druck von allen Seiten, ihre Einkommenssituation ist vielfach prekär. Fehlinvestitionen Richtung Intensivlandwirtschaft lassen oft keinen Spielraum für ökologisch sinnvolle Neuerungen. Trotzdem führt kein Weg an einer umweltgerechteren Lebensmittel-Produktion vorbei. Dazu muss der Bund Hand bieten. Und – nicht zu vergessen – die Konsumentinnen und Konsumenten werden die entsprechenden Preise zu zahlen haben. Wie positioniert sich der Schwyzer Umweltrat bei der Trinkwasser- und Pestizidinitiative?

Entschieden dafür!

In der Kantonsrätlichen Umweltgruppe (KRUG), die der Umweltrat initiiert hat, sind alle Parteien vertreten, die über Sitze im Schwyzer Kantonsrat verfügen: Welche Erfolge kann die Gruppe vorweisen, was hat sie erreicht? Das kantonale Parlament und die Regierung sind für den Umweltrat und die KRUG ein hartes Pflaster! Erfolge sind nur in homöopathischen Dosen feststellbar, und wenn, erst nach mehreren Anläufen wie zum Beispiel bei der Neophytenbekämpfung, dem Moorlandschaftsschutz oder der endlich bundesgesetzkonformen Raumplanung. Nicht umsonst hinkt der Kanton Schwyz in fast allen Umwelt-Standards weit hintennach. Trotzdem versucht der SUR beharrlich mit Fakten zu überzeugen. Die Grünen Schwyz sind nicht mehr im Kantonsrat vertreten. Wieso schwächeln sie im Kanton Schwyz?

Nicht zu vergessen: In Form des Kritischen Forums Schwyz (kfi) waren die Grünen jahrelang im Kantonsrat vertreten. Der Kanton Schwyz ist von der Landwirtschaft und dem Kleingewerbe geprägt, die urbane Bevölkerung, die gerne grün wählt, ist untervertreten. Der Kanton Schwyz ist sehr konservativ und stark wirtschaftsorientiert, und das Privateigentum hat einen hohen Stellenwert. Zudem machen die SP seit Rothenthurm und neu die Grünliberalen eine ausgeprägt umweltfreundliche Politik, was ein Revival der Grünen erschwert.

Welche Ziele verfolgt der Schwyzer Umweltrat konkret?

Ich zitiere die Gründungs-Statuten aus dem Jahr 1989: «Der SUR versteht sich als Koordinationsgremium privater Schwyzer Umweltorganisationen. Er setzt sich ein für die Bewahrung der Schöpfung, fördert das Umweltbewusstsein im Kanton Schwyz, nimmt Stellung zu Umweltproblemen und koordiniert Aktivitäten zugunsten dieser Zwecke.» Welche Themen beschäftigen den Rat aktuell? Schwerpunkt ist die Raumplanung: In den Richtplänen und konkreten Ortsplanungen (Schutzund Nutzungsplanung, Erschliessungsplanung, Inventare) werden die entscheidenden umweltrelevanten Rahmenbedingungen gesetzt. Und nach der Neubestellung des Umweltdepartementes beobachten wir natürlich genau die Auswirkungen der vom zurückgetretenen Departementsvorsteher durchgezwängten Ämter- Reorganisation. Aus welchen Gründen ist der Schwyzer Heimatschutz aus dem Umweltrat ausgetreten? Der Schwyzer Heimatschutz (zu dessen Gründung übrigens der SUR wesentlich beigetragen hat) entwickelte in den letzten Jahren eine ausgeprägte Sensibilität gegenüber (vermeintlichen) Vereinnahmungen aller Art. Dadurch gestalteten sich Absprachen und gemeinsame Aktionen zunehmend schwierig. Ich persönlich bedaure diesen Schritt, sind doch Denkmal-, Ortsbildund Landschaftsschutz zentrale Inhalte einer umfassenden Umweltpolitik.

Wie sind Sie selber im Vorstand des Schwyzer Umweltrates gelandet?

Ich habe die ganze Entstehungsgeschichte des SUR begleitet, als sich nach der 1986 leider verlorenen Initiativ-Abstimmung «Rettet die Schwyzer Landschaften » eine verstärkte Zusammenarbeit der Schwyzer Schutzorganisationen aufdrängte. Man kann mich sozusagen als Gründungsmitglied bezeichnen. Sind Sie im Gegensatz zu den anderen Vorstandsmitgliedern ein freies Mitglied, weil Sie keine Organisation vertreten? Das stimmt so nicht ganz: Als dessen Co-Präsident vertrete ich das Komitee zur Erhaltung des Höhronens im SUR-Vorstand. Seit die Swisscom ihren unnützen Richtstrahlturm 2004 gesprengt hat, ist das KEH allerdings (wie übrigens auch das Komitee der Rothenthurm-Initiative) im Stillstand. Zudem erbringen mir meine 22 Jahre Kantonsratstätigkeit Kenntnis des Gesetzgebungsprozesses und der Polit-Mechanik. Mit welcher Motivation nehmen Sie diese Arbeit für den Umweltrat in Angriff? Die unkritisch wachstumsorientierten Kräfte sind im Kanton Schwyz unglaublich mächtig. Gegen die daraus folgende schleichende Zerstörung unserer Heimat und Landschaft wehre ich mich. In welchen Bereichen braucht es in Sachen Umweltschutz im Kanton Schwyz einen besonderen Effort?

Ganz klar in der kantonalen Energie- gleich Klimapolitik, beim Langsamverkehr und beim Moor- und Landschaftsschutz.

Der 69-jährige Otto Kümin ist Gründungsmitglied des Schwyzer Umweltrates (SUR). Foto: zvg

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