«Wir glaubten daran und unterstützten
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Anfang September gewann das Berner Start-up «recircle» einen der bedeutendsten Jungunternehmerpreise der Schweiz. Steigbügelhalter für diesen Erfolg war und ist mit der Stefan Kälin AG eine Einsiedler Firma.
VICTOR KÄLIN
«Anybotics», «bestsmile» und «recircle»: So heissen die Gewinner der am 3. September vergebenen Swiss Economic Awards. Die drei Start-ups setzten sich gegen mehr als 180 Mitbewerbende durch und teilten sich das Preisgeld von total 75’000 Franken. Der Swiss Economic Award gehört zu den bedeutendsten Jungunternehmerpreisen der Schweiz. Damit fördert das Swiss Economic Forum bereits seit über 20 Jahren das unternehmerische Gedankengut und den Wirtschaftsnachwuchs.
Das Start-up «recircle» erhielt den Preis der Kategorie Produktion/ Gewerbe, weil es «die weltweit erste Branchenlösung für Mehrwegverpackungen kreiert» hat. «Unsere 1200 Kunden zeigen, dass Kreislauflösungen jetzt in der Wirtschaft ankommen », kommentierte Jeannette Morath, Mitgründerin und Geschäftsführerin von «recircle». Das Geschäftsmodell ist simpel: Die Behälter werden von Restaurants, Kantinen … zu einem bestimmten Preis mit dem Essen verkauft. Der Käufer entscheidet selbst, ob er die Mehrwegverpackung behalten oder retournieren will, wobei er das Geld zurückerhält.
Freude in Bern – und auch in Einsiedeln Über die erhaltene Auszeichnung freute sich aber nicht nur Jeannette Morath, sondern auch Daniel Kälin. Den Geschäftsleiter des Einsiedler Familienbetriebes Stefan Kälin AG verbindet eine mittlerweile vierjährige Geschäftsbeziehung mit dem erfolgreichen Start-up aus Bern (siehe Kasten).
Den Anfang nahm diese Geschichte allerdings im Ausland. Da die Qualität der dort produzierten und eingesetzten Spritzgussformen den Ansprüchen von «recircle» nicht zu genügen vermochte, wurde Daniel Kälin von einem Geschäftsfreund kontaktiert. «Er sagte mir, dass die betroffene Firma ‹recircle› Support nötig hätte und fragte, ob mich das interessieren würde?» Daniel Kälin traf sich darauf mit Jeannette Morath – «und war von der Idee fasziniert»: Mehrwegverpackungen für die Lebensmittelbranche. Der Materialanteil ist zwar rund fünfmal höher als bei gewöhnlichen Wegwerfartikeln, dafür können die Gefässe aber hundertmal häufiger verwendet werden. «Kunststoff», so Kälin, «ist ein hochwertiges Produkt. Deshalb müssen wir die darin verwendeten Rohstoffe auch möglichst lange am Leben erhalten. Und genau darauf zielt die Idee von ‹recircle› ab: auf die Wiederverwertbarkeit. » Daniel Kälin bot Frau Morath an, die Spritzgussformen nach Einsiedeln zu holen und sich des Problems anzunehmen. Das war 2016. Der Deal kam zustande – es war der Beginn einer Erfolgsgeschichte. Seither sind Entwicklung und Produktion exklusiv in Einsiedeln platziert – bei der auf Formenbau und Kunststoffspritzguss spezialisierten Stefan Kälin AG.
«Am Markt bewährt» Bereits 2017 erfolgte die Markteinführung der «recircle»-Produkte. Zum Konzept gehört auch die Rücknahme der verbrauchten Behälter, um das Material zu recyceln und somit wieder in den Kreislauf zu bringen. Die Qualität der Produkte scheint zu stimmen: Von den 80 bisher verarbeiteten Tonnen sind in den drei Jahren noch keine 1000 Kilogramm nach Einsiedeln zurückgekommen. «Wir dachten», so Kälin, «die Ware kommt schneller zurück.» Für ihn ist das die Bestätigung, «dass sich die Hochwertigkeit am Markt bewährt».
Hauptabnehmer der Mehrwegverpackungen sind die Restaurants. Zu den Kunden gehören aber auch Caterer, Spitäler, Bäckereien und praktisch alle Hochschulen der Schweiz. Bereits 2017 sprang die Migros auf und 2019 dann auch Coop. Gestartet wurde mit drei Produkten; die Palette wird laufend erweitert und für Kälin ist «die Entwicklung noch lange nicht abgeschlossen ». Erst kürzlich klopfte Spitex Schweiz bei «recircle» an. In Einsiedeln werden auch individuelle Wünsche erfüllt, wie zum Beispiel der Guss mit integriertem Firmenlogo, wie für Novartis oder Migros geschehen. Die Stefan Kälin AG ist bisher der einzige «recircle»-Produktionsbetrieb. Und mit der BSZ Stiftung gibt es gar einen zweiten Bezugspunkt zum Kanton Schwyz: Konfektionierung samt Versand erfolgen vom BSZ-Betrieb in Schübelbach aus.
«Wir glaubten daran» Vier Jahre nach dem Start wähnt sich Kälin «mit ‹recircle› auf dem richtigen Weg. Es macht Spass und ich habe Freude, wie sich die Nachfrage entwickelt». Der Anteil der «recircle»-Produkte am Gesamtumsatz der Stefan Kälin AG beträgt rund 5 Prozent. Geliefert wird hauptsächlich in der Schweiz; doch 2019 sind in den Nachbarländern und in Neuseeland Zweigfilialen eröffnet worden. Das Feld scheint weit zu sein. «Wir unterstützten das Start-up weit mehr als üblich und trugen das Risiko mit», blickt Daniel Kälin zurück. «Wir taten dies, weil wir daran glaubten. »
www.stefankaelinag.ch
«Made in Einsiedeln»: Die Mehrwegverpackungen werden an der Mythenstrasse produziert. Foto: zvg
«Die Entwicklung ist noch lange nicht abgeschlossen»: Geschäftsleiter Daniel Kälin mit einer neu kreierten Auswahl der «recircle»-Mehrwegverpackungen. Foto: Victor Kälin