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«Wenn man damit fährt, verspürt man Respekt und Bewunderung»

«Wenn man damit fährt, verspürt man  Respekt und Bewunderung» «Wenn man damit fährt, verspürt man  Respekt und Bewunderung»

Ein seltenes Hobby betreibt der Grosser Albin Marty. Nebst Rennvelo und Mountainbike fährt er nun auch mit einem Hochrad, das er kürzlich erworben hat, durch die Gegend.

ALFRED KÄLIN

Die ersten Hochräder wurden vor rund 150 Jahren erst in Frankreich, dann in England entwickelt und schliesslich während etwa 22 Jahren (1870 bis 1892) in grossen Stückzahlen hergestellt. Man spricht von über 200’000 Stück, bis sie dann durch sogenannte niedrige Sicherheitsräder ersetzt wurden. Was war Ihre Motivation für die Anschaffung eines Grossradvelos?

Vor ungefähr 35 Jahren sah ich in Zürich in einem Schaufenster ein Hochrad. Seither bin ich davon fasziniert und es stand immer wieder auf meiner Wunschliste. Die Neugier liess mich nicht mehr los. Via Internet machte ich mich bereits vor Jahren schlau und dabei fiel mir der Name Mesiceck auf, ein «kleiner » Hochrad-Hersteller aus der Tschechei.

Im letzten Dezember, zur richtigen Zeit am richtigen Ort, wieder im Internet, stiess ich per Zufall auf folgendes Inserat: Zu verkaufen Hochrad, Marke Mesiceck. Nach ein paar Tagen Zögern fasste ich den Mut und meldete mich beim Inserenten, dem damaligen Besitzer in Goldau. Ich fuhr hin und stand bald neben dem neuen Hochrad, ein Prachtstück, aber «cheibä höch» dachte ich mir. Bin ich überhaupt in der Lage, mit diesem Gerät zu fahren? Der Verkäufer sagte, es sei zwar nicht ganz ohne, aber er würde mich anlernen.

Haben Sie dann zuerst Fahrversuche gemacht?

Ja, der Verkäufer hat mir das Hochradfahren an einem schönen Samstag beigebracht. Es brauchte einigen Mut und Selbstvertrauen, denn auch Zuschauer beobachteten meine ersten Fahrkünste mitten in einem Wohnquartier in Goldau. Die Anschaffung des Hochrades war nicht ganz billig, der Preis bewegt sich in der Höhe eines komfortablen Elektrobikes. Das Hochradfahren brauchte aber noch viel Übung, bis ich sagen konnte, jetzt habe ich es im Griff. Nur schon das Aufsteigen und Anhalten braucht eine gewisse Geschicklichkeit, sonst landet man schnell einmal ungewollt auf dem Boden. Um später ungestört üben zu können, begab ich mich sonntags auf den leeren Parkplatz eines Einkaufscenters und drehte dort meine Runden. Was ist so speziell an einem Hochrad? Es ist schon mal die Seltenheit, ein solches Gefährt auf der Strasse sehen zu können. Das Hochrad in dieser Form wurde also ab 1870 in Massenproduktion hergestellt. Es ist die Weiterentwicklung des Laufrades. Es ist sehr schwierig, ein historisches, originales Hochrad zu finden. Seit 28 Jahren stellt Mesiceck in nun zweiter Generation jährlich etwa 30 Stück qualitativ hochwertige Hochräder her und verkauft sie in alle Welt. Es ist nicht einfach ein Sportgerät – nein, wenn man damit fährt, verspürt man Respekt und Bewunderung. Interessant sind die Reaktionen der Passanten, da hört man etwa: Mami, was isch das? oder: wie chunt där wieder da obä abä? Ein älteres Paar, bestimmt Mitte 80, hat mir gesagt, dass sie zum ersten Mal in ihrem Leben live ein Hochrad sehen. Oder: Isch d Luft guet, häsch ä gueti Ussicht? Tatsächlich, auf dem Hochrad hat man eine sehr gute Aussicht, die Augenhöhe ist etwa auf 2,2 Meter und man sieht über so manchen Gartenhag (schmunzelt) … Braucht es bergaufwärts viel Kraft? Ja, sobald es steiler wird, ist viel Muskelkraft und Pfus gefragt. Die Aufstiege im Birchli sind gerade noch zu schaffen. Das Runterfahren ist schwieriger. Das Hochrad hat einen Starrlauf, das heisst, die Pedalen drehen konstant mit. Bei einer Pedalumdrehung legt das Gefährt vier Meter zurück. Man ist mit etwa 15 bis 16 Kilometern pro Stunde unterwegs (immerhin drei- bis viermal schneller als zu Fuss). Das grosse Rad, Vollgummibereifung, hat auch den Vorteil, dass man die Unebenheiten auf der Strasse weniger spürt. Das kleine hintere Rad dient als Stütze zum Stabilisieren. Wie funktioniert eigentlich das Bremsen? Man bremst mit den Pedalen, indem man Gegendruck gibt, was wiederum Kraft und Gefühl erfordert. Es ist zwar auch eine mechanische Bremse (Löffelbremse) montiert, mit der man direkt auf das grosse Rad drücken kann, welche man jedoch am besten schon gar nicht benützt. Bremst man zu stark kann es schnell gefährlich werden. Am besten vorausschauend und nicht zu schnell fahren, sodass man rechtzeitig absteigen kann.

Sonst noch etwas?

Ich bin halt irgendwie ein Nostalgiker. Obwohl ich auch Mountainbike und Rennvelo fahre und mich die neue Technologie interessiert, fasziniert mich immer wieder die alte Technik.

Eine Ausfahrt auf dem Hochrad macht Spass und erinnert gleichzeitig daran, dass dieses Gerät ein Teil der Entwicklung unserer heutigen Mobilität darstellt. Eine Mischung aus Liebe zum Nichtalltäglichen, aber auch eine neue Herausforderung in Vorbereitung auf meine bevorstehende Pension also.

Albin Marty präsentiert stolz sein Hochrad, mit dem er regelmässig auf den Strassen unserer Region unterwegs ist, sofern es nicht zu steil bergauf geht.

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