Wenn die Basis zum Ballast wird
KOMMENTAR
Einst katholisch-konservativ, dann einige Jahrzehnte immerhin noch christlich. Doch jetzt soll Schluss sein. Geht es nach dem Präsidium, soll die CVP in Zukunft «Die Mitte» heissen. Was früher die Basis einte, wird in säkularen Zeiten zum Ballast, zum Hemmschuh für neue Wähler und Wählerinnen. Denn darum geht es: «Die Mitte » will wachsen. Sie ortet ihr Potenzial in den Städten und Agglomerationen und somit genau dort, wo die Kirche bereits aus dem breiteren Bewusstsein verschwunden ist. Da kann ein C nur stören.
Politisch hat der neue Name durchaus eine Logik. Die CVP ist dort zu Hause, wo die Kompromisse sind. Sie ist national jene Partei, deren Parolen am häufigsten mit den effektiven Resultaten übereinstimmen. Und sie ist überproportional vertreten im Ständerat und in den Kantonsregierungen – also genau dort, wo es mehr als anderswo um eine politische Gesamtschau geht. Anscheinend trauen die Wähler den Exponenten der CVP eine pragmatische Lösung am ehesten zu.
Noch ist «Die Mitte» erst eine Ortsangabe innerhalb des Parteienspektrums. Gerade deshalb ist der Namenswechsel ein mutiger Schritt. Ob das als Überzeugung oder Verzweiflung gedeutet wird, zeigen schon bald die Mitglieder – vor allem jene in religiös geprägten Gegenden wie etwa Einsiedeln.
VICTOR KÄLIN