Veröffentlicht am

Vom Feuerwehrdepot zum schmucken Bau mit Charme

Vom Feuerwehrdepot zum schmucken Bau mit Charme Vom Feuerwehrdepot zum schmucken Bau mit Charme

Im ehemaligen Einsiedler Feuerwehrlokal produziert Fredy Kälin Filteranlagen

Standen diese drei Türen offen, galt es jahrelang ernst, oder es wurde für den Ernstfall geübt. Mit den Jahren wurde das Lokal für die Feuerwehr zu klein und 2003 an die «Kälin Umwelttechnik» verkauft. Inhaber Fredy Kälin stellt darin seine innovativen Produkte her.

RENÉ STEINER

Als der Schreiber seinerzeit in jugendlichen Jahren auf dem Schulweg an den drei grossen, schweren Holztoren vorbei ging, wusste er genau, was sich dahinter befand: allerlei Feuerwehrmaterial, «s Gröisi» und vor allem zwei riesengrosse Leitern. Wenn sie bei Übungen von Hand aus dem «Sprützehüüsli» gezogen, zum Übungsobjekt geschoben und schliesslich ausgefahren wurden, da staunten wir Buben nicht schlecht und wünschten uns, auch einmal auf so einer Riesenleiter hinaufzusteigen.

Heute wirkt das ehemalige Feuerwehrlokal an der Kronenstrasse 17 leichter, eleganter, irgendwie auch unscheinbarer, obwohl das neue Dach viel markanter ist. Die klotzigen Holztore haben neuen Toren mit Metallrahmen und Fenstern Platz gemacht. Der dezent grüne Originalfarbton am Holz ist geblieben. Irgendwie erweckt das Gebäude mit seinem auffallenden Turm den Eindruck eines schmucken, putzigen Schlösschens.

Viel Platz zum Lagern und Produzieren Unter der kleinen Tür im mittleren Tor steht der Hausherr und heisst den Besucher einzutreten in die Räumlichkeiten der «Kälin Umwelttechnik». Fredy Kälin nutzt das ehemalige «Sprützehüüsli » heute als Lager- und Produktionshalle.

Mit seiner Firma hat er sich auf die Produktion von Staubfiltern spezialisiert, vor allem bietet er individuelle Lösungen an, damit die Anlagen vor Ort optimal funktionieren. Die «Kälin Umwelttechnik» ist eine Zulieferfirma, sie hat Kunden in der ganzen Schweiz, aber auch in Deutschland und beliefert unter anderem die Uhren- und Autoindustrie.

Da stellt sich sofort die Frage nach der Auftragslage. Oder direkter: Welche Auswirkungen hat der Corona-Lockdown auf Kälins Geschäftstätigkeit? «Und wie! – Immens!», kommentiert der 59-Jährige den Einbruch. Und sieht es sogleich auch positiv: Sein Geschäft sei 24 Jahre gut gelaufen. Und nun mache er das, was er schon immer mal tun wollte – aufräumen.

Idyllisch, aber oft zu klein Seit 1996 betreibt der Egger seine Firma als Einmannbetrieb in der Langrüti am Sihlsee. Wohnund Geschäftssitz können also nicht schöner sein. Im Nebenbau, genannt «Hobbyraum», erledigte er bis 2003 sämtliche Aufträge – kleine und grosse. Für die grossen musste er immer den Platz im Freien und manchmal halt auch ein paar Zentimeter der Strasse belegen. Selbst Kälin spricht von «prekären» Platzverhältnissen.

So stiessen bei ihm die Verkaufsabsichten des Bezirksrats auf offene Ohren. In der Abstimmungsbotschaft 2002 schrieb dazu die Behörde: «Mit dem Verkauf des alten Feuerwehrdepots an die Kälin Umwelttechnik GmbH kann einem jungen, innovativen Unternehmen die Möglichkeit zur Expansion gegeben werden.» Das Stimmvolk segnete diesen Handel ab, und noch heute redet der Egger Unternehmer von einem «absoluten Glücksfall» für ihn.

Stilvolle Sanierung

Also machte sich der neue, stolze Besitzer daran, den «einfachen Riegelbau mit Backsteinausfachung » sanft und stilvoll zu sanieren. Denn noch heute sagt er zum Gebäude: «Es hat Charakter, für mich ist es einzigartig !» Die Vorgaben des Denkmalschutzes wurden umgesetzt, aber auch neuzeitliche Änderungen vorgenommen.

Wo früher die beiden Leitern und all das andere Feuerwehrmaterial lagerten, stehen heute die grossen Komponenten zur Produktion bereit. Trotz des Einbaus eines Zwischenbodens wirkt der Raum immer noch hoch und bietet rundherum viel Platz. Grössere Aufträge sind kein Problem mehr.

Im Werkstattteil findet man nicht unbedingt den neusten, topmodernsten Maschinenpark, es sind bewährte Präzisionsgeräte, mit denen man praktisch und funktional arbeiten kann – genau so, wie der Meister es braucht.

Macher und Sportler Der gelernte Feinmechaniker bildete sich am Technikum zum Maschinenbau- Ingenieur weiter und arbeitete in der Lüftungsbranche. Als es mit seinem Arbeitgeber Turbulenzen gab, arbeitete er in kürzester Zeit – typisch Fredy Kälin – ein Geschäftskonzept aus und startete 1996 mit seinem smarten Jungunternehmen im Viertel Egg.

Fredy und seine Frau Angie Kälin haben drei Kinder. Sein Arbeitsmodell erlaubte ihm zudem, seine Frau bei der Betreuung ihres behinderten Sohns zu entlasten, indem er zweimal täglich ausführliche Spaziergänge mit seinem Sohn unternahm. Der sportbegeisterte Mann sagt von sich: «Ich muss immer etwas tun.» Wer ihn kennt, weiss: Da läuft immer etwas. 15 Zentimeter aus dem Lot

Das 1908 erbaute Spritzenhaus diente der Feuerwehr nicht nur als Depot, da wurde das Material wie es sich gehört retabliert. Vor allem die Wasserschläuche verlangten nach regelmässiger Pflege. Sie wurden im Untergeschoss in einem langen Brunnentrog gereinigt und im Turm zum Trocknen aufgehängt. Der Turm war also nicht Zeichen einer königlichen Behandlung der Feuerwehrleute durch die löbliche Bezirksbehörde.

Seine Sanierung bereitete selbst dem ideenreichen Egger einiges Kopfzerbrechen, befand er sich doch in einem bedenklichen Zustand. Ihn abreissen und identisch nachbauen erlaubte ihm der Denkmalschutz nicht, dafür gab es ein Entgegenkommen beim Einbau einer Wohnung im hinteren, oberen Gebäudeteil.

Das Untergeschoss dient auch der «Kälin Umwelttechnik» als weiterer Lagerraum. Und «das habe ich extra stehen lassen »: Fredy Kälin zeigt auf ein Bild an der Zwischenwand, das einer «wohl aus Langeweile» an die Wand gemalt habe. Denn das «Sprützehüüsli» diente auch mal als Truppenunterkunft.

Und was würde er noch gerne «so» machen? Der kreative Anlagenbauer könnte sich gut das Gestalten von Eisenplastiken vorstellen. Der Schreiber denkt an Jean Tinguely und weiss, was Fredy Kälin meint: kunstvolle Einzelstücke, sicher keine Standardprodukte. Vielleicht gibt dazu die Coronazeit das positive Signal, Platz und Werkzeuge wären ja im «Sprützehüüsli» vorhanden.

Gruppenfoto mit lauter wackeren Mannen. Foto: zvg

Herzlich willkommen bei Fredy Kälin! Freundlich und unkompliziert zeigt der Egger dem Besucher sein Reich an der Kronenstrasse 17.

Fotos: René Steiner

Kunst im Keller: Während des Zweiten Weltkriegs diente das Feuerwehrlokal als Truppenunterkunft. Jemand malte während seines Aufenthalts ein Wandbild, das wohl die Tätigkeit der untergebrachten Truppeneinheit festhält.

So sieht das Gebäude heute aus.

Im Inneren befindet sich die Werkstatt von «Kälin Umwelttechnik».

Share
LATEST NEWS