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Der Weltrekord ist zurück

Der Weltrekord ist zurück Der Weltrekord ist zurück

Höhlenforscher entdecken eine neue spektakuläre Verbindung von der Bödmeren ins Höllochsystem.

FRANZ STEINEGGER

«Einige Mitglieder unseres Forschungsteams entdeckten auf einer Skitour im Frühling 2015 im Bödmerengebiet ein Blasloch – ein Loch in der Schneedecke, das durch den Luftaustritt aus einer Höhle entsteht», erzählt Christian Wilda, ehemaliger Präsident der Arbeitsgemeinschaft Höllochforschung (AGH). Im darauffolgenden Sommer gingen sie der Sache nach. Als sie einstiegen, mussten sie zuerst über eine Tonne Güsel herausnehmen, den Älpler in den vergangenen Jahrzehnten auf diese Weise entsorgt hatten. Daher der Höhlenname Güselloch.

Anfänglich kamen die Forscher nur langsam voran. Zuerst ging es sehr steil 70 Meter in die Tiefe. Der folgende Horizontalschacht war stark mit nassem, klebrigem Lehm ausgekleidet. «Wenn wir ausstiegen, mussten wir eine ein Zentimeter dicke Lehmschicht von unseren Kleidern kratzen», erinnert sich Wilda schmunzelnd. Zu den anspruchsvollen Verhältnissen kamen «selbst für Forscher extrem enge Stellen» hinzu, erklärt der in Basel wohnhafte Zürcher.

Die kühnsten Hoffnungen erfüllten sich Teilweise musste Geröll entfernt werden, um den Gang aufzuweiten. Und es wehte ein kalter Luftzug mit konstanten 3,5 Grad Celsius. Doch genau dieser garstige Luftzug hielt ihre Motivation hoch. Denn er war ein sicheres Zeichen, dass das Güselloch mit einem grösseren Höhlensystem in Verbindung stand. Vor gut zwei Wochen, Ende Juli, erfüllten sich nach 60 Höhlenfahrten die kühnsten Hoffnungen der Forscher: Nach 1633 beschwerlichen und dunklen Gängen konnte zum ersten Mal in der Geschichte der Höllochforschung eine eigenständige Höhle mit dem Hölloch verbunden werden.

Wo sich genau der Einstieg befindet, will Wilda nicht verraten. «Die Höhle ist absolut nicht touristengängig. Sie ist eng, schmutzig, kalt, und zwei wassergefüllte Siphons erschweren den Durchgang», erklärt der Forscher, der seit seinem 16. Lebensjahr in den Höhlensystemen des Muotatals forscht. «Die Dimensionen sind weltweit einzigartig» Der Einstieg ins Güselloch befindet sich auf 1584 Metern über Meer und ist damit der höchste Punkt des bisher bekannten Höllochsystems. Der tiefste Punkt liegt auf 551 Metern. Die neue Höhendifferenz von 1033 Metern bringt das Hölloch wieder auf die absolute Rekordliste. Mit seinen aktuell 207 Kilometern ist es zwar die längste Höhle von Westeuropa, aber «nur» die elftlängste der Welt. Es gibt aber keine so lange Höhle mit einer so grossen Höhendifferenz.

«Die Dimensionen sind einzigartig, wie man sie sonst nirgends auf der Welt kennt», hält Christian Wilda fest. Im Kaukasus gebe es zwar Höhlen, die über 2000 Meter tief seien, aber nur 12 und 16 Kilometer lang. Die längste der Welt, die Mammut- Höhle in Kentucky, USA, ist gewaltige 627 Kilometer lang, weist aber nur einen Höhenunterschied von 125 Metern auf.

Mit dem Güselloch kennt man nun fünf verschiedene Zugänge zum Hölloch.

Diesem Forscherteam ist der Durchbruch gelungen: Es fand erstmals eine Verbindung zwischen einer vor fünf Jahren entdeckten Höhle zum Hölloch, was dieses wieder zu etwas weltweit Einzigartigem macht. Der Weg in den Untergrund war jedoch extrem beschwerlich.

Fotos/Grafik: AGH

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