«Schwyzer Staatshaushalt ist aktuell krisensicher»
Trotz Covid-19 – oder gerade deswegen: Tiefe und mittlere Einkommen sollen steuerlich entlastet werden, sagt Regierungsrat Kaspar Michel.
ANDREAS SEEHOLZER
Werden die Steuern im Sinne einer Belebung der Wirtschaft 2021 gesenkt? Vordringlich ist nun das Projekt, die tiefen und mittleren Einkommen – den Mittelstand – zu entlasten, das gilt nach wie vor. Hierzu scheint es einen breiten politischen Konsens zu geben. Dies ist im Sinne der Stärkung der Kaufkraft letztlich ja auch wirtschaftsfördernd. Die lange versprochene Steuersenkung für die unteren und mittleren Einkommen soll also realisiert werden? Absolut, das Projekt ist unterwegs und wird bald in der entsprechenden Kommission und dann im Kantonsrat beraten. Im Budget 2020 ist die Steuersenkung von 160 auf 150 Prozent eingerechnet, die Mindereinnahmen von über 30 Millionen Franken bedeutet. Bereuen Sie diese Steuersenkung? Nein, keineswegs. Die Steuersenkung war richtig. Der Schwyzer Staatshaushalt ist aktuell grundsätzlich krisensicher. Wir haben Liquidität und Nettovermögen.
Covid-19 wird zu Steuerausfällen führen. Wenn Sie spekulieren: Wie hoch werden die kantonalen Steuerausfälle sein? Wir rechnen mit Ausfällen von allenfalls insgesamt 50 bis 70 Millionen. Aber das ist noch völliges Kaffeesatzlesen. Bei den natürlichen Personen werden wohl weniger Dividenden ausbezahlt, und auch die Löhne werden teilweise nicht gleich hoch ausfallen; bei den juristischen Personen wird es mutmasslich weniger Gewinn geben. Wie viel Steuern nimmt der Kanton Schwyz ein?
Des Fiskalertrag belief sich in den letzten Jahren auf über 800 Millionen.
Also kann mit rund 8 Prozent weniger gerechnet werden? Das ist nicht ausgeschlossen. Diese Annahme ist aber wirklich mit Vorsicht zu geniessen. Die Entwicklung ist vom weiteren Verlauf der Corona-Krise abhängig. Kommt es allenfalls zu einem zweiten Lockdown, sind diese Zahlen bereits wieder überholt.
Und die Gemeinden?
Von den Gemeinden erwarten wir bald die aktualisierten Daten. Wir rechnen aber bei den natürlichen Personen mit 5 bis 6 Prozent an Einbussen, bei den juristischen Personen mit möglicherweise bis zu 20 Prozent. Da die Steuereinnahmen im Kanton Schwyz mehrheitlich von natürlichen Personen stammen, trifft uns dieses Verhältnis vorerst nicht so stark. Doch wie gesagt – das ist Kaffeesatzlesen. Der Kanton hat ein Nettovermögen von knapp 360 Millionen Franken. Wird dieses nun angezapft?
Sicher ist, dass wir gut gerüstet sind. Wir haben immer gesagt, dass wir rund 200 Millionen für genau solche Krisen auf der Seite haben sollten. Das haben wir. Allfällige Defizite würden tatsächlich zulasten des hohen Eigenkapitals gehen. Der Regierungsrat ging letztes Jahr für das Budget 2020 von einem Defizit aus. Wie hoch wird dieses Defizit nun ausfallen?
Das Budget 2020 rechnete praktisch mit einer schwarzen Null. Was nun wirklich resultiert, wird aber erst im Februar 2021 definitiv klar. Ich gehe zurzeit davon aus, dass wir für das Jahr 2020 wohl ein Defizit einfahren werden. Klar ist auch, dass sich Corona im Budget 2021 abbilden wird.
Erst noch wurde der lange angekündigte und sehr umfangreiche Bericht «Finanzen 2020» präsentiert. Wandert dieses Werk nun wegen Corona in die Schublade?
Im Gegenteil. Es handelt sich ja um eine langfristige Analyse, um einen Blick in die nächste finanzpolitische Geländekammer. Der Bericht ist immer noch absolut aktuell und bildet die richtige Grundlage für die Planung. Seine Aussagen sind wichtige Entscheidungsgrundlagen.
Wäre es finanzpolitisch sinnvoll, die Steuern anzuheben? Nein, das ist aktuell überhaupt nicht notwendig. Und es ist vor allem im Moment keinesfalls wünschbar. Die Steuern anzuheben, ist kein Thema. Was wir nun am wenigsten wollen, ist ein Abfluss an Steuersubstrat, weil wir die Steuern anheben. Und auch eine Mehrbelastung der Bürger wäre gerade in diesen schwierigen Zeiten falsch.
Welches Budget werden Sie für 2021 zusammengefasst präsentieren?
Das kann ich noch nicht sagen. Es ist jetzt – unter Einbezug aller Komponenten und Annahmen – am Entstehen und wird im Herbst präsentiert. Sie haben das Messer am Hals, im Oktober wird das Budget 2021 präsentiert. Spätestens dann ist die finanzpolitische Situation nicht mehr nur Kaffeesatzlesen. Welche Strategie verfolgen Sie? Die Strategie bleibt. Wir wollen ein ausgeglichenes Budget über eine Zeitspanne von acht Jahren. Es ist nicht ausgeschlossen, dass wir – coronabedingt – ein Defizit budgetieren, aber eines, das – wie es das Gesetz verlangt – in der Achtjahresplanung einen ausgeglichenen Staatshaushalt ergibt. Und da haben wir gute Karten in der Hand, weil die vergangenen Jahre finanziell sehr gut verliefen und starke Ertragsüberschüsse erzielt wurden. Das macht uns jetzt recht krisenresistent. Das Eigenkapital würde dann also sinken? Ja, was in einer Krisensituation auch das absolut Richtige ist. Deshalb sind auch Steuererhöhungen kein Thema. Das wäre falsch. Bei 360 Millionen hat der Kanton also Reserven für geschätzte fünf Jahre? Das kann und darf man nicht so rein kalkulatorisch sehen. Fakt ist, die sogenannte Durchhaltefähigkeit ist im schuldenfreien Kanton Schwyz vergleichsweise hoch. Aber umso mehr müssen wir sparsam, zurückhaltend und effizient bleiben und unsere Mittel gezielt einsetzen. Das gilt gerade auch für irgendwelche unnötige Begehrlichkeiten, schöngeistige politische Anliegen und entsprechende Parlamentsentscheide.
Wo gibt es bei den Finanzen aktuell Unbekannte? Es gibt noch viele Unbekannte, in Bezug auf Corona zum Beispiel bei der Spitalfinanzierung und beim öV-Ausfall, hier können wir die Notwendigkeiten noch nicht genau abschätzen.
«Es gibt noch viele Unbekannte»: Finanzminister Kaspar Michel zur Steuerentwicklung in Corona-Zeiten.