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«Dügg» tritt ab

Der gebürtige Schwyzer Regisseur Werner Düggelin ist mit 90 Jahren gestorben.

red. «Ich will nicht mehr. Das Inszenieren strengt mich zu sehr an», sagte Werner Düggelin, der in Ausserschwyz aufgewachsen ist, nach seiner Moliere-Inszenierung am Schauspielhaus Zürich. Da war er 84 Jahre alt. Es war ein Rückzug mit Rückzieher. Denn wie bei vielen Künstlern, die ein Leben lang für eine Sache brennen, musste es auch für «Dügg», wie ihn alle liebevoll nannten, irgendwie weitergehen. Und es ging weiter: Mit der Beckett- Inszenierung «Glückliche Tage» 2015 am Schauspielhaus Zürich, und ebendort vor zwei Jahren, als er Büchners «Lenz» inszenierte.

Ein halbes Jahr nach seinem 90. Geburtstag ist sein Rücktritt von der Theaterbühne besiegelt. Werner Düggelin, einer der grössten Schweizer Regieexporte der letzten Jahrzehnte, ist mit 90 Jahren in Basel verstorben. Ohne ihn hätten die Chroniken der Schweizer Theaterhäuser in Zürich und Basel weniger Glanzpunkte, ohne sein Engagement für die französische Avantgarde ständen Namen wie Samuel Beckett nicht selbstverständlich auf unseren Spielplänen. Neben Becket und Ionesco machte er Stücke von Georges Schehadé, Albert Camus, Jean Genet und Paul Claudel hierzulande bekannt.

Düggelin und das Theater: Liebe auf den ersten Blick

Düggelin wusste bei seinem ersten Theaterbesuch am Schauspielhaus Zürich mit etwa 20 plötzlich und ganz gewiss: Ich werde Regisseur. Gelernt hat er sein Handwerk in den 1950er-Jahren an der Schule des Brecht-Schülers Roger Blin in Paris.

Aufgewachsen ist der 1929 geborene Sohn eines Schreinermeisters in Siebnen. Die Fasnachtstradition der Innerschweiz mit ihren Figuren und Mythen war der erste Berührungspunkt mit der Bühnenhaftigkeit, die über die blosse Existenz der Welt hinauswies.

Das an den Theaterhäusern um sich greifende Quotendenken hat ihn immer geärgert. Heute wird Samuel Beckett nur noch selten gespielt. Theater ist schrill geworden und multimedial. Der Respekt vor der Sprache und ihren Finessen ist ein wenig aus der Mode geraten. Düggelin aber ist Düggelin geblieben, und so wirkte manches von dem, was er in den letzten Jahren tat, etwas aus der Zeit gefallen. Trotzdem, da ist man sicher, wird seine Kunst überdauern, gerade wegen seiner Geradlinigkeit wird ihn die Nachfolgegeneration wieder für sich entdecken. Denn Düggelin repräsentierte viel von dem, was heute fehlt: eine kluge Wahl der Mittel, eine tiefe Auseinandersetzung mit dem Text und eine Einladung zum Träumen.

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